Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich all die Menschen fühlen müssen, die derzeit nach Deutschland und die anderen europäischen Länder flüchten. Ich kann es wirklich nicht. Wie verzweifelt müssen die eigenen Lebensumstände sein, um alles zurück zu lassen. Seine Heimat zu verlassen in dem Wissen, dass man sie vielleicht nie wieder sieht. Sich auf eine Reise zu begeben, von der man weiß, dass man dabei sterben kann. Eine ungewisse Zukunft in einem fremden Land als einzige Alternative zu sehen. Ich kann es mir nicht vorstellen und ich bin dankbar, dass ich es nicht muss. Aber tausende Menschen müssen sich das zur Zeit nicht nur vorstellen, sie müssen die Realität der lebensgefährlichen Flucht nach Europa erleben. Und die, die all den Terror in ihrer Heimat überlebt haben; die Reise nach Deutschland überlebt haben und sich Hoffnung auf ein besseres Leben machen treffen hier dann auf Rechtsextremen, Nazis, Gewalttätern (nein, das sind keine “Asylkritiker” und auch keine “besorgten Bürger”…) und andere widerliche Menschen. Und müssen auch in ihren deutschen Notunterkünften Angst davor haben, Opfer von Angriffen zu werden.
Zum Glück gibt es aber viel, viel mehr Menschen, die ihr bestes tun, um den Flüchtlingen zu helfen. Die Spenden sammeln, bei der Organisation von Unterkünften helfen und auch sonst alles tun, um den in einem für sie fremden Land Angekommenen ein Leben zu ermöglichen, das so normal ist, wie es unter den Umständen möglich sein kann. Es ist großartig, dass es nicht nur diejenigen gibt, denen Vorurteile, Hass und Angst ihre Menschlichkeit genommen haben. Es ist beruhigend, dass es so viele mitfühlende und helfende Menschen gibt. Und dann gibt es auch noch die “Homöopathen ohne Grenzen”. Und das ist weder großartig, noch beruhigend. Das ist erschreckend.
Wie der Name schon andeutet, handelt es sich dabei um einen Zusammenschluss von Homöopathen, die anscheinend nicht damit zufrieden sind, ihren esoterischen Unsinn an die deutschen Wohlstandskranken zu verteilen, die sich ja immer noch an das reguläre Medizinsystem wenden können, wenn es doch mal ernst wird und die Zuckerkugeln nicht mehr helfen. Die “Homöopathen ohne Grenzen” wollen den irrationalen Aberglauben ihrer “Medizin” auch dorthin bringen, wo die Menschen ganz andere Probleme haben. Nach Sierra Leone zum Beispiel oder nach Kenia. Oder nach Honduras um dort eine alternative “Behandlung” für AIDS anzubieten. Das allein wäre schon genug Grund, um sich zu ärgern und aufzuregen. Die Menschen in solchen Ländern brauchen viel; unter anderem eine echte medizinische Infrastruktur und Grundversorgung! Was sie definitiv nicht brauchen, sind Homöopathen aus Deutschland, die einen Abenteuerurlaub erleben und ein paar Globuli an die Einheimischen verteilen wollen!
Aber es geht immer noch ein bisschen schlimmer. Auf ihrer Homepage haben die Homöopathen ohne Grenzen kürzlich Informationen zu ihrem Projekt “Homöopathie für Flüchtlinge” (WebCite) veröffentlicht:
“Unser Projektziel lautet: Wir wollen in möglichst vielen Städten möglichst vielen geflüchteten Menschen homöopathische Behandlung ermöglichen.”
Genau… als wenn die Sache nicht sowieso schon kompliziert und unorganisiert genug wäre. Da braucht es dringend noch ein paar Homöopathen, die bei dem Ganzen auch noch mitmischen wollen:
“Wir beschreiten viele Wege, um das Projekt bekannt zu machen: Dazu gehören Kontakte mit den Mitarbeitern von Medinetz, mit Traumazentren, mit dem Zentrum für Folteropfer und die Teilnahme an Fachgruppen für die medizinische Versorgung, um unsere Arbeit dort vorzustellen.”
Zentrum für Folteropfer? Folteropfer?! Anscheinend. Die Homöopathen ohne Grenzen scheinen tatsächlich der Meinung zu sein, sie hätten mir ihren Zuckerkugeln irgendetwas Hilfreiches bei der Behandlung von Folteropfern beizutragen! Und scheinen keinerlei Hemmungen haben, die Menschen mit ihrem Kram zu belästigen. Und ärgern sich, dass all die Mediziner, Helfer und anderen Leute die ihr bestes tun um die Lage der Flüchtlinge zu verbessern, wenig Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Homöopathen zeigen:
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