Für die gibt es aber im deutschsprachigen Raum kaum ein Angebot. Und falls doch, dann wird es so gut versteckt, das es kaum jemand findet. Zum Beispiel die unter Beteiligung der Universität Rostock produzierte Serie „Sturm des Wissens“. Im Rahmen des Wettbewerbs „Stadt der Wissenschaft“ hat der Verein “Rostock denkt 365°” eine Serie von zehnminütigen Internetvideos erstellt, bei denen das Genre der „Soap Opera“ im wissenschaftlichen Kontext interpretiert bzw. parodiert wurde. Es geht um junge Menschen die an verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen in Rostock studieren und dabei nicht nur die für eine Soap Opera typischen Handlungsstränge durchleben, sondern dabei auch Wissenschaft und den Alltag an Universität und im Labor vermitteln. Es war eine durchaus aufwendige Produktion mit mehr als 100 Mitarbeitern und einem Budget von 120.000 Euro. Als ich von dieser Sache erfahren habe, war ich zuerst sehr begeistert. „Sturm des Wissens“ war zwar nicht unbedingt mit den englischsprachigen Wissenschaftsvideos auf YouTube vergleichbar, aber unzweifelhaft ein für den deutschsprachigen Raum origineller Ansatz, neue Zielgruppen für die Wissenschaft zu gewinnen.
Ich wollte die Serie in einem ausführlichen Artikel für mein Internetblog vorstellen. Und dort natürlich dann auch die entsprechenden Videos der ersten Folgen zeigen. Aber eine Suche auf YouTube blieb erfolglos. Weder dort noch auf anderen Videoplattformen waren die Folgen von „Sturm des Wissens“ zu finden. Es gab sie tatsächlich ausschließlich auf der Homepage des Projekts selbst zu sehen. Eine für mich überraschende und auch unverständliche Situation. Denn wenn es darum geht, möglichst viele Menschen zu erreichen und vor allem Menschen, die man normalerweise nicht erreichen würde, dann bringt es natürlich absolut überhaupt nichts, die Verbreitung der Videos auf diese Weise zu beschränken. Das Internet und die Videoszene lebt von der Möglichkeit, Inhalte schnell und unkompliziert teilen und verbreiten zu können. Das aber war hier nicht möglich. Wer andere auf diese neue Videoserie hinweisen wollte, konnte nur einen Link auf die Homepage des Projekts setzen. Aber genau das ist schon ein Link und eine Hürde zu viel. Ein Video, das – so wie bei YouTube & Co üblich – auf einer anderen Seite direkt eingebunden werden kann, beispielsweise in einem Bericht über die Serie, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit angeklickt als ein Link, der irgendwo anders hin führt und wo man unter Umständen erst noch weiter suchen muss, bis man das Video auch findet. Bis es so weit ist, haben viele das Interesse schon wieder verloren.
Hinzu kommt: Wer nicht extra darauf hingewiesen wird, die Homepage des Projekts anzuklicken wird von „Sturm des Wissens“ auch nicht erfahren. Die Serie wird nicht bei Suchanfragen innerhalb von YouTube (bzw. den anderen Videoplattformen) auftauchen – aber genau dort suchen die Leute nach Informationen, die nicht an den Inhalten der üblichen Medien interessiert sind!
Ich habe damals die Produzenten der Serie direkt angesprochen und nach den Gründen für ihre Entscheidung gefragt, die Videos ausschließlich auf der eigenen Homepage zu präsentieren. Meiner Erfahrung aus ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit ist dafür oft die Sorge verantwortlich, die „Kontrolle“ zu verlieren, wenn man die Videos frei verbreiten kann. Aber gerade wenn es um Videos geht, ist diese Angst eigentlich unbegründet. Das Video bleibt ja immer das gleiche, selbst wenn es auf YouTube oder anderswo erscheint. Man verliert auch keine „Klicks“ (die ja immer dort besonders wichtig sind, wenn es um Sponsoren und Werbung geht), denn die werden ebenfalls immer gezählt, wenn jemand das Video betrachtet und das ganz unabhängig davon, wo das passiert.
Der eigentliche Grund für die Entscheidung „Sturm des Wissens“ war dann aber ein ganz anderer und einer, der die Situation der deutschsprachigen Wissenschaftsvideos kaum besser illustrieren könnte. Die Produzenten hatten extra für die Serie eigene Musik komponieren lassen. Musik, die GEMA-pflichtig war. Und damit war es natürlich nicht mehr möglich, die Videos auf irgendeine sinnvolle Art und Weise zu verbreiten. Hinzu kamen diverse andere bürokratische Gründe, Einwände und Bedenken von den vielen Behörden, Ämtern und öffentlichen Einrichtungen die bei der Erstellung beteiligt waren und am Ende hatte man zwar eine prinzipiell attraktive Serie an Wissenschaftsvideos die aber vollkommen an der Realität des Internets vorbei produziert wurde.
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