Dieser Artikel ist Teil einer Serie, in der ich das Buch “Was ich jahrzehntelang verschwiegen habe”* von Erich von Däniken bespreche. Die bisher erschienenen Teile der Serie sind hier zu finden. Eine ausführliche Erläuterung zum Sinn und der Vorgehensweise meiner Rezension ist hier nachzulesen.
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Nach den UFOs im ersten Kapitel und der “Wahrheit” über Jesus in Kapitel 2 gibt es auch im dritten Kapitel von Dänikens “Enthüllungsbuch” nichts wirklich Neues. In “Ägyptische Verbindungen” geht es wieder einmal um die Pyramiden.
Die sind ja seit dem 19. Jahrhundert eine Standardzutat jeder pseudowissenschaftlichen/esoterischen Hypothese. Die großen Dinger aus Ägypten stecken angeblich voller Geheimnisse, mysteriöser Codes, kosmischer Energie, unbekannten Schätzen und wurden selbstverständlich niemals nicht von Menschen errichtet, sondern von Außerirdischen…
Däniken beginnt seine Geschichte aber mit einer etwas seltsamen Anekdote. Er erzählt, wie er Anfang der 1950er Jahre zu Bekannten nach Ägypten reiste, dort von bösen Hunden angegriffen wurde und nur überlebt hatte, weil ihm eine geheimnisvolle Stimme in seinem Kopf erklärt hatte, wie eine bestimmte Tür zu öffnen sei. Dieses “Mysterium” beschäftigt ihn angeblich bis heute – recht viel mehr dazu ist aber im Buch nicht zu erfahren. Stattdessen werden die alten Geschichten über die Pyramiden aufgewärmt.
Däniken erzählt von seinem Besuch in der unvollendeten Sechemchet-Pyramide, die erst 1954 geöffnet wurde und als einziges noch unversehrtes ägyptisches Königsgrab galt. Im dortigen Sarkophag fand sich allerdings keine Mumie; er war leer.
Bei seiner Beschreibung der Geschichte erkennt man eine weitere in der pseudowissenschaftlichen Szene übliche Argumentationstaktik: Das Argumentum ad ignorantiam” bzw. das “Argument durch Nichtwissen”.
“Weshalb sollten Pharaonen Scheingräber angelegt haben?”
fragt sich Däniken und weil er sich nicht vorstellen kann, warum sie das getan haben, folgert er dass sie es deswegen auch nicht getan haben können. Stattdessen handelt es sich laut Däniken bei der Pyramide und dem leeren Sarkophag um eine Art “Schlafkammer” in der kranke/verletzte Alien-Astronauten auf die Ankunft ihres Mutterschiffs warteten.
Die gleiche Argumentation nutzt Däniken bei den Schächten in der Cheopspyramide die von seinem Freund dem Grafikdesigner Rudolf Gantenbring auf nicht unbedingt professionelle Art und Weise “erforscht” wurden. Gantenbrink und sein kleiner Roboter der durch die Schächte kroch spielen in Dänikens Buch eine große Rolle; die Arbeit der echten Archäologen und deren Roboter (zB der hier) tauchen dagegen nicht auf. Und natürlich müssen die Schächte laut Däniken irgendeinen mysteriösen Zweck gehabt haben. Denn immerhin wissen die Archäologen immer noch nicht exakt, wozu sie gut waren. Und aus Unwissen folgen bei Däniken immer Aliens…
Das “Argument durch Nichtwissen” ist nicht nur bei Däniken sehr beliebt. Es taucht auch auf, wenn es um Leute geht, die Einsteins Relativitätstheorie oder die Quantenmechanik widerlegen wollen (“Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktioniert, also muss es falsch sein!”) oder auch gerne bei religiösen Fundamentalisten die Probleme mit der Evolutionstheorie haben (“Die Biologie hat X noch nicht vollständig verstanden. Also muss Gott existieren!”).
Vielleicht haben ja wirklich Aliens an den Pyramiden herumgewerkt. Ausschließen kann man so was nie. Vor allem deswegen, weil niemand auch nur irgendeine Ahnung hat, ob es irgendwo Aliens gibt und was die so treiben, falls es sie geben sollte. Aber aus der Tatsache, dass man eine Erklärung nicht absolut ausschließen kann folgt nicht, dass sie 1) wahrscheinlich oder 2) gar richtig ist. Ganz besonders nicht bei einer Erklärung wie “Aliens” die eigentlich gar nichts erklärