Dieses Wechselspiel zwischen den beiden Kräften erzeugt Oszillationen. Der Druck treibt die Materie, die von der Gravitation nach innen gezogen wurde nun wieder nach außen. Allerdings nur die sogenannte “baryonische” Materie. So bezeichnet man die für uns normale Materie, also alles das, was keine dunkle Materie ist. Die wird, wie ich in Folge 25 der Sternengeschichten erzählt habe, ja nur durch Gravitation beeinflusst, aber nicht vom Strahlungsdruck des Lichts. Die dunkle Materie verbleibt also in den Zentren der Regionen höherer Dichte, die normale baryonische Materie wird dagegen durch den Druck nach außen getrieben. Die Wellen, die sich hier ausbreiten, sind im Wesentlichen Schallwellen. Das leere Vakuum mit dem wir das Universum heute immer in Verbindung bringen gab es damals noch nicht; die Materie war noch überall und die Dichtewellen die sich darin ausgebreitet haben verhielten sich so wie Schallwellen in der Luft, die ja auch nichts anderes sind, als Dichtewellen, die die Luft auf bestimmte Art und Weise komprimieren bzw. zum Schwingen bringen.

Weil es sich also um Schallwellen handelt, die die baryonische Materie betreffen hat dieses Phänomen den Namen “Baryonische akustische Oszillationen” bekommen. Dahinter steckt aber noch viel mehr als ein bisschen Bewegung in der Materie des frühen Universums! Die baryonisch akustischen Oszillationen sind ein enorm wichtiges Instrument für die Erforschung der Vorgänge in der Frühzeit des Kosmos.

Stellen wir uns so eine Dichtewelle vor, die sich im Universum ausbreitet. Eine Verdichtung in der Materie breitet sich kugelförmig vom Zentrum der ursprünglichen Region höherer Dichte aus. Das kann diese Dichtewelle aber nicht beliebig lange machen. Denn knapp 380.000 Jahre nach dem Urknall fand die sogenannte “Rekombination” statt. Von Anfang an hat sich das Universum ausgedehnt und je größer es wurde, desto kühler wurde es auch. Nach 380.000 Jahren war es so kühl, dass die Elektronen und die Atomkerne langsam genug waren, um sich endlich aneinander zu binden. Die ersten echten Atome konnten entstehen und die Elektronen waren nun nicht mehr andauernd dem Licht im Weg.

Erst jetzt konnte es sich frei und ungehindert ausbreiten; das Universum wurde durchsichtig! Die damals überall freiwerdende Strahlung können wir teilweise auch heute noch beobachten; es handelt sich dabei um die “kosmische Hintergrundstrahlung” über die ich in Folge 66 der Sternengeschichten mehr erzählt habe. Vor allem aber wurde durch die Expansion des Kosmos auch die Materie immer weniger dicht; die Schallgeschwindigkeit wurde immer geringer und zum Zeitpunkt der Rekombination fiel sie fast ganz auf Null zurück. Die Dichtewelle blieb nun also stehen, die kugelförmige Schale höherer Dichte breitete sich nicht mehr aus sondern blieb dort, wo sie zu diesem Zeitpunkt angekommen war.

Aus den kosmologischen Modellen mit denen wir die Entwicklung des Universums nach dem Urknall beschreiben kann man auch ausrechnen, wie weit die Dichtewelle in den knapp 380.000 Jahren gekommen ist: Ungefähr 500 Millionen Lichtjahre weit!

Aus der ursprünglichen Region höherer Dichte wurde nun also eine Kugelschale mit einem Radius von 500 Millionen Lichtjahre in der die Materie etwas dichter ist als anderswo und in deren Zentrum die übrig gebliebene dunkle Materie ebenfalls eine Region erhöhter Dichte formt.

Das ist natürlich nicht nur ein einziges Mal passiert, sondern viele Male überall dort wo im jungen Universum Gegenden mit einer höheren Dichte vorhanden waren. Das, was durch die baryonisch akustischen Oszillationen entstanden ist, kann man am besten mit vielen Steinen vergleichen, die man in einen See wirft. Jeder Stein erzeugt Wellen die sich ausbreiten und auf die Wellen treffen, die von den anderen Steinen produziert werden.

Nur das es im Universum keine Wasserwellen waren, sondern Verdichtungen in der Materie. Verdichtungen, die das Grundgerüst gebildet haben, um das herum sich der ganze Kosmos gebildet hat so wie wir ihn heute beobachten. Die Bereiche, in denen sich die Materie verdichtet hatte, haben auch einen höhere Anziehungskraft auf die restliche Materie ausgeübt. Dort strömte also immer mehr Material hin; dort bildeten sich die ersten Sterne und die ersten Galaxien.

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Kommentare (6)

  1. #1 schlappohr
    4. Dezember 2015

    Sind das innere der Kugelschalen die Voids? Oder werfe ich das jetzt durcheinander? Dann müsste die Filamentstruktur auf riesigen Skalen aus der Überlagerung vieler Kugelschalen entstanden sein. Das ist ja abgefahren.

  2. #2 Bullet
    4. Dezember 2015

    Das war gerade auch mein Gedanke …

  3. #3 AmbiValent
    4. Dezember 2015

    Die Gravitation der normalen Materie wirkt sich ja auch auf die dunkle Materie aus. Also sollte man erwarten, dass in der Mitte der Voids eine Region läge, in der die dunkle Materie etwas dichter ist, dann nähme auf dem Weg nach außen die Dichte zuerst ab und in der Nähe der Filamente in den Kugelschalen nähme sie wieder zu. Es wäre interessant, wenn man das nachmessen könnte.

  4. #4 Dampier
    4. Dezember 2015

    o_o

    geile Story.

  5. #5 Karl
    5. Dezember 2015

    Da schließe ich mich an Dampier. Nachdem ich letztens durch das Video hier https://www.youtube.com/watch?v=BUKKwyQLG2c die quantisierung von Elektronenniveaus verstanden habe denk ich mir bei dieser Folge auch WTF!!

  6. #6 Jens
    7. Dezember 2015

    Kann es sein, dass durch diese Dichtewellen im frühen Universum Gebiete entstanden deren Dichte so hoch war, dass sie zu schwarzen Löschern zusammen gestürzt sind? Diese damals entstandenen Schwarzen Löscher könnten heute im Zentrum der Galaxien als super massereiche scharze Löscher übrig geblieben sein.