Jeder hat Interesse an wenig “Verlust”
Eure Ingenieure wissen das nur zu gut. Deshalb sind sie stets darum bemüht zu vermeiden, dass ich mich als Wärme aus dem Staub mache (es sei denn, sie wollen eine Heizung bauen). So achten sie stets darauf, dass eure Maschinen einen möglichst hohen Wirkungsgrad an den Tag legen.
Der Wirkungsgrad einer Energie-Umwandlung ist das Verhältnis des nutzbaren Energie-Betrags, der dabei heraus kommt zu dem Gesamt-Energiebetrag, der umgewandelt wird. Da der Gesamt-Energiebetrag stets grösser ist als der nutzbare Betrag, hat dieses Verhältnis stets einen Wert zwischen 0 und 1 – oder anders ausgedrückt einen Wert in % von 1.
So hat ein moderner Elektromotor, der elektrische Energie in Rotationsenergie (eine Art ‘im Kreis’ gerichtete Bewegungsenergie) umwandelt, einen Wirkungsgrad von über 0,9 bzw. 90%. Bevor ihr jetzt frohlockt und euchsofort ein E-Bike oder Elektroauto anschafft, denkt daran, dass jede weitere Übertragung meiner selbst – zum Beispiel die Umwandlung von Rotationsenergie zu geradeaus gerichteter Bewegungsenergie – ihren eigenen Wirkungsgrad beisteuert.
Den Gesamtwirkungsgrad eures Fahrzeugs erhaltet ihr, wenn ihr die Wirkungsgrade aller darin auftretenden Umwandlungen multipliziert. Und ein Produkt von Zahlen zwischen 0 und 1 ist stets kleiner als die kleinste dieser Zahlen. Wenn ihr mich effektiv, also verlustarm nutzen möchtet, sucht euch also ein Gefährt aus, das mit möglichst wenig Energie-Übertragungen auskommt.
Im Übrigen haben auch natürliche Vorgänge einen Wirkungsgrad. Für die Umwandlung von Strahlungsenergie in chemische Energie im Rahmen der Photosynthese liegt der Wirkungsgrad im Bereich zwischen 29% und 34%, während der eurer Muskeln in der Regel noch darunter liegt. Da bleibt eine Menge Wärme übrig, die euer Körper jedoch anderweitig gut zu nutzen weiss: Wenn euch kalt ist, geht einmal zügig einen Hügel hinauf, und ihr werdet es spüren.
Wohin geht die ganze Wärme?
Die ganze Wärme, die im Zuge all meiner Umwandlungen auf der Erde entsteht, fliesst früher oder später in die Erdatmosphäre ab, und kann von dort weiter in den Weltraum abgegeben werden (als Wärmestrahlung, aber auch im All gibt es noch genügend Teilchen zum Anschubsen).
Dass bei jeder Veränderung, die ich bewirke, Wärme entsteht, hat aber noch eine weitere, sehr endgültige Konsequenz: Irgendwann bin ich nur noch Wärme.
Was bedeutet das für die Zukunft eures Universums?
Das Universum dehnt sich nach eurem neuesten Erkenntnisstand immer weiter und schneller aus, während sich Materie und Strahlung immer feiner und gleichmässiger darin verteilen (etwas genauer hat Florian Freistetter mein Schicksal hier beschrieben). Irgendwann in unvorstellbar ferner Zukunft wird es mich nur noch als Wärme geben, die völlig gleichmässig auf alle verbleibenden Teilchen und Strahlung verteilt ist. Dann werde ich zwar immer noch da sein, aber nichts mehr bewirken können: Das Universum verharrt bis in alle Ewigkeit im thermischen Gleichgewicht.
Fazit
Ihr mögt mich, die Energie, für eure physikalischen Rechnungen wohl erfunden haben. Dennoch könnt ihr mich weder erschaffen noch dauerhaft festhalten. Aber ihr könnt mich nutzen, wenn meine Reise über euren Planeten führt. Doch nutzt mich mit Bedacht, denn mein Weg führt nur in eine Richtung. Ich unterliege den Gesetzen der Thermodynamik, die mein Schicksal bestimmen: Ich werde unweigerlich in Wärme und Unordnung enden.
Mit besten Grüssen,
Eure Energie
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Hinweis zur Autorin: Dieser Artikel wurde von Kathi geschrieben: “Ich bin Chemikerin sowie angehende Lehrerin und blogge Geschichten aus Natur und Alltag auf www.keinsteins-kiste.ch.”
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