Der freie Wille ist nur eine Illusion? Hier irren die beiden großen Physiker und zwar aus folgendem Grund: Illusion geht nicht ohne Bewusstsein, und Bewusstsein geht nicht ohne freien Willen, und letzterer wird in der gleichen Aussage negiert, also eine klassische Antinomie (Widerspruch in sich selbst).
Das Argument jetzt etwas ausführlicher: Illusion ist die Täuschung eines Bewusstseins. Einer Stubenfliege wird man kaum eine Illusion unterstellen, einem Computer schon gar nicht. Nur ein Bewusstsein hat eine Illusion.
Bewusstsein ist die Voraussetzung für den freien Willen: Wikipedia definiert ihn u.a. so:
die menschliche Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Wir brauchen aber die andere Richtung: der freie Wille ist die unabdingbar für das Bewusstsein. Das zeige ich mit einem Widerspruchsbeweis. Betrachten wir dazu den inneren Monolog eines Bewusstseins ohne freien Willen: Gestern war Wahl. Natürlich bin ich hingegangen. Ich ahnte bereits, dass ich diese Populisten wählen wurde, wie ärgerlich! Aber ich hatte ja keine andere Möglichkeit: die Hand griff nach dem Stift und machte das Kreuz bei diesen Idioten! Am liebsten hätte ich gar nicht hingeschaut, aber ich kann ja nicht mal die Blickrichtung der Augen beeinflussen. Es ist schon eine Qual das Bewusstsein eines Körpers zu sein, auf den man keinen Einfluss hat. Es ist nicht nur eine Qual, sondern eine Absurdität. Die Evolution hätte solch ein energieverbrauchendes Artefakt längst beseitigt, bzw. es wäre natürlich gar nicht erst entstanden. Bewusstsein und freier Wille sind zwei Seiten einer Medaille.
Natürlich gibt es für freier Wille und Bewusstsein keine harten Definitionen, und natürlich meint Hawking das richtige und führt es auch im nachfolgenden Text entsprechend aus. Meine Kritik ist nur eine sprachliche. Trotzdem finde ich sie wichtig, um diese immer wiederkehrenden Missverständnisse auszumerzen. Die korrekte Aussage wäre: Im nicht-intentionalen Modell gibt es keinen freien Willen. Andererseits gilt auch die Aussage: Im intentionalen Modell gibt es denn freien Willen, ja er ist definitionsgemäß dessen Voraussetzung.
Aber welches Modell ist jetzt das richtige? Modelle in der Physik und in der Naturwissenschaft sind nicht richtig oder falsch, sie sind gut oder schlecht. Gut ist ein Modell, wenn es Vorhersagen macht, die überprüfbar und richtig sind.
Die Psychologie ja, sie ist in neuerer Zeit wirklich zu einer Wissenschaft geworden verwendet das intentionale Modell und erreicht damit, zumindest statistisch gesehen, gute Vorhersagen. Alles andere wäre ja auch absurd, die Komplexität eines Bewusstseins ist um viele Größenordnungen zu komplex, um Gesetzte oder Modelle dafür aufzustellen. Und es ist nicht vorstellbar, wie der Zustand eines Bewusstseins, sprich aller Neuronen und chemischer Substanzen eines Gehirns, gemessen werden kann, ohne gleichzeitig Einfluss auf dieses Bewusstsein zu nehmen.
Dennett sagt in etwa: es gibt einen freien Willen, es ist nur nicht das, was du dir darunter vorstellst. Wir dürfen nicht in einer Argumentation zwischen den Modellen hin und her springen. Und es ist irrwitzig, das nicht-intentionale Modell zur Beschreibung des Verhaltens von Menschen zu verwenden. Wenn wir von Illusion sprechen, dann verwenden wir das intentionale Modell, und in diesem Modell gibt es auch den freien Willen.
Die Fortschritte der Informatik und insbesondere der künstlichen Intelligenz werden unser Denken und unseren Standpunkt so verändern, dass wir in 50 Jahren nicht mehr verstehen, wo die Probleme und Fragen zu Bewusstsein und freiem Willen eigentlich lagen. Wir werden keine Erklärung des Bewusstseins haben, sondern erkennen, dass es keine Erklärung braucht.
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Hinweis zum Autor: Der Artikel wurde von “Gerhard” geschrieben.
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