Dabei hatten die französischen Aufklärer und Revolutionäre ja nicht einmal so sehr Unrecht. Unser Kalender IST komplett unlogisch und durcheinander. Mal hat ein Monat 28 Tage, mal 29, mal 30 und mal 31. Lange Monate wechseln sich mit kurzen Monaten ab, bis auf den Dezember mit 31. Tagen auf den ein Januar mit ebenfalls 31 Tagen folgt und den Juli, der mit seinen 31 Tagen auch so lange dauert wie der August. Die Monats- und Wochentagsnamen sind ein Mischmasch an Bezeichnung aus den verschiedensten Sprachen, Regionen und Epochen. Und die Sache mit den Schalttagen, die alle 4 Jahre stattfinden, manchmal aber dann nicht und manchmal dann wieder doch könnte man sicher auch vernünftiger regeln.

Wir sind heute technisch in der Lage, die Bewegung der Erde um die Sonne und die Drehung der Erde um ihre Achse so genau zu messen, das wir die Jahreslänge auf den Bruchteil einer Sekunde angeben können und bei der Uhrzeit immer wieder mal Schaltsekunden einführen müssen, um die unregelmäßige Rotation unseres Planeten zu kompensieren. Wir haben viel mehr Ahnung von den Vorgängen im Sonnensystem auf denen unser Kalender basiert als zur Zeit der französischen Revolution. Die Welt ist so global und vernetzt wie nie zuvor und es wäre eigentlich der ideale Zeitpunkt, ein für alle mal einen vernünftigen logischen und weltweit gültigen Kalender einzuführen.

Aber das würde natürlich genau so scheitern wie der Versuch der Aufklärer in Frankreich. Denn Vernunft und Logik sind das eine. Traditionen und konservatives Beharrungsvermögen ist das andere. Die letzte Kalenderreform die wirklich funktioniert hat war der Wechsel vom julianischen zum aktuellen gregorianischen Kalender im 16. Jahrhundert (von dem ich in Folge 101 der Sternengeschichten erzählt habe). Und selbst da hat es in einigen Ländern bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gedauert, bevor sie sich dazu durchringen konnten, ihn zu übernehmen. Jeder Versuch irgendeiner Behörde oder eines politischen Gremiums, einen neuen Kalender per Dekret einzuführen, würde auf so viel Widerstand stoßen, das diesen Versuch auch niemand ernsthaft unternimmt (die letzten die so etwas getan haben waren Diktatoren wie Lenin oder Mussolini und selbst die kamen damit nicht durch). Sollten irgendwann mal Menschen einen andern Planeten besiedeln und dort eine Gesellschaft von Anfang an neu aufbauen, dann würde es vielleicht auch klappen, dort von Anfang an einen neuen Kalender einzuführen. Was man ja vermutlich sowieso machen müsste, denn jeder Planet hat andere astronomische Eigenschaften und braucht daher auch seinen eigenen Kalender. Aber selbst wenn das in ferner Zukunft einmal passiert und irgendwo anders im Universum Menschen auf einem fremden Planeten offiziell den Beginn einer neuen Epoche in einem neuen Kalender feiern, werden wir hier auf der Erde dieses Ereignis in unseren Geschichtsbüchern wohl immer noch mit einem Datum des gregorianischen Kalenders aus dem 16. Jahrhundert verzeichnen…

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Kommentare (8)

  1. #1 Braunschweiger
    17. Juli 2015

    Schöner Text über ein bemerkenswertes historisches Ereignis.
    Aus heutiger Sicht sind Kalenderprobleme mit Computerhilfe gut zu bewältigen. Aus technischer Sicht ist Zeit eine Anzahl von Sekunden ab einem festen Zeitpunkt; wie man das dann in Angaben umrechnet ist fast schon egal, Hauptsache, der Empfänger versteht es. Für den sind aber halt Traditionen wie die Wochentage sehr wichtig.

    Elementarer und wichtiger als eine Änderung des Kalenders halte ich eine volksbreite Einführung des SI-Systems in den Staaten wie den “rückständigen” USA. Das royale System ist einfach mittelalterlich und anfällig für Umrechnungsfehler.

    Beim Datum als einem Zeitpunkt würde ich noch für am Wichtigsten halten: die Festlegung einer eindeutigen Angabe für den Datumsaustausch, und die Einigung auf einen Nullpunkt. Das religiös motivierte christliche Jahr “0” (das so nie existierte) ist nicht zwingend notwendig.

    Als Datumsformat schon recht gut ist das oft verwendete Jahr – Monat – Tag — Stunde : Minute : Sekunde . Tausendstel in Form von YYYY-MM-DD, hh:mm:ss.ttt . Das liegt an der einfachen Sortierbarkeit und der guten Erkennbarkeit der langsam laufenden Anteile bis hin zu den immer schnelleren.

  2. #2 Aginor
    17. Juli 2015

    Dieser Artikel hat mich an etwas erinnert, das ich vor Jahren mal wo gelesen oder gehört hatte. Ist vielleicht für den einen oder anderen interessant:
    In Äthiopien gibt es auch (parallel zu dem gregorianischen Kalender verwendet) einen weiteren Kalender mit ein paar Eigenheiten, z.B. mit 13 Monaten, von dem einer ein Schaltmonat ist. Der Wiki-Eintrag zu Äthiopien erklärt wie er funktioniert.
    https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84thiopien#Kalender

  3. #3 AmbiValent
    17. Juli 2015

    Es gab auch einen Versuch, die Schalttagsregelung des Gregorianischen Kalenders noch zu verbessern, indem man bei den durch 100 teilbaren Jahren statt 1 mal alle 400 Jahre einen Schalttag einzulegen (und die anderen 3 mal nicht), 2 mal alle 900 Jahre einen Schalttag einlegt (und die anderen 7 mal nicht). Das würde die mittlere Jahreslänge von 365,2425 Tagen auf 365,24222… Tage verkürzen, was näher am tatsächlichen Wert von 365,24220… Tagen liegt. Das fand aber nirgendwo großen Anklang und verschwand schnell wieder in der Versenkung.

  4. #4 Braunschweiger
    17. Juli 2015

    @AmbiValent:
    Mit vernünftigen Gründen und Überlegungen läuft es mal so, mal so. Je nachdem, was irgend jemand Ausschlaggebendem vorteilhaft erscheint.

    Das kaufmännische Kalenderjahr hat 360 Tage, jeder Monat 30 Tage. Und dennoch oder auch deswegen bekommen sie ihr Geld. In manchen Fällen wird dann doch wieder mit 365 Tagen gerechnet.

    In dem Sinne hätte ich z.B. gar nichts gegen eine Angleichung in der Art: jeder Monat hat 30 Tage, und in den 5 Sommermonaten bekommen die Monate einen 31. dazu. Ob Februar Schalttags-Monat bleibt, ist dabei egal. Man könnte sogar den Jahresanfang auf März legen, und die Monatsnamen ab September bekämen wieder mehr Sinn.

  5. #5 Till
    18. Juli 2015

    @braunschweiger das Format YYYY-MM-DD ist in der ISO 8601 festgelegt. nur leider kann es sich international nicht wirklich durchsetzen

  6. #6 Christian Berger
    22. Juli 2015

    Computer umgehen das Problem relativ elegant. Da werden einfach die Sekunden seit dem Nullpunkt gezählt. Leider werden Schaltsekunden ausgelassen, aber es ist trotzdem ein brauchbarer Kompromiss. Wie man sich das dann darstellt ist ganz dem Nutzer überlassen.

  7. #7 Phero
    23. Juli 2015

    Im Normalfall wäre ich ja für die Einführung von logischeren Einheiten – aber gerade das hier
    Die Monats- und Wochentagsnamen sind ein Mischmasch an Bezeichnung aus den verschiedensten Sprachen, Regionen und Epochen.
    macht unseren Kalender für mich durchaus reizvoll, da es die Erinnerung an unsere Geschichte und vergangene Kulturen wachhält.

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