Ich habe damals am Ende meines Artikels über dieses Thema folgendes geschrieben:
“Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Arbeit von Freese und Savage nicht sonderlich dramatisch. Sie hat keine Konsequenzen, es lassen sich daraus keine beobachtbaren Effekte ableiten. Aber aus rein menschlicher Sicht ist es gut, dass jemand das mal konkret ausgerechnet hat. Wenn das Universum schon voll mit unsichtbarer Materie ist, die ständig durch uns hindurch rauscht, dann wollen wir zumindest wissen, wie egal wir dieser Materie genau sind. Jetzt wissen wir es. Ziemlich egal… “
Olga Chashchina und Zurab Silagadze sind da aber in ihrem neuen Artikel anderer Meinung! Sie behaupten, dass die dunkle Materie bei Kollisionen mit dem menschlichen Körper vielleicht doch einen Effekt haben kann. Und zwar einen negativen… Denn es kommt ganz darauf an, woraus die dunkle Materie besteht. Freese und Savage gingen in ihrer Arbeit von der derzeit favorisierte Möglichkeit aus, nach der die dunkle Materie aus sogenannten WIMPs besteht, einer speziellen Art von hypothetischen Elementarteilchen. Chashchina und Silagadze dagegen haben untersucht was passieren würde, wenn die dunkle Materie aus “Spiegelmaterie” bestehen würde. Auch das ist eine hypothetische Teilchenart deren Existenz manche Wissenschaftler postuliert haben um bestimmte Symmetrieeigenschaften in der Quantenmechanik zu erklären.
Genau zu erklären worum es sich bei dieser Art von Materie handelt würde jetzt zu weit führen (hier gibt es einen kurzen Überblick) – aber wenn es sie gäbe, dann hätte sie ebenfalls die Eigenschaften, die dunkle Materie haben muss. Aber sie würde sich trotzdem anders verhalten als es die WIMPs tun. Spiegelmaterie könnte bei bestimmten Wechselwirkungen mit Licht zum Beispiel eine elektrische Ladung bekommen. Und dann zu größeren Objekten zusammenklumpen.
Einzelne Teilchen von Spiegelmaterie träfen laut Chashchina und Silagadze den menschlichen Körper genau so selten und mit genau so vernachlässigbaren Auswirkungen wie das schon bei der Arbeit zu den WIMPs berechnet worden ist. Aber darum geht es ihnen nicht! Sie haben spekuliert, dass sich die geladene Spiegelmaterie zu “Spiegelasteroiden” zusammenklumpen könnte. Und wenn dann Spiegelasteroide im Sonnensystem miteinander kollidieren, dann entsteht “Spiegelstaub”. Und dieser Spiegelstaub kann dann mit der Erde kollidieren, so wie das ja auch der ganz normale kosmische Staub tut. Der erzeugt beim Zusammenstoß mit der Lufthülle unseres Planeten hübsche Sternschnuppen. Der Spiegelstaub dagegen nicht, er wird von der Erdatmosphäre kaum beeinflusst. Wenn aber unser Körper nun von solchen “Spiegelmikrometeoriten” getroffen wird und es zu einer Wechselwirkung kommt, dann kann sich mehr Energie über mehr Körperzellen verteilen und es könnten sehr viel Mutationen auf einen Schlag ausgelöst werden. Und das, so Chashchina und Silagadze, wäre nicht mehr so harmlos wie eine simple Kollision mit einem einzelnen Teilchen. Das könnte Krebs erzeugen.
Nun ja. Dunkle Materie die sich zu Spiegelasteroiden formiert deren Spiegelstaub auf die Erde fällt und bei uns Krebs auslöst? Wenn ich mir die ganze Sache nochmal durch den Kopf gehen lassen, muss ich mein Urteil vom Anfang nochmal revidieren: Die ganze Geschichte klingt auch beim dritten Blick absurd und vermutlich ändert sich nichts daran, egal wie lange man sie betrachtet!
Mag sein, dass es tatsächlich Spiegelmaterie gibt. Vielleicht gibt es dann sogar Spiegelasteroiden und Spiegelstaub. Und vielleicht erzeugt der wirklich Krebs. Aber selbst wenn das alles so ist: Dann wäre das ein Prozess, der schon immer stattgefunden hat. Der Spiegelstaub wäre schon auf die Erde gerieselt, als es dort noch kein Leben und keine Menschen gab. Er wäre weiter gerieselt als sich das erste primitive Leben entwickelt hatte; er wäre auf die Erde gefallen als die Dinosaurier die Welt beherrschten und er wäre heute immer noch da. Genau so wie wir Menschen uns an die überall vorhandene natürliche Radioaktivität angepasst haben, hätten wir uns auch an irgendwelche negativen Effekte dunkler Materie angepasst. Wären die Auswirkungen der Spiegelmaterie katastrophal und schädlich fürs Leben, dann hätte es sich gar nicht erst entwickelt.
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