Im Jahr 2012 haben Wissenschaftler um den Bonner Astronomen Mischa Schirmer Galaxienhaufen untersucht. Und dabei ein weiteres seltsam grünes Ding entdeckt. Es trägt den schönen Namen SDSS J224024.1−092748 und sieht so aus:
Farbe und Form haben die Forscher veranlasst, es als “Grüne-Bohnen-Galaxie” zu bezeichnen. Und weiter zu untersuchen! Denn wie schon gesagt – “Grün” ist in der Astronomie fast immer ein Zeichen dafür, dass man irgendwas interessantes vor sich hat. Die Astronomen haben die Datenbanken nach ähnlichen Objekten durchsucht und unter knapp einer Million Einträgen gerade mal 16 weitere gefunden. Das bedeutet, dass die “Grünen Bohnen” äußerst seltene Objekte darstellen. Im Durchschnitt findet man nur eines davon pro 1,3 Milliarden Kubiklichtjahre!
In ihrer Arbeit (“A sample of Seyfert-2 galaxies with ultra-luminous galaxy-wide NLRs — Quasar light echos?”) gehen die Astronomen davon aus, dass es sich dabei um Ionisationsechos von Quasaren handelt. Also um Galaxien die – im Gegensatz zu den Erbsen – aktive schwarze Löcher in ihren Zentren besitzen. In deren Umgebung wird jede Menge hochenergetische Strahlung freigesetzt, die interstellares Gas ionisiert und grün leuchten lässt. Aber: In der von Schirmer entdeckten Galaxie ist das zentrale schwarze Loch den Beobachtungen zu Folge nicht sooo aktiv. Das grüne Leuchten ist also nur ein “Echo”; es stammt von Strahlung, die vom aktiven Galaxienkern früher mal ausgesandt wurde. Diese Strahlung braucht Zeit, um bis zum Gas zu gelangen und wir sehen jetzt nur noch ein letztes Nachleuchten des ehemals aktiven schwarzen Lochs. Weil es sich also um ein temporäres Phänomen zu handeln scheint ist es auch nicht verwunderlich, wenn die grünen Bohnen so selten sind.
Aber interessant sind sie trotzdem: Denn sie zeigen uns, wie aktive Galaxien sich “abschalten” und zu Galaxien mit ruhigen Zentren werden, wie ja auch unsere Milchstraße eine ist. Die Hülsenfrüchte sind also auch hier eine wichtige Möglichkeit, mehr über die Evolution der Galaxien im Universum zu verstehen.
Nach Erbsen und Bohnen brauchen wir für ein ordentliches Hülsenfrüchtegericht jetzt noch die Linsen! Die gibt es in der Astronomie natürlich haufenweise. Die Linsen waren es überhaupt erst, die die moderne Astronomie möglich gemacht haben. Allerdings nicht die pflanzliche Version sondern die Linsen aus Glas, aus denen im 17. Jahrhundert die ersten Teleskope gebaut worden sind. Ihren Namen haben die optischen Bauteile von der Form, die sie sich mit den Hülsenfrüchten teilen. Aber über Teleskope will ich jetzt gar nicht sprechen (habe ich ja außerdem schon hier getan). Bleiben wir lieber bei den Galaxien. Denn dort gibt es selbstverständlich auch Linsen!
Alle die sich mit Galaxien beschäftigen kennen das berühmte Hubble-Stimmgabeldiagramm. Es wurde vom berühmten Edwin Hubble im Jahr 1936 entwickelt und teilt die Galaxien anhand ihrer Form in verschiedene Gruppen ein (siehe dazu auch hier). Da sind zuerst die elliptischen Galaxien, die je nachdem wie stark sie von der Kreisform abweichen in die Klassen E0 bis E7 eingeteilt werden. Danach teilt sich die Sequenz in die beiden Arme der “Stimmgabel”. Den einen Ast bilden die Spiralgalaxie in den Klassen Sa, Sb und Sc (je nach Form der Spiralarme); den anderen die Balkenspiralgalaxien (zu denen auch unsere Milchstraße gehört). Genau am Schnittpunkt der Äste findet man aber noch eine besondere Gruppe von Galaxien, die man “S0” nennt. Beziehungsweise “Lentikulargalaxie” oder “Linsengalaxie”.
Die Linsengalaxien sind ein Übergangsstadium zwischen den Elliptischen und den Spiralgalaxien. Allerdings nur was die Morphologie angeht! Die Hubble-Sequenz im Diagramm bildet keinen evolutionären Vorgang ab (auch wenn man das früher manchmal vermutet hatte). Es ist nicht so, dass sich elliptische Galaxien im Laufe der Zeit über die Linsengalaxien hin zu Spiralen bzw. Balkenspiralen entwickeln! Eher im Gegenteil: Wenn zwei Spiralgalaxien kollidieren und verschmelzen, entsteht daraus im Allgemeinen eine Elliptische.
Wie genau die Linsengalaxien entstehen ist noch nicht völlig klar. Es ist möglich, dass sie ebenfalls durch die Verschmelzung zweier anderer Galaxien gebildet werden. Wahrscheinlicher ist aber, dass es sich um “ausgelaugte” Spiralgalaxien handelt. Wenn die all ihr Gas in den Spiralarmen im Zuge der Sternentstehung aufgebraucht haben, dann verschwinden die Arme im Laufe der Zeit und übrig bleibt nur noch die schmale Linsengalaxie.
Hülsenfrüchte sind also eine sehr lohnenswerte Sache, nicht nur am Feld und in der Küche, sondern auch in der Astronomie.
(Und warum Pythagoras und seine Anhänger die Bohnen so sehr verachtet haben bleibt mir daher unverständlich. Kein Wunder, dass die alten Griechen so seltsame Vorstellung vom Universum hatten, wenn sie die Hülsenfrüchte so ignorieren…)
Ich wünsche euch jedenfalls viel Spaß in den letzten Tagen im Jahr des Lichts und noch viel mehr Spaß im kommenden Jahr der Hülsenfrüchte. Bis bald und guten Appetit!
P.S. Und wenn ihr noch weitere Verbindungen zwischen Astronomie und Hülsenfrüchten kennt: Immer her damit! (Zur Not nehme ich aber auch einfach ein paar gute Kochrezepte…)
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