Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2015. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier. Informationen über die Autoren der Wettbewerbsbeiträge findet ihr jeweils am Ende der Artikel.
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Die ökonomische Perspektive hat sich zur einer dominierenden Sichtweise des modernen Lebens entwickelt. Angesichts der enormen Bedeutung der Ökonomie für unser alltägliches Leben lohnt es sich immer, einen genauen Blick auf deren Mechanismen zu werfen. Die Bewertung einer Sache oder einer Leistung erfolgt überwiegend nach ökonomischen Prinzipien. Was passiert dabei genau, wie sieht dieser Prozess im Detail aus? Es wäre toll, wenn der ökonomische Wert mit einer Eigenschaft wie dem Gewicht in Beziehung stünde. In diesem Fall würde er zu einer handfesten Eigenschaft werden, die begreifbar wäre: Je schwerer desto wertvoller!
Die Goldwährung bedient sich dieser naiven Vorstellung des Wertes und übt daher auf viele einen gewaltigen Reiz aus. Der Zusammenhang zwischen Gewicht und Wert ist nicht grundsätzlich falsch, denn Geld war einst nichts anderes als eine Prägung des Materialwertes eines Klumpen wertvollen Metalls und diese Geldform hat bis jetzt in Form von Goldbarren oder Sondermünzen überdauert. Das Geld hat sich dann allerdings zu bedrucktem Papier weiterentwickelt und besteht heute hauptsächlich aus Buchungen in einem Computersystem. Das Geld wird immer abstrakter, es scheint sich von seiner materiellen Existenz zu lösen. Kann ein solches Nichts werthaltig sein? Ja, es ist offensichtlich möglich. Aber wie entsteht diese sonderbare Schwerelosigkeit des Wertes?
Um das Rätsel zu lösen, veranstalten wir eine fiktive Aktion eines wertvollen Gemäldes. Bevor wir die Auktion starten, befragen wir einige der imaginäre Anwesenden über ihre Motivation zur Teilnahme. Der erste hat eine lange Anreise auf sich genommen, um das Kunstwerk sehen und erwerben zu können, da er die Kreativität und Einzigartigkeit des Gemäldes bewundert. Der zweite möchte seine Sammlung komplettieren, zu der das Auktionsangebot perfekt passt. Der letzte Interessent sagt, er spekuliere auf den baldigen Tod des schon in die Jahre gekommenen Künstlers. Die Preise seiner Werke würden dann über Nacht explodieren.
Das Kaufinteresse und vor allem die Einschätzung des Wertes des Kunstwerks basieren auf völlig unterschiedlichen Konzepten. Unsere Interessenten richten ihre Auktionsgebote zum einen an der Kunstfertigkeit des Gemäldes aus, zum anderen leiten sie sich aus einer übergeordneten Strategie ab und schließlich handelt es sich um eine schnöde, aber realistische Wette auf eine baldige Wertsteigerung. Daraus folgt, dass der Wert des Gemäldes nicht eine Eigenschaft des Gemäldes an sich ist, sondern der Bewertende bildet ihn. Daher hat ein Angebot stets soviele Werte wie es Interessenten gibt. Der Wert ist aus diesem Grund immer subjektiv und verfügt über eine individuelle, meist mehrdimensionale Struktur. Eine Auktion hat nun die Aufgabe, den Interessenten mit der höchsten individuellen Wertepräferenz zu ermitteln.
Auf einem Markt dient das Feilschen dazu, die maximale Wertepräferenz des Käufers zu bestimmen. Bei handwerklicher Produktion, die im Grunde Unikate vergleichbar mit Kunstwerken erzeugt, ist diese Art der Wertermittlung sinnvoll. Bei einer modernen Massenproduktion mit ihren nahezu identischen Produkten ist dieses Vorgehen hingegen zu umständlich und zu langwierig. Der moderne Markt orientiert sich daher nicht nur an der Wertepräferenz des Nachfragenden, sondern nimmt einen weiteren Faktor, die Knappheit des Angebots, hinzu. Auf einer Auktion spielt die Knappheit jedoch keine Rolle. Sämtliche Angebote weisen nämlich eine nahezu maximalen Knappheit auf, da sie zumeist aus der Menge 1 bestehen – nur noch nicht vorhanden ist noch knapper. Der Auktionator hat daher ein Monopol auf das Angebot und verfügt aus diesem Grund über die Marktmacht, den maximalen Kaufpreis einfordern zu können.
Sind auf einem Markt jedoch mehrere Anbieter vorhanden, die dasselbe Produkt oder dieselbe Leistung verkaufen wollen, können diese nicht mehr die maximalen Preise einfordern, sondern müssen sich auf das Spiel der Marktkräfte einlassen: Harmonisch interpretiert besteht dieses Spiel aus einem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, martialischer interpretiert ist es die Intensität des Konkurrenzkampfs sowohl auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite.
Die Knappheit der meisten Güter lässt sich leicht ermitteln, der Einfluss der Knappheit auf die Preisbildung ist einfach zu bestimmen und die Kontrolle über diesen Faktor ist entsprechend unkompliziert. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich der theoretische und praktische Fokus der Ökonomie auf diesen Aspekt konzentriert.
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