Man vermutet derzeit also, dass die supersymmetrischen Teilchen allesamt schwerer sind als die normalen Teilchen und deswegen bis jetzt noch nicht entdeckt worden sind. Und hofft, dass sie in naher Zukunft in den verbesserten Teilchenbeschleunigern nachgewiesen werden können.
Aber warum braucht man die Supersymmetrie eigentlich? Nur weil sie so schön symmetrisch ist? Das ist einer der Gründe, den in der Wissenschaft ist man immer darauf aus, möglichst einfache und umfassende Erklärungen zu finden. Aber die Supersymmetrie würde, wenn sie existiert, auch einige sehr wichtige Probleme lösen. Da wäre zum Beispiel die Frage nach der dunklen Materie. Wir wissen ja, dass das Standardmodell der Teilchenphysik noch unvollständig sein muss. Denn wir wissen, dass es neben der normalen Materie auch noch eine andere Form von Materie gibt, deren Auswirkungen wir zwar beobachten können über deren Natur wir aber noch nichts wissen. Diese dunkle Materie, über die ich in Folge 25 der Sternengeschichten gesprochen habe, könnte aus supersymmetrischen Teilchen bestehen. Denn wenn es die Supersymmetrie gibt, dann sind die meisten dieser Teilchen zwar instabil, existieren also nur für kurze Zeit bevor sie sich in andere Teilchen umwandeln. Es muss aber ein sogenanntes “leichtestes supersymmetrisches Teilchen” geben, das nicht weiter zerfallen kann – und das hätte genau die Eigenschaften, die Teilchen der dunklen Materie haben müssten.
Die Supersymmetrie würde auch das Problem der Kopplungskonstanten lösen. Mit einer Kopplungskonstante beschreibt man, vereinfacht gesagt, wie stark eine Kraft wirkt. Und die Kräfte die wir kennen, sind alle unterschiedlich stark. Die Gravitation beispielsweise ist enorm schwach, was man ja auch daran erkennt, dass ein simpler Kühlschrankmagnet in der Lage ist, der Gravitation entgegen zu wirken, die von der gesamten Erde ausgeübt wird! Auch die anderen Kräfte die in den Atomen wirken und die von Gluonen und W- bzw. Z-Bosonen übertragen werden, haben unterschiedliche Stärken. Auch hier geht man wieder davon aus, dass dies gebrochenen Symmetrien zu verdanken ist. Ursprünglich sollten alle Kräfte gleich stark gewesen sein oder anders gesagt: Alle Kräfte sollten nur EINE KRAFT gewesen sein, erst als das Universum abkühlte haben sich die einzelnen heute beobachtbaren Kräfte herauskristallisiert.
Wenn man aber im Standardmodell der Teilchenphysik berechnet, bei welcher Temperatur die Kopplungskonstanten der Kräfte den gleichen Wert erreichen, kriegt man ein Problem. Das tun sie nämlich nie! Verwendet man dagegen das supersymmetrische Modell, dann treffen sie sich tatsächlich in einem einzigen Punkt und vereinheitlichen sich zu einer einzigen Kraft.
Es gäbe noch weiter Probleme, bei denen die Supersymmetrie weiter helfen könnte. Aber damit das auch klappt, müsste man jetzt wirklich bald die ersten neuen Teilchen entdecken. Wir haben schon einen großen Bereich möglicher Teilchenmassen abgesucht und nichts gefunden. Das heißt nicht, dass es sie nicht geben kann. Aber wenn sie noch schwerer sind, dann sind sie irgendwann so schwer, dass sie all die Probleme, für deren Lösung man die Supersymmetrie entwickelt hat, gar nicht mehr lösen können…
Die Supersymmetrie ist eine sehr elegante und vielversprechende Hypothese. Ob sie aber auch real ist oder nicht, muss sich erst herausstellen. Aber auch wenn sie falsch sein sollte: Irgendeine neue Theorie die über das Standardmodell der Teilchenphysik hinaus geht, ist auf jeden Fall nötig. Denn die offenen Fragen bleiben bestehen…
Kommentare (16)