All diesen Spaß hat schließlich auch die National Aeronautics and Space Administration für sich entdeckt. Nicht als Pausenbeschäftigung für Raketenwissenschaftler, sondern als Werkzeug, um junge Menschen näher an die Materie der Raumfahrt heranzubringen und so vielleicht den ein oder anderen Zocker in eine wissenschaftliche Ausbildung zu bewegen. Im März 2014 kündigten Squad, die Entwickler von Kerbal Space Program, eine offizielle Zusammenarbeit mit der NASA an: Im Rahmen deren Asteroid Redirect Missionwurde selbiges Projekt von NASA-Mitarbeitern extra für KSP programmiert und eingefügt. Darin geht es, wie der Name andeutet, grob darum, einen großen Felsbrocken von einem Asteroiden aufzunehmen und in eine stabile Umlaufbahn um unseren Mond zu leiten, wo er dann von Astronauten untersucht werden kann. Und genau das kann man nun eben auch in Kerbal Space Program: Mit originalen NASA-Raumschiffteilen und einem Asteroiden-Greifarm die Mission simulieren und vielleicht feststellen, wie viel Spaß man daran hat, an so etwas herumzuexperimentieren. Selbstverständlich kann man mit dem Greifarm auch eine ganze Menge andere Späße anstellen, weswegen sich auch die weniger wissenschaftsaffinen KSP-Spieler sehr über das Update gefreut und der NASA gedankt haben. Sie nutzt also ein Videospiel im schlechtesten Fall als Werbung und im besten zur Bildung und vielleicht zur Rekrutierung.
“The collaboration with Kerbal Space Program can help drive interest by future explorers in next-generation technology development and deep space exploration. Having an element of the experience based in the reality of NASA’s exploration initiatives empower players to manage their own space program while getting valuable insight into the reality of studying asteroids as a next step in getting to Mars.”
Bob Jacobs, Deputy Associate Administrator of Communications, NASA. Quelle
Mit dem Einbau der Asteroid Redirect Mission legt die NASA übrigens – wie in obigem Zitat eben angedeutet – bewusst einen Fokus auf die Reise des Menschen zum Mars. Das klingt erst einmal zusammenhangslos, ist aber bei näherer Betrachtung ziemlich einleuchtend: Der Transport eines solchen Felsens stellt ein ähnliches logistisches Problem dar wie der Transport von viel schwerer Ausrüstung zum Mars. Das Einführen des Asteroidenbrockens in den Orbit ist eine ideale Gelegenheit, um die Manövrierfähigkeit der vorhandenen Technik auf die Probe zu stellen. Jede Menge andere Gründe hat die NASA auf der verlinkten Infoseite erläutert, einer, der so simpel wie logisch ist dürfte aber zudem schlichtweg sein: Geht im Einflussbereich des Mondes etwas schief, ist innerhalb weniger Stunden oder Tage eine Rettungsmission vor Ort. Passiert der gleiche Fehler später auf dem Mars, überleben die Betroffenen die sechs bis neun Monate Reisezeit des Rettungsschiffs wohl kaum.
Fazit: Nur weil die NASA eine Gelegenheit in einem Videospiel sieht, heißt das natürlich nicht, dass alle Spiele lehrreich sind. Die meisten wollen einfach nur Spaß machen und sind darin mal mehr, mal weniger erfolgreich. Aber die Kooperation zwischen Squad und NASA und auch das Minecraft-Schulprojekt zeigen schön, wie man aus reinen Unterhaltungsmedien viel mehr Nutzen ziehen kann als zunächst gedacht. Wie viel Nutzen, das wird sich zeigen. Aber wenn in zehn oder zwanzig Jahren auch nur ein einziger Wissenschaftler auf seine ersten Berührungspunkte mit dem Kosmos in Kerbal Space Program zurückdenkt, hat es sich doch schon gelohnt.
————————————————-
Hinweis zum Autor: Der Artikel wurde von “FalseShepard” veröffentlicht: “Ich studiere Anglistik und blogge für gewöhnlich als @FalseShepard über Videospiele(kultur) auf www.indieflock.net.”
Kommentare (13)