Gravitationswellen sind eine knifflige Sache. Sie sind eine direkte Folge von Einsteins Relativitätstheorie. Man hat lange nach ihnen gesucht und nichts gefunden (oder vielleicht doch?). Man hat ihre Existenz indirekt nachgewiesen und dafür gab es sogar einen Nobelpreis. Aber der direkte Nachweis steht eben noch aus und es gibt eigentlich keinen Grund anzunehmen, das er nicht möglich ist und Gravitationswellen doch nicht existieren. Sie sind eben nur sehr schwer nachzuweisen. Aber vielleicht haben wir bis jetzt immer nur die falschen Messgeräte benutzt? Vielleicht braucht es einen ganzen Stern, um die Auswirkungen der Gravitationswellen zu sehen?
Das ist der Vorschlag den die Astronomen Ilídio Lopes und Joseph Silk kürzlich gemacht haben. In ihrer Arbeit “Nearby stars as gravitational wave detectors” erklären sie, dass man den Gravitationswellen vielleicht durch die Beobachtung sonnenähnlicher Sterne auf die Spur kommen kann. Andere Himmelskörper als Detektoren einzusetzen ist keine neue Idee, aber bisher hat man meistens Pulsare (also sehr kompakte Sternenüberreste) vorgeschlagen. Deren Radiopulse lassen sich enorm genau messen und man könnte auch kleinste Störungen registrieren, die zum Beispiel durch Gravitationswellen hervorgerufen werden (ich habe hier schon mal drüber geschrieben).
Aber Pulsare sind im Vergleich mit normalen Sternen selten. Lopes und Silk haben deswegen untersucht, was im Rahmen der “Asteroseismologie” hier möglich wäre. Asteroseismologie beschäftigt sich mit den Schwingungen von Sternen. Ich habe diese Disziplin hier ausführlich erklärt: Jeder Stern pulsiert, denn ein Stern ist kein Festkörper sondern eine große Kugel aus Gas. In der jede Menge Action stattfindet, die das Gas zum pulsieren bringt. Wie eine Glocke, die man anschlägt, schwingt auch ein Stern und eine Analyse der Schwingungen erlaubt es den Astronomen mehr darüber herauszufinden, was im Inneren der Sterne vor sich geht.
Sterne würden aber auch schwingen, wenn eine Gravitationswelle auf sie trifft. Eine Gravitationswelle ist ja nichts anderes als eine Schwingung des Raums selbst. Die Raumzeit kontrahiert und expandiert periodisch, wenn sich Massen durch sie hindurch bewegen. Damit dabei aber ein Effekt entsteht, den wir mit unseren Geräten messen können, braucht es sehr starke Schwingungen und sehr große Messgeräte. Wenn zum Beispiel zwei schwere, kompakte Sterne umeinander kreisen oder zwei schwarze Löcher miteinander kollidieren, bringt das den Raum so stark zum schwingen, das wir davon auch auf der Erde noch etwas mitbekommen würde. Es laufen derzeit einige Experimente, bei denen es darum geht, Licht über möglichst lange Strecken hin und her zu schicken. Wenn dann eine Gravitationswelle durch die Messanlage läuft, wird der Raum gestaucht und gedehnt und damit auch die Strecke verlänger oder verkürzt, die das Licht durchläuft. Das kann man messen. Theoretisch. Das größte Experiment derzeit ist LIGO; ein Interferometer bei dem Licht eine Strecke von vier Kilometern durchläuft. Natürlich nicht einfach durch die Luft – das muss alles abgeschirmt und im Vakuum stattfinden um alle Störungen auszuschalten. Und selbst dann ist die zu erwartende Längenänderung kleiner als der Durchmesser eines Protons!
Einfacher wäre es, wenn die Gravitationswellen näher am Messgerät erzeugt werden würden. Aber wir haben leider (bzw. zum Glück) keine schwarzen Löcher oder Neutronensterne in unmittelbarer Nähe der Erde. Und hier kommt jetzt die Idee von Lopes und Silk ins Spiel. Was wäre, wenn wir zwei kompakte Himmelskörper hätten, die einander umkreisen und dabei Gravitationswellen erzeugen? Und in ihrer Nähe einen sonnenähnlichen Stern? Dann würde die Gravitationswellen in diesem Stern ganz charakteristische Schwingungen hervor rufen. Der Stern als Messgerät ist dann zwar immer noch weit weg von der Erde. Aber er ist auch wesentlich größer als die Detektoren hier bei uns und mit entsprechenden Teleskopen können wir ihn beobachten und so die Messungen quasi aus der Ferne “ablesen”.
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