Ringe die einen Planeten umgeben sind gar kein so seltenes Phänomen. Mindestens die Hälfte der Planeten in unserem Sonnensystem hat Ringe. Neben den allen bekannten Saturringen findet man sie auch bei Jupiter, Uranus und Neptun. Man kennt sogar einen Asteroid mit Ringen. Und sogar der Mars könnte eventuell noch unentdeckte Staubringe haben, wie ich in Folge 36 meines Sternengeschichten-Podcasts erklärt habe. Unsere Erde jedoch hat keine Ringe. Aber: Könnte die Erde Ringe bekommen? Was wäre dafür nötig? Wie würden sie aussehen? Eine interessante Frage und ideal für die “Fragen zur Astronomie”-Serie!
Bei den Ringen stellt sich zuerst die Materialfrage: Woraus könnten sie bestehen? Die Ringe des Saturn sind unter anderem deswegen so eindrucksvoll, weil sie zu einem großen Teil aus Eispartikeln bestehen. Das macht sie hell und gut sichtbar. Würden wir diese Eisringe aber irgendwie zur Erde transferieren, hätten wir nicht lange Spaß daran. Was fern der Sonne beim Saturn kein Problem ist, verschwindet in den sonnenäheren warmen Regionen schnell. Das Sonnenlicht würde dafür sorgen, dass das Eis sublimiert, sich also von Festkörpern in Gasmoleküle umwandelt. Und die UV-Strahlung würde die Moleküle in Atome aufspalten, die sich früher oder später verflüchtigen. Wir haben auf der Erde auch keinen Kryovulkanismus wie auf den Saturnmonden der regelmäßig für Nachschub sorgen könnte.
Wenn wir also Ringe haben wollen, müssen sie aus Gesteinsbrocken bestehen. Die würde man bekommen, wenn irgendwas in ausreichend viele kleine Stücke zerbrechen würde. Das wäre der Fall, wenn ein anderer Himmelskörper die sogenannte “Roche-Grenze” der Erde überschreitet. Unser Mond beispielsweise übt Gezeitenkräfte auf die Erde aus, die dadurch ständig ein klein wenig verformt wird (was wir aber hauptsächlich an der “Verformung” unserer Ozeane im Rahmen von Ebbe und Flut merken). Natürlich übt aber auch die Erde Gezeitenkräfte auf dem Mond aus und weil sie viel mehr Masse hat sind diese Kräfte auch stärker. Der Verformung des Mondes durch die Erde wirkt dessen eigene Gravitationskraft entgegen. Kurz gesagt: Die Erde versucht den Mond auseinander zu reißen, die Schwerkraft des Materials aus dem der Mond besteht versucht, alles zusammen zu halten.
Ist der Mond weit genug von der Erde entfernt, passiert ihm nichts. Kommt er ihr aber zu nahe, wird er zerstört. Der Abstand, bei dem das passiert, ist die Roche-Grenze. Bei Erde und Mond liegt diese Grenze bei einem Abstand von etwa 9500 Kilometer. Der Mond ist aber fast 400.000 Kilometer entfernt; da ist also noch genug Platz und er befindet sich weit außerhalb der Zone, in der er zerstört werden könnte. Und da sich der Mond im Laufe der Zeit ganz langsam von der Erde entfernt (das liegt ebenfalls an den Auswirkungen der Gezeitenkräfte) ist nicht damit zu rechnen, dass er sich irgendwann in einen Ring verwandelt.
Eventuell könnte aber irgendwann mal ein Asteroid oder Komet so nahe an der Erde vorbeifliegen, das er von ihr auseinander gerissen wird. Das muss dann aber auch ein entsprechend großes Objekt sein; bei kleinen Objekten wirken die Gezeitenkräfte nicht besonders gut (was man ja auch u.a. daran merkt, dass wir Ebbe und Flut in den Ozeanen bemerken, aber nicht zum Beispiel in der Badewanne). Es ist relativ unwahrscheinlich, dass ein Himmelskörper der groß genug ist genau im richtigen Abstand vorbei fliegt und dann auch noch die richtige Zusammensetzung hat, um ausreichend schnell von der Erde auseinander gerissen zu werden. Aber früher war das vielleicht anders.
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