Über die ständigen Schlagzeilen zur Entdeckung einer angeblichen “zweiten Erde” habe ich ja schon oft berichtet. Und jedesmal erklärt, dass wir technisch zwar in der Lage sind, Planeten bei anderen Sternen zu entdecken, die so groß und so schwer wie unser Planet sind und die gleiche Umlaufzeit um ihren Stern haben wie die Erde um die Sonne. Aber ob dort wirklich auch die gleichen Bedingungen herrschen wie bei uns, wissen wir nicht. Wir können es nicht wissen, weil da noch viel mehr Faktoren eine Rolle spielen, über die wir derzeit mit unseren Instrumenten noch nichts herausfinden können. Zum Beispiel über die Zusammensetzung der Atmosphäre. Oder das Vorhandensein eines Magnetfeldes. Aber auch über die geologischen Gegebenheiten, die ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

Geologische Aktivität ist wichtig für das Leben! (Bild: USGS)

Geologische Aktivität ist wichtig für das Leben! (Bild: USGS)

Genau mit dieser Frage haben sich nun kürzlich Forscher von der Ohio State University beschäftigt. Sie wollten heraus finden, wie viele radioaktive Elemente sich im Inneren extrasolarer Planeten befinden können (“Thorium Abundances in Solar Twins and Analogues: Implications for the Habitability of Extrasolar Planetary Systems”). Wieso sollte das wichtig sein? Ganz einfach: Die Erde ist ein geologisch aktiver Planet. Hier gibt es Vulkanismus und vor allem gibt es Plattentektonik. Die Teile der Erdkruste sind langsam, aber ständig in Bewegung und das hat großen Einfluss auf die Bedingungen an ihrer Oberfläche. Zum Beispiel im Rahmen des Carbonat-Silicat-Zyklus. Der läuft, vereinfacht gesagt, so ab: In unserer Atmosphäre gibt es Wasser und Kohlendioxid. Die können sich zu Kohlensäure verbinden. Wenn die dann mit dem Regen zu Boden fällt, kann sie dort für verstärkte Erosion des silikathaltigen Gesteins sorgen. Sie löst dabei Mineralen auf die aus Calcium, Silicium und Sauerstoff bestehen und die ins Meer gespült werden. Dort können verschiedene Lebewesen daraus ihre Skelette, Schalen und so weiter aufbauen, die aus Calciumcarbonat bestehen. Wenn die dann sterben, bilden sich am Meeresboden entsprechende Carbonatsedimente. Jetzt kommt die Plattentektonik ins Spiel und transportiert diese Sedimente im Laufe der Zeit über den Planeten und irgendwann in den sogenannten Subduktionszonen wieder zurück nach unten in den Erdmantel. Dort schmilzt alles auf, es bilden sich aus den einzelnen Elementen wieder neue silikathaltige Gesteine und Kohlenstoffdioxid. Das gelangt durch Vulkanismus wieder zurück in die Atmosphäre und der Kreislauf beginnt von neuem.

Die Plattentektonik kann also dafür sorgen, dass mal mehr oder mal weniger CO2 in der Luft ist, was die Temperaturen und Lebensbedingungen auf der Erde durchaus relevant beeinflusst (wie wir ja auch merken, seit wir selbst angefangen haben, die Luft mit diesem Gas anzureichern). Die Plattentektonik sorgt aber auch für das Entstehen und Vergehen von Gebirgen; sie formt Riesenkontinente, die langsam auseinanderbrechen und ebenso langsam wieder zusammenwachsen und auch diese sogenannte “Wilson-Zyklus” (über den ich hier ausführlich gesprochen habe) beeinflusst die Lebensbedingungen und die langfristige Klimaentwicklung.

