Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2015. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier. Informationen über die Autoren der Wettbewerbsbeiträge findet ihr jeweils am Ende der Artikel.
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Google Earth stellt für die Entfernungsmessung die Funktion “Lineal” zur Verfügung. Wer damit in einem bergigen Gelände misst, wird bald feststellen, dass sich die gelbe Messlinie dem Geländeprofil anschmiegt. Nur, wenn der Blick ganz senkrecht auf das Landschaftsbild fällt, ergibt sich eine Gerade. Für den Standort des Mauszeigers werden ferner am unteren Bildrand die Ortskoordinaten und die Meereshöhe nummerisch angezeigt. Folgt man also mit dem Mauszeiger Punkt für Punkt der gelben Messlinie und registriert Koordinaten und Meereshöhe, so kann man daraus ein Geländeprofil erstellen – und das in einer EXCEL-Tabelle auch gleich bequem in eine Grafik überführen.
Als zusätzliches Bonbon kann man die Messlinie an jeweils einem Ende mit gedrückter Maustaste “anfassen”, über die Fläche führen und so die Profilanpassung “live” verfolgen. Dieser Effekt ist am größten, wenn man die dargestellte Oberfläche so weit gekippt hat, dass der Blick in möglichst flachem Winkel gegen den (Erd)horizont verläuft.
Überraschenderweise funktioniert dieses Prinzip seit längerer Zeit auch schon auf der Google-Marskarte und auf zahlreichen Flächen der Mondkarte; die Mond-Rückseite ist anscheinend noch nicht dicht genug vermessen. Von Zeitgenossen, die mit Computern nichts auf dem Hut haben (es soll sie ja noch geben) wird man bei einer solchen Vorführung mitunter bestaunt, als hätte man von Garching aus gerade ein Teleskop der Europäischen Südsternwarte am Paranal in Chile fernbedient.
Bei der Mondkarte beziehen sich die Angaben der Geländehöhe wohl auf eine imaginäre Kugel, die aus mir nicht näher bekannten Gründen so gelegt ist, dass die Höhenwerte der von der Erde aus sichtbaren Mondhälfte eher um Null oder im Negativen liegen, während für die Mond-Rückseite Werte von Null bis zu +5000 Metern angezeigt werden.
Und nun zu meinem Anwendungsbeispiel:
Der Mondkrater “Aristarchus” fasziniert mich seit Langem. Er erstrahlt nämlich mitunter stundenlang in einem intensiv bläulichen Licht, dessen Linienspektrum dem einer Hochdruck-Wasserstoff-Entladungsröhre entspricht und leuchtet damit auch weit herum seine Umgebung aus. Für dieses seit über hundert Jahren bekannte Phänomen gibt es bislang keine schlüssige Erklärung.
Angeregt durch ein Video über die “Clementine Mission” 1994, habe ich mir auch die kleineren Krater um den Aristarchus näher angesehen und dabei mit dem Entfernungslineal von Google Earth gespielt. Eine der Videosequenzen hatte nämlich den optischen Eindruck hinterlassen, dass einige dieser Strukturen dort eher “Kuppeln” als Krater seien.
Zu meinem größten Erstaunen fanden sich tatsächlich neben vielen normalen Kratern einige konvexe Strukturen. Konkreter ausgedrückt, flache Kuppeln mit Durchmessern von mehreren Kilometern. Jetzt wollte ich es genau wissen und begann, einige dieser atypischen “Krater” wie oben geschildert Punkt für Punkt zu vermessen. Über die Messung selbst, die Ortskoordinaten dieser Geländeformen und das Erscheinungsbild habe ich ein 4-Minuten-Video zusammengestellt, das ich der Öffentlichkeit im Anhang hiermit gerne zum Nachvollzug zur Verfügung stelle. Eventuelle Links bzw. Quellenangaben finden sich auf den entsprechenden Bildseiten.
Für mich ist seit der Erstellung dieser kleinen Dokumentation nicht so sehr die Frage relevant, ob da oben schon jemand Gewächshäuser “schwarz” gebaut hat; mich würde vielmehr interessieren, ob ein Lunar Orbiter, der Bilder von der acht Meter großen Basis einer Landefähre, den geparkten Mondautos und deren Fahrspuren zur Erde funken kann, immer dann die Klappe vor die Linse zieht oder sein Blickfeld schnell auf “Unscharf” stellt, wenn er so ein zehn-Kilometer-Glasdach bzw. eine Lava-Blase der genannten Größe überfliegt. Bei meinem vorgerückten Alter werde ich da oben wohl bald selber mal vorbeischauen müssen. Ob ich dann eine Fortsetzung dieses Blogs schreibe …
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Hinweis zum Autor: “Karl Heinz Schmid, (79 vorbei), kriegsbedingt volle Volksschulbildung, 7 Jahre musisches Gymnasium, Studium als Stipendiat an der Uni München, 1964 Aufbau des Labors für Massenspektrometrie und entsprechender Lehrauftrag, 1966 Promotion in Anorganischer Chemie (Silizium-organische Verbindungen – Metallazide) Nebenfächer: Anthropologie / Strahlenbiologie. Ab 1967 Mitarbeiter bei der Siemens AG – Sparte Werkstofftechnische Entwicklung – Später Leitung und Ausbau der Analytik (vom Reagensglas bis zum Raster-Elektronenmikroskop). Vertraut mit Rechnern seit der vor-DOS-Zeit, also Assembler- und Lochkartenjobs. Seit Langem Rentner im Reihenhaus mit Garten, der nachts immer noch vor der Tastatur rumhängt. Brauche wenig Schlaf. Hobbies und Interessen: Gute Musik, Mitglied in 2 Chören, seit 1961 Leitung eines gemischten Laienchores, dem langsam die letzten Männerstimmen wegsterben, Spaß mit 5 Enkelkindern, Sprachen (E,F,Sp,It,Lat), Archäologie, Kosmologie, Mythen und Religionen, Zeichnen, Schreinerarbeiten, Reparatur von Elektrogeräten, Kochen und gut Essen, “no sports”. ”
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