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Der Leipziger Fockeberg ist eine Trümmerkippe, auf der es an milden Sommernächten überall grün leuchtet. Die spektakuläre Erscheinung hat eine ganz natürliche Ursache: Der 150 Meter hohe Schuttberg ist mittlerweile an die 70 Jahre alt, bewaldet, und es wimmelt dort von Glühwürmchen. Besonders Ende Juni finden sich dort Hunderte der kleinen Leuchtkäfer und tragen sicherlich zur romantischen Stimmung bei, die fast ebenso viele Menschen aus den umliegenden Stadtteilen Abend für Abend dort hinauf lockt.
Warum aber leuchten die Käfer eigentlich? Was bezwecken sie damit, und wie kriegen sie das hin? Und warum leuchten die nicht auch mal weiß oder lila oder blau?
Biolumineszenz
Dass Lebewesen Licht erzeugen können, ist ein verbreitetes Phänomen namens Biolumineszenz (bios = Leben, lumen = Licht). Wir bekommen nur so selten etwas davon mit, weil die meisten leuchtenden Organismen im Wasser leben. In Meerestiefen ab 700 m gehört es sogar zum guten Ton: Bis zu 90 % der bekannten Lebensformen dort produzieren ihr eigenes Licht. Es sind leuchtende Fische bekannt, Quallen, Krebse und vor allem Einzeller. Diese sind auch häufig als nützliche Untermieter in den Leuchtorganen höherer Lebewesen zu finden. An Land sind es hauptsächlich einige Insekten- und Pilzarten, die leuchten können.
Der biologische Zweck des Leuchtens ist vielfältig: Manche (wie die Glühwürmchen) machen mögliche Partner auf sich aufmerksam, Tiefsee-Anglerfischen geht es eher um Beute. Der Vampirtintenfisch führt potentielle Räuber in die Irre, indem er eine Wand aus leuchtenden Partikeln ausstößt und sich dann aus dem Staub macht. Auf einer Privatfrequenz kommunizieren die Tiefseefische der Gattung Malacosteus: Das von ihnen ausgesendete rote Licht befindet sich in einem Wellenlängenbereich, den die meisten anderen Tiefseeorganismen gar nicht wahrnehmen können.
Bei vielen Lebewesen ist aber noch nicht abschließend geklärt, was die Leuchterei bezwecken soll. Im Zweifelsfall sollen Freunde angelockt oder Feinde in die Irre geführt werden.
Und wie funktioniert diese Biolumineszenz jetzt?
Zunächst einmal handelt es sich um ein nicht-thermisches Leuchten, das durch eine chemische Reaktion hervorgerufen wird. Das Glühwürmchen bleibt dabei also kalt und hat streng genommen seinen Namen verfehlt. Damit der Käfer leuchten kann, braucht es eine
chemische Umwandlung mit folgenden Eigenschaften: Es müssen anregbare Elektronen im Spiel sein (keine Sorge, das wird gleich erklärt), die dabei erzeugte Strahlungsenergie muss sich im Bereich des sichtbaren Lichts befinden, und es sollten möglichst wenige unerwünschte Nebenprodukte anfallen, die uns die Lichtausbeute vermiesen.
Und was sind bitte anregbare Elektronen?
Damit hat es folgendes auf sich: Jedes Atom hat eine Hülle aus Elektronen (negativ geladene Teilchen), die um den positiv geladenen Kern herumschwirren. Wie viele Elektronen das sind, hängt davon ab, um welche Atomsorte es sich handelt. Im Fall von Sauerstoff sind das zum Beispiel 8. Diese 8 Elektronen sind nicht einfach irgendwie unsortiert unterwegs, sondern jedes hat sein bestimmtes sogenanntes Energieniveau. Eventuell mitlesende Quantenmechaniker werden gleich ohnmächtig vom Stuhl kippen, aber stellen wir uns das vereinfacht mal so vor, als wäre jedes Elektron eine Art Satellit, das den kugelförmigen Atomkern wie einen Planeten umkreist. Das erste und zweite Elektron sind ganz nah dran, das dritte bis achte weiter draußen. Je weiter ein Elektron vom Kern entfernt ist, umso schneller saust es um ihn herum: Es hat ein höheres Energieniveau. Wenn jetzt eins dieser äußeren Elektronen noch einen zusätzlichen Schubs kriegt, kann es für kurze Zeit auf einem noch höheren Energieniveau fliegen, es hat seinen Grundzustand verlassen und ist angeregt. Dieser Schubs kann in Form von Bestrahlung, also Lichtenergie, zugeführt werden, oder thermisch, oder aber Folge einer chemischen Umwandlung sein.
Niemand ist allerdings gerne auf Dauer angeregt, deshalb kehren die meisten Systeme nach kurzer Zeit wieder zu ihrem Grundzustand zurück. Solche Übergänge zwischen Energiezuständen bzw. -niveaus hat man früher auch als Quantensprünge bezeichnet. Was also häufig als Umschreibung für einen ganz großen Wurf herhalten muss, ist in Wirklichkeit keine große Sache, jedenfalls nicht aus Sicht eines Leuchtkäfers.
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