Damit die Plattentektonik aber überhaupt stattfinden kann, braucht es Energie. Wäre die Erde eine völlig ausgekühlte Kugel aus Stein und Metall, dann würde sich nichts mehr rühren und Leben würde natürlich auch nicht mehr existieren. Aber unser Planet ist warm und in seinem Inneren muss ein Mechanismus existieren, der ständig neue Wärme nachliefert und den Lauf der Kontinente antreibt. Ein Teil davon ist noch aus der Zeit der Entstehung des Planeten übrig. Damals war die Erde eine heiße, glutflüssige Sphäre und es braucht eben lange, bis sie komplett abkühlt. Aber diese ursprüngliche Wärme würde nicht reichen um den Planeten so lange so warm zu halten. Der Hauptteil der Wärme der Erde stammt aus dem Zerfall radioaktiver Elemente in ihrem Inneren. Thorium, Uran und Kalium sind es vor allem, die in vergleichsweise großen Mengen im Kern und im Mantel unseres Planeten stecken und bei ihrem Zerfall die Energie freisetzen, die die Plattentektonik antreibt und unseren Planeten warm und lebensfreundlich hält.

Ohne Tektonik geht nix! (Bild: NOAA, public domain)

Ohne Tektonik geht nix! (Bild: NOAA, public domain)

Und da stellt sich natürlich eine Frage: Haben wir auf der Erde einfach Glück gehabt, dass wir bei der Entstehung des Planeten eine ausreichende Menge an radioaktiven Elementen mit bekommen haben? Oder gehören sie zur Grundausstattung eines jeden Planeten dieser Art? Ohne genaue geologische Untersuchungen auf extrasolaren Planeten lässt sich das natürlich nicht konkret beantworten. Aber man kann zumindest brauchbare Hinweise bekommen, wenn man sich andere Sterne ansieht. Denn Sterne und ihre Planeten entstehen ja aus der gleichen großen Wolke aus Gas und Staub (und mit Staub sind hier immer alle möglichen chemischen Elemente gemeint, nicht nur das, was zuhause hinterm Sofa liegt). Die Menge an verschiedenen Elementen die für den Bau von Planeten zur Verfügung stehen spiegelt sich in gewissen Ausmaß auch in der Menge an Elementen wieder, die man in einem Stern finden kann. Und das lässt sich herausfinden, wenn man dessen Licht spektroskopisch untersucht.

Die Forscher der Ohio State University haben sich also sonnenähnliche Sterne angesehen und überprüft, wie es dort mit der Menge radioaktiver Elemente aussieht. Und mit Modellrechnungen am Computer simuliert, wie, wo und in welcher Verteilung man sie in etwaigen terrestrischen Planeten finden würde, die diese Sterne umkreisen. Insgesamt waren es 14 Sterne, die untersucht worden sind. Bei sieben davon hatte man schon Planeten entdeckt (wenn auch keine “zweiten Erden”); bei sieben davon hat man gesucht, aber nichts gefunden. Die Resultate der Wissenschaftler zur Menge an radioaktiven Thorium in diesen Systemen waren interessant, aber nicht unbedingt eindeutig. Hier sieht man zum Beispiel eine Übersicht zur Menge an Thorium im Vergleich zur Menge an Silicium für die einzelnen Sterne:

Die x-Achse gibt die Menge an Silicium an (im Verhältnis zur Menge von Wasserstoff); die y-Achse die Menge des Thoriums (im Verhältnis zur Menge des Silicium). Die gefüllten Symbole sind Sterne ohne Planeten; leere Symbole Sterne mit Planeten und die Sonne ist durch das Dreieck markiert. Das sind die Ergebnisse, die man für die Entstehungszeit der Sterne (und Planeten) erwartet und wie man sieht, gibt es zwar eine erkennbare Trennung zwischen Sternen mit und ohne Planeten, wenn man das Silicium betrachtet aber beim Thorium ist alles ein bisschen mehr durcheinander.

