Ich wollte das Frühstück im Hotel nicht verpassen (am Abend davor war die Show im Grazer Oprheum erst sehr spät zu Ende und es gab kein Abendessen mehr) und hab deswegen nur eine kleine Runde von 10 Kilometern absolviert. Und am Ende hab ich es dann doch noch geschafft, mich zu verlaufen!
Am Rückweg durch die Innenstadt zum Hotel wollte ich dem aufkommenden Berufsverkehr und den jetzt schon gut besuchten Wochenmarkt ausweichen und bin von der Hauptstraße in die Nebengassen abgebogen. Ich war eigentlich ziemlich sicher zu wissen, wo ich bin – hab dann aber doch noch kurz einen Blick auf den Stadplan im Handy geworfen das mir ja per GPS auch netterweise gleich meine Position anzeigt. Das Handy bestätigte: Die Straße war korrekt; einfach nur noch ein Stück gerade aus. Da bin ich auch lang gelaufen – aber nicht am Ziel angekommen sondern ganz woanders. Weil ich in die falsche Richtung gerade aus gelaufen bin…
Ich hatte am Handy nicht auf die Orientierung der Karte geachtet. Die dreht sich – zumindest bei meiner App – ja mal so, mal so – je nach Bewegung des Nutzers. Ich bin aber davon ausgegangen das Norden oben ist, so wie bei analogen Karten üblich…
Na ja – so habe ich noch ein kleines Stück mehr von der Stadt gesehen. Und gelernt, dass eine Technik wie GPS in Kombination mit einem Smartphone zwar toll ist. Man sich aber auch nicht blind darauf verlassen soll. Ein bisschen grundlegende Ahnung von der Navigation und Orientierung kann nicht schaden. Zu wissen, wie sich die Sonne über den Himmel bewegt oder wie man nachts mit Hilfe von Mond oder Sternen die Himmelsrichtungen bestimmen kann, lohnt sich!
Wie man mit den Sternen des großen Wagens den Polarstern und somit die nördliche Richtung finden kann, weiß sicherlich jeder. Aber auch mit dem Mond ist es nicht allzu schwer, einen halbwegs brauchbaren Überblick über die Himmelsrichtungen zu bekommen. Der Mond leuchtet ja deswegen, weil er von der Sonne angestrahlt wird. Die Mitte des beleuchteten Teils des Mondes zeigt also immer dorthin, wo die Sonne gerade steht. Abends ist das eher im Westen; Nachts im Norden und Morgens dann Richtung Osten. Man kann sich auch ein wenig genauer über die Mondphasen Gedanken machen und überlegen, wann es überhaupt möglich ist, bestimmte Phasen zu beobachten. Ein zunehmender Mond kann beispielsweise immer nur in der ersten Nachthälfte am Himmel stehen; ein abnehmender Mond nur in der zweiten Nachthälfte (warum das so ist habe ich hier ausführlich erklärt). Der Vollmond dagegen geht bei Sonnenuntergang auf und bei Sonnenaufgang unter. Daraus und aus dem vorhin erwähnten Zusammenhang von Sonnenstand und der Richtung in die die beleuchtete Mondseite zeigt lassen sich ein paar einfache Regeln ableiten. Der Vollmond steht zum Beispiel um Mitternacht im Süden. Dorthin kommt er von Osten; am frühen Abend gegen 18 Uhr zeigt er also diese Richtung an – in der zweiten Nachthälfte wandert er dann nach Westen wo er gegen 6 Uhr ankommt. Ein zunehmender Halbmond steht gegen 21 Uhr im Westen; ein abnehmender Halbmond zur gleichen Zeit im Nordosten.
Ich hab jedenfalls keinen Mond gebraucht, um zurück ins Hotel zu finden. Aber es ist gut wissen, dass einem der Himmel weiterhelfen kann, wenn das Navi dann doch mal streikt (und wer ganz ausführlich über dieses Thema Bescheid wissen will, dem kann ich dieses Buch* nur ausdrücklich empfehlen).
Das findet momentan auch die US Navy. Jahrhundertelang war die astronomische Navigation eine traditionelle Fähigkeit, die alle Seeleute beherrschten. Dann aber kam GPS und dank der Satelliten im All konnte jeder mit einem simplen Navi die Position an einem Bildschirm ablesen. Auch die Navy strich die Orientierung an Sonne, Mond und Sternen im Jahr 2006 aus ihren Lehrplänen. Nur um sie jetzt wieder einzuführen. Denn die Technik ist nicht immer verlässlich. Satelliten können defekt werden. Computersysteme gehackt werden. GPS-Geräte können ausfallen. Der Himmel aber ist immer da! Das Universum fällt nie aus. Und wer weiß, wie man es zur Orientierung nutzt, ist auf alles vorbereitet. In der Kriegsmarine genau so wie beim Joggen durch unbekannte Gegenden!
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