Höher, größer, schneller, weiter? Nein: Immer auf die Kleinen! Das ist zumindest das Motto der Astronomin Vivienne Baldassare und ihrer Kollegen. Sie sind auf der Suche nach supermassereichen schwarzen Löchern. Wir wissen, dass diese außergewöhnlichen Himmelskörpern sich in den Zentren aller großen Galaxien befinden. Wir wissen, dass auch im Mittelpunkt unserer eigenen Milchstraße so ein Ding sitzt: Seine Masse beträgt mehr als das 4 Millionenfache der Masse unserer Sonne und damit gehört es noch zu den kleineren Exemplaren. Andere Galaxien haben viel, viel größere schwarze Löcher, die ein paar Milliarden mal schwerer als unsere Sonne sein können. Wir wissen, dass die supermassereichen schwarzen Löcher großen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Galaxien haben können. Sie können die Entstehung von Sternen anregen aber auch behindern; sie schleudern mit ihrer Gravitationskraft Sterne und Gas durch die Galaxie oder weit darüber hinaus in der intergalaktischen Raum. Aber eines wissen wir nicht: Wie diese Objekte entstehen!
Bei den kleineren stellaren schwarzen Löcher, die nur bis zu ein paar Dutzend Mal schwerer sind als unsere Sonne, ist die Sache einfacher. Hier wissen wir ziemlich gut Bescheid: Diese Himmelskörper entstehen, wenn ein großer Stern sein Leben beendet und unter seinem eigenen Gewicht kollabiert. Aber es gibt keine Sterne, mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne aus der die riesigen Objekte im Inneren der Galaxien entstehen könnten. Hier müssen andere Prozesse ablaufen.
Es gibt verschiedene Hypothesen: Zum Beispiel könnten die supermassereichen schwarzen Löcher aus dem Kollaps riesiger Gaswolken entstehen. Die hätten dann zehn- bis hunderttausend Mal mehr Masse als unsere Sonne und würden entsprechend massereiche schwarze Löcher erzeugen. Wenn mehrere davon verschmelzen, entstünden die supermassereichen Himmelskörper, die wir heute beobachten. Es könnten auch viele große Sterne mit dem hundertfachen der Sonnenmasse sein, die sich zu den großen schwarzen Löchern in den Zentren der Galaxien zusammenfinden. Es ist ziemlich sicher, das irgendeine Art von Wachstumsprozess involviert sein muss – und um den zu entschlüsseln wäre es hilfreich, nicht nur das Endstadium beobachten zu können.
Darum sind Astronomen auf der Suche, nach kleinen supermassereichen schwarzen Löchern, die eine Art Vorstufe der großen Objekte darstellen könnten. Kleine supermassereiche schwarze Löcher findet man am ehesten in kleinen Galaxien. Von diesen Zwerggalaxien gibt es jede Menge; jede große Galaxie ist normalerweise von einer Menge kleiner Zwerggalaxien umgeben. Sie sind aber schwer zu finden und schwarze Löcher entdeckt man naturgemäß noch schwerer. Von selbst geben sie ja keine Strahlung ab. Man kann sie aber indirekt identifizieren. Entweder man beobachtet die Bewegung von Himmelskörpern, die sich um das Loch herum bewegen. So wurde zum Beispiel das schwarze Loch im Zentrum unserer eigenen Milchstraße nachgewiesen: Wir können die Sterne im Zentrum unserer Galaxie sehen und beobachten, wie sie sich um ein Objekt in der Mitte herum bewegen. Aus der Geschwindigkeit dieser Bewegung kann man die Stärke der auf sie wirkenden Gravitationskraft ableiten und damit die Masse des zentralen Objekts. Aber das klappt nur, wenn es sich um nahe Himmelskörper handelt. In fernen Galaxien können wir keine einzelnen Sterne beobachten. Hier braucht es einen anderen Weg.
Man sucht daher nach aktiven schwarzen Löchern. Das sind schwarze Löcher, die von großen Mengen an Gas und Staub umgeben sind. Das ganze Material wirbelt um das Loch herum, bevor es irgendwann hinein fällt und während dieser Bewegung heizt es sich stark auf und gibt Strahlung ab, die sich beobachten lässt. Aber nicht jedes schwarze Loch ist aktiv. Alte Galaxien, wie unsere Milchstraße, haben kein Material in der Nähe des Lochs mehr, das Strahlung abgeben könnte. Und bei Zwerggalaxien ist die Sache noch schwieriger, da sich in ihnen naturgemäß noch weniger Material finden lässt als anderswo. Als Astronomen im Jahr 2013 einen Katalog von 25.000 Zwerggalaxien durchsucht haben, fanden sie, das nur etwa 1% von ihnen aktive schwarze Löcher im Inneren hat.
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