Ich kann die Wissenschaftler beziehungsweise die PR-Abteilungen der Forschungseinrichtungen ja verstehen, dass sie den Wunsch haben, ihre Ergebnisse mit ein bisschen Pep präsentieren und unter die Öffentlichkeit bringen wollen. Besonders dann, wenn es sich um eine Arbeit handelt, die den unbestritten ein wenig sperrigen und wenig inspirierenden Titel “Galaxy And Mass Assembly (GAMA): Panchromatic Data Release (far-UV|far-IR) and the low-z energy budget” (pdf) trägt. Aber ob man dann wirklich gleich mit dem “Langsamen Tod des Universums” kommen muss? Das ist fast schon ein wenig zu dramatisch und fordert Missverständnisse gerade zu heraus.
Das klingt nach Weltuntergang und im Prinzip stimmt das ja auch. Aber eben nicht so, wie man vielleicht denkt. Es geht um einen Katalog. Kataloge erscheinen vielleicht langweilig, sind aber fundamental wichtig für die Astronomie. Das gilt auch für den Galaxy And Mass Assembly (GAMA) Katalog, mit dem sich die die Arbeit über das “sterbende Universum” beschäftigt. Bei GAMA geht es erstmal darum, möglichst viele Galaxien zu beobachten. Das ist den beteiligten Astronomen auch gelungen; in der nun veröffentlichten Version enthält GAMA Daten von 200.000 Galaxien. Aber es handelt sich um viel mehr als einen reinen Galaxien-Katalog. Man hat hier Beobachtungen verschiedenster Teleskope kombiniert die in verschiedensten Wellenlängenbereichen (insgesamt 21) gemacht worden sind.
Bei der Auswertung der Daten kommt eine weitere Besonderheit der Astronomie dazu: Da das Licht nicht unendlich schnell unterwegs ist, sondern “nur” 300.000 Kilometer pro Sekunde schafft, dauert es entsprechend lange, bis es von fernen Galaxien zu uns gelangt. Weit entfernte Galaxien zeigen uns als, wie es in der Vergangenheit des Universums ausgesehen hat und GAMA ermöglicht es zu untersuchen, wie sich das Universum im Lauf der Zeit verändert hat.
Die Astronomen haben insbesondere untersucht, wie viel Strahlung von den einzelnen Galaxien zu uns gelangt. Und dabei gezeigt, dass die Gesamtmenge der Strahlung abnimmt, je älter das Universum wird. Die meiste Energie stammt direkt vom Urknall selbst; damals entstand ja alles, was heute vorhanden ist. Die Materie, zu der sich die Energie kurz nach dem Urknall gewandelt hat, wurde irgendwann zu Sterne, die sich zu Galaxien zusammengefügt haben und ihrerseits in ihrem Inneren durch Kernfusion neue Strahlung produzieren. Natürlich nicht aus dem Nichts, sondern durch die Umwandlung von Materie. Die Strahlung bewegt sich dann durch das Weltall, trifft auf den Staub zwischen den Sternen, das Material zwischen den Galaxien und ab und zu mal auch auf einen Teleskopspiegel auf der Erde. So oder so wird ein Teil der Strahlung absorbiert und “verschwindet” quasi.
Aus den GAMA-Daten haben die Astronomen nun die sogenannte Cosmic Spectral Energy Distribution (CSED) bestimmt. Die repräsentiert – vereinfacht gesagt – den Energie-Output einer großen Region im Universum bzw. die Menge der Lichtteilchen, die dort kürzlich produziert worden sind. Sie haben berechnet, wie viele Lichtteilchen in Sternen produziert werden und wie viele vom Material zwischen den Sternen absorbiert werden. Die Gesamtenergie muss natürlich erhalten bleiben, aber die Wellenlängen des Lichts verändern sich dabei. Und da GAMA Daten in allen möglichen Wellenlängenbereichen enthält, kann man solche Untersuchungen dort leicht durchführen. Bei der Analyse der Daten zeigt sich, das im Universum immer weniger Energie produziert wird.
Das ist keine revolutionäre neue Erkenntnis, sondern etwas, was man schon länger gewusst bzw. vermutet hat. Aber mit den GAMA-Daten hat man das nun eben auch im Detail bestätigt und vor allem kann man mit dem Katalog nun auch im Detail die kosmologische Vergangenheit und Zukunft des Universums untersuchen. Aber wie auch immer das Ende des Universums aussehen wird: Es ist auf jeden Fall noch genug Zeit (und ich spare mir zu sagen, wie viel Zeit das genau ist, denn die Zahlen sind so enorm groß, dass man sich darunter sowieso nichts vorstellen kann).
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