Wenn man das umrechnet auf die Menge an Thorium in eventuell entstandenen terrestrischen Planeten dann findet man dabei Variationen die von 59% der bei uns vorhandenen Menge bis hin zu 251% der bei uns vorhandenen Menge reichen. Wie sich das auswirkt, zeigt dieses Diagramm. Man sieht, wie sich Wärmemenge und Temperatur im Mantel etwaiger Planeten im Computermodell im Laufe von 12 Milliarden Jahren entwickelt haben. Die drei Kurven geben unterschiedliche Mengen von Thorium an, die dem Fall der Erde und den beiden oben genannten Extremwerten entsprechen (im unteren Bild für die Entwicklung der Temperatur ist man einmal von einem Startwert bei 1500 Kelvin und einmal von 3500 Kelvin ausgegangen):

Wie gesagt, es lassen sich daraus (noch) keine irgendwie allgemeingültigen Regeln ableiten. Aber die Untersuchung zeigt auf jeden Fall, dass die Bedingungen bei anderen Planeten durchaus sehr unterschiedlich sein keinen und nicht denen ähneln müssen, die wir hier von der Erde kennen. Sie zeigt aber auch, dass andere terrestrische Planeten sehr viel mehr radioaktive Elemente in ihrem Inneren haben können. Diese Planeten hätten dann auch viel mehr Energie zur Verfügung was die Chancen vergrößern könnte, das dort lebensfreundliche Bedingungen herrschen. Denn wenn ein Planet selbst relevante Mengen an Wärme in seinem Inneren produziert, dann ist er nicht so sehr darauf angewiesen, wie viel er von seinem Stern bekommt. Es könnte dann dort auch außerhalb der klassischen “habitablen Zone” Planeten geben, die ausreichend lebensfreundlich sind.

Kommentare (7)

  1. #1 DelPiero
    27. August 2015

    Hallo. Erstmal, Gratulation zu diesem tollen Blog und den interessanten Fragestellungen. Erst vorgestern habe ich mich auf Wikipedia zum Thema Erdkern schlau gemacht und nun ist mir folgender Widerspruch aufgefallen. “Die Wärmeenergie, die kontinuierlich an den Erdmantel abgegeben wird, stammt zum Teil aus langsamer Abkühlung, zum Teil aus Kristallisationswärme an der inneren Kerngrenze, zum Teil aus der Kompression und zu einem wahrscheinlich unbedeutenden Teil aus radioaktiver Zerfallswärme” quelle wikipedia zum thema erdkern. Ist die Zerfallswärme unbedeutend oder sollte der Wikipediaartikel korrigiert werden ?

  2. #2 Folke Kelm
    27. August 2015

    Hallo DelPiero

    Der scheinbare Widerspruch auf den Du gestossen bist ist gar keiner. Du hast zum Erdkern gelesen, aber der Kern enthält im Vergleich zum Mantel nur unbedeutende Mengen Uran und Thorium (nach allem was wir wissen) und so gut wie kein Kalium.
    Aus diesem Grund ist die Wärmeproduktion durch radioaktivenb Zerfall im Kern nur sehr untergeordnet.
    Im Mantel selber sieht das aber ganz anders aus.
    Die Zerfallswärme ist ganz und gar nicht unbedeutend, sondern DER Prozess (an zweiter Stelle Gezeitenkräfte) der den Wärmehaushalt der Erde in einem Gleichgewicht hält. Achtung, das hat jetzt nur mit der festen Erde (Kruste, Mantel, Kern) zu tun, die Oberfläche ist so gut wie ausschliesslich abhängig vom Strahlungsgleichgewicht zwischen Sonneneinstrahlung und Abstrahlung von Infrarot in den Weltraum. Hier ist der Wärmefluss aus der Tiefe unbedeutend.

  3. #3 Alderamin
    27. August 2015

    @Folke Kelm

    Warum sinkt das Uran (oder welches Element da auch immer strahlt) denn nicht in den Kern, das ist doch schwerer als Eisen. Oder liegt das Uran nur als Erz gebunden vor, welches leichter als reines Eisen ist?

  4. #4 Folke Kelm
    27. August 2015

    Das liegt daran, dass sich das Uran viel lieber an Phosphor anhängt als als Element sich mit Eisen zu legieren. Auf diese Weise reichert es sich im Mantel und in der Kruste als Uranat, bzw UO2 phosphat bzw silikat an. Auch Thorium ist viel affiner zu Silikat als zum elementaren Eisen. Platinmetalle dagegen findest Du eher im Kern. Dichte allein reicht also nicht aus, sondern die chemischne Eigenschaften sind wichtig für die Verteilung der Elemente in der Erde.
    Kalium findest Du sowieso nicht im Kern, sondern nur in den Silikaten der Kruste und des Mantels. Kalium hat zwar eine weit geringere Halbwertszeit als U und Th, aber weil´s so häufig ist, kommt ein grossteil der radioaktiven Wärme daher.

  5. #5 mrFrank
    27. August 2015

    Hi Florian,

    könnte man anhand der schweren elemente in einem stern bestimmen, ob er eigentlich planeten haben müsste ?
    Da sterne und planeten aus derselben staubscheibe entstehen, könnte man bei einem stern mit vielen schweren elementen auch planeten erwarten, die aus dem übrig gebliebenem staub entstanden sind.
    Direkt sehen würde man sie ja nur, wenn sie zwischen uns und dem stern vorbeiziehen; vielleicht könnte man so vermutete system für eine spätere direktbeobachtung markieren…

  6. #6 Florian Freistetter
    27. August 2015

    @mrFrank: “könnte man anhand der schweren elemente in einem stern bestimmen, ob er eigentlich planeten haben müsste ?”

    In gewissen Sinne: Ja. Die sg. “Metallizität”, also der Anteil an Elementen die kein Wasserstoff oder Helium sind, gibt nen gewissen Hinweis, ob ein Stern Planeten hat oder nicht. Aber einwandfrei ist der Zusammenhang leider auch nicht.

  7. #7 phunc
    27. August 2015

    @Alderamin

    Ergänzend zu #4 sei noch gesagt, dass die Actinoide (wie auch die Lanthanoide) recht reaktive Metalle sind. Das hängt damit zusammen, dass die Valenzelektronen (also jene die vom Kern am weitesten entfernt sind, in diesem Fall 5f-Elektronen) weniger fest gebunden sind, dh Elemente mit einer hohen Elektronenaffinität (zB F, Cl, Br, I, O, aber auch Anionen wie Hydroxide, Oxalate, Nitrate, Sulfate und Perchlorate) neigen ganz gerne dazu mit den Actionoiden diverse Mineralien zu bilden. Schaut man sich die Position der Actinoide im PSE an wird auch deutlich, dass sie recht gern ihre Elektronen abgeben, was durch den resultierenden Energiegewinn bedingt ist (Stichwort Edelgaskonfiguration). So gibt Thorium bis zu 4 Elektronen ab, Uran bis zu 6 und Neptunium bis zu 7. Allein das Bedürfnis Elektronen abzugeben sorgt schon dafür, dass die Actinoide nicht elementar vorliegen.

    Jetzt könnte man damit argumentieren, dass die Hitze dort unten ausreichend sein sollte die Verbindungen zu knacken. Und vermutlich passiert das auch, dh theoretisch könnten sich Eisen-Uran-Legierungen oder intermetallische Phasen bilden. Da aber Uran nach wie vor seine typischen Eigenschaften besitzt, wird es auch wieder oxidiert, dh es kann gar nicht wirklich lang in elementarer Form vorliegen. Und hohe Temperaturen begünstigen dies sogar.

    Die Oxidationsempfindlichkeit von Metall-Actinoid-Legierungen ist einfach enorm. Deswegen musste Uranmunation auch stets mit einem Reinmetall-Schutzmantel umgeben werden. Auch Mag-Thor, trotz toller Eigenschaften für Luft/Raumfahrt, verliert aufgrund der Oxidationsanfälligkeit an Relevanz als Werkstoff.