Fast hätte ich es vergessen, Foraminiferen sind bei ihrer Vermehrung kreativ. Sie können sexuell und asexuell Nachkommen produzieren. Meist lösen sich geschlechtliche und ungeschlechtliche Generationen ab.
Das war jetzt eine ganz kurze Beschreibung der possierlichen “Tierchen”.
Und zu was ist die Beschäftigung damit nun gut?
Erstens kann ich damit normalerweise feststellen wie alt das Sediment ist, in dem ich die Foraminiferengehäuse finde. Manche Arten oder gar Gruppen treten nur in einem bestimmten Zeitabschnitt auf (Leitfossilien – wer es genauer wissen will, schaut hier). Finde ich diese speziellen Arten, weiß ich recht genau in welcher Zeit ich mich befinde. Und es ist schon ein kleiner Unterschied ob es z.B. Kreidesedimente sind (vor dem großen Wumms und den Dinosauriern) oder ob ich mich schon im Miozän befinde (da war es noch einmal richtig kuschelig warm, vor der Eiszeit) oder ob ich mich gar in die Gegenwart verirrt habe.
Weiters kann ich herausfinden wie die damaligen Umweltbedingungen waren. Logischerweise muß damals an dem Ort ein Meer gewesen sein, wie tief dieses war können mir wiederum bestimmte Arten zeigen. Manche kommen ja nur im Flachwasser vor, manche brauchen schon größere Tiefen. Auch Nahrungsangebot oder Salzgehalt kann ich damit ermitteln.
Und das Allergenialste ist, ich kann tatsächlich messen, wie warm oder wie kalt das damalige Meer war. Sogar ziemlich genau bis auf 0,schlag-mich-tot °Celsius.
Die meisten Foraminiferen besitzen ja Kalkschalen (CaCO3), die sie sich selber basteln. In diese Kalkschalen bauen sie Sauerstoff und Kohlenstoff als verschiedene Isotope ( https://de.wikipedia.org/wiki/Isotop ) ein. Aber nicht irgendwie, sondern sie bilden genau die Sauerstoff- und Kohlenstoffisotopie des sie umgebenden Meerwassers in ihren Schalen ab. Diese Verhältnisse kann ich nun mithilfe eines Massenspektrometers messen und mit ein wenig Rechnerei kann ich dann sagen welche Temperatur das Meer damals hatte (sehr vereinfacht ausgedrückt). Wer sich das ganze sehr detailliert für den Sauerstoff geben möchte bitte sehr -> https://de.wikipedia.org/wiki/%CE%9418O .
Geniale kleine Wesen, nicht wahr?
Wie sieht den so ein typischer Mikropaläontologenalltag abseits des Kafeehäferls aus?
Nun, zuerst muss ich mir Proben besorgen, entweder selbst im Gelände oder schon existierende, die darauf warten bearbeitet zu werden. Das können Bohrkerne sein, oder aber auch einfach Gatsch oder Sand in Plastiksackerln. Der Bohrkern wird dann in kleine Stücke gesägt, geschnitten gehämmert, bei “Gatsch” und Sand entfällt das schon mal. Dann bekommen die Proben ein Wasser- oder H2O2-Bad damit sie sich schön auflösen, denn mit bockharten Klumpen kann ich nichts anfangen. Danach wird geschlämmt (nein, wirklich mit “ä” hat nämlich nichts mit Essen zu tun). Die nun aufgelöste Probe wird nass gesiebt. Die Siebe sind aber keine Haushaltssiebe sondern Spezielanfertigungen, die jede erdenkliche Maschenweite aufweisen können. Ich schlämme meistens mit 250 µm und 65 µm Maschenweite. Unter 65 µm wird die Foraminiferenerkennung auch mit dem Mikroskop zur Qual. Nach dem Trocknen im Trockenschrank geht es zum Auslesen ans Binokular (das heißt ich kann mit beiden Augen durchgucken und sehe alles dreidimensional) und dann werden meine kleinen Lieblinge bestimmt, sprich ich weise ihnen Artnamen zu (im besten Fall, manchmal muß ich auch kapitulieren, weil die Gehäuse zu kaputt sind, was nach zig Millionen Jahren schon mal vorkommen kann).
Habe ich alles bestimmt, und katalogisiert (abzeichnen tue ich sie oft auch noch) kann ich viele statistische “Spielereien” anstellen. Dazwischen mache ich am REM (nein, das hat nichts mit Träumen oder “loosing my religion” zu tun, das ist nur die Abkürzung für Raster-Elektronen-Mikroskop) hübsche Bilder von den Winzlingen.
Und wenn das alles fertig ist, wird daraus hoffentlich eine wissenschaftliche Veröffentlichung.
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Hinweis zur Autorin: “Ich bin Mikropaläontologe, momentan freiberuflich unterwegs, und schreibe auch ab und an für Zeitschriften populärwissenschaftliche Artikel über Paläontologie und Geologie.”
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