– Bei 42 Symptomen hatten sich die Beschwerden nicht gebessert (9,17 %).
– Bei 98 Symptomen hatten sich die Beschwerden gebessert (21,4 %).
– Bei 124 Symptomen hatten sich die Beschwerden sehr deutlich gebessert (27,07 %).
– Bei 109 Symptomen waren die Beschwerden weg (23,8 %).
Zusammenfassend kann daher gesagt werden: Bei ca. 90 % aller Symptome im Rahmen der hier durchgeführten Studie konnte eine Besserung oder sogar ein völliges Verschwinden durch die Gabe von Schüssler Salzen über einen Zeitraum von drei Monaten erreicht werden.”
Ich meine jetzt gar nicht, was ich eingangs erklärt habe: Dass man aus der zeitlichen Reihenfolge “Einnahme und danach Besserung” eben nicht auf einen kausalen Zusammenhang schließen kann.
Ich meine wirklich die Zahlenwerte: 21,4% (“gebessert”)+ 27,07% (“sehr deutlich gebessert”)+ 23,8% (“weg”) = 72,27%.
Und das sind keineswegs die behaupteten 90%. Im Gegenteil: Von rund 20% der Symptome erfahren wir in der Auswertung gar nichts mehr.
Ich finde, dieses Beispiel zeigt recht gut, warum seriöse Wissenschaft in Journalen veröffentlicht wird, die einen sogenannten “peer review” vorschalten: Kompetente Fachleute lesen sich die Artikel, bevor sie angenommen werden, auf grobe Fehler durch. Aus der Studie ausgeschiedene Patienten oder die, bei denen sich die Symptome verschlechterten einfach den Erfolgen zuzuschlagen, das ist ein grober Fehler. Und übrigens keiner, den erst der berichtende „Forschung und Wissen“ Autor eingebracht hat. Die falschen Werte finden sich so bereits auf der Webseite von Frau Metz-Melchior.
Auch die von Frau Metz-Melchior zusätzlich ausgewerteten Haaranalysen können die Studie nicht retten. Diese sind für die gemachten Aussagen ein höchst unzuverlässiges und zudem unnötig teures Verfahren. Was zum Beispiel hier die Stiftung Warentest erklärt. Man hätte erheblich aussagekräftigere Werte mit einer Blutanalyse erreichen können, zudem zu einem Bruchteil des Preises. Und es fehlt die Angabe, auf wie viele Werte denn überhaupt getestet wurde. Auch die Anzahl der durchgeführten Tests beeinflusst die Signifikanz eines Ergebnisses ganz erheblich.
In einem seriösen wissenschaftlichen Journal wird Frau Metz-Melchior eine derart unzureichende Arbeit niemals platzieren können. Hat sie scheinbar auch nicht: Trotz intensiver Suche habe ich keinen Link auf eine offiziell von ihr veröffentlichte Arbeit gefunden. Nicht einmal in einem Journal, das weit weniger zimperlich mit der Korrektheit der Artikel wäre.
Ist das jetzt so schlimm? Schüssler Salze sind doch harmlos. Was macht es da, wenn die zitierten Studien nur scheinbar wissenschaftlich vorgehen?
Die klinische Studie ist ein Werkzeug, das – wenn sauber eingesetzt – in der Lage ist, die Leistungsfähigkeit eines Verfahrens sauber zu messen und zu dokumentieren. Ebenso war es erst mit diesem Werkzeug möglich, vieles, womit man scheinbar gute Erfahrungen machte, als Humbug oder als schädlich zu entlarven. Die klinische Studie hat sehr viele Menschenleben gerettet.
Nun werden schlampige Varianten dieses Werkzeugs missbraucht, unplausible Verfahren zu bewerben. In der Öffentlichkeit entsteht so langfristig der Eindruck, man könne mit Studien alles belegen, was man nur heraus haben möchte. Es entsteht der Eindruck, man könne durch erlebte Besserungen allein eben doch die Wirksamkeit eines Verfahrens mindestens ebenso aussagekräftig beurteilen, wie mittels seriöser Methoden. Darstellungen dieser Art haben den Effekt, dass seriöses wissenschaftliches Arbeiten mit Stammtischweisheiten als gleichwertig empfunden wird.
Der Geschädigte in derartigen Artikeln ist also einerseits der Patient, dem Nachweise vorgelegt werden, die keine sind. Andererseits ist es aber auch die echte Wissenschaft und Forschung, deren Methoden und Seriosität als unnötig, engstirnig oder dogmatisch dargestellt werden.
Tatsächlich handelt es sich aber nicht um eine „Schikane“ oder Weltfremdheit irgendwelcher Wissenschaftler. Es geht hier schlicht darum, für Aussagen, die Patienten ihrer Therapiewahl zugrunde legen, den bestmöglichen Test zu fordern. Auch ein zuverlässiger Test ist ein Qualitätsprodukt. Und ich wünschte, die Menschen wüssten echte wissenschaftliche Tests genauso zu schätzen, wie echte Markenprodukte.
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Hinweis zur Autorin: Dieser Artikel wurde von Ute geschrieben: “Ich habe Physik studiert und 1992 im Fachbereich Astrophysik mein Diplom erworben. Nach der Geburt meines Sohnes musste ich allerdings meine berufliche Tätigkeit unterbrechen. Ab und zu schreibe ich einen Gastbeitrag auf dem Blog von Norbert Aust (Beweisaufnahme-Homoeopathie). Für alternative Medizin begann ich mich zu interessieren, weil mir für meinen Sohn wiederholt sowohl von Bekannten als auch von Apothekern entsprechende Mittel empfohlen wurden, die dahinter stehenden Vorstellungen aber mit meinem naturwissenschaftlichen Hintergrund nie vereinbar waren.”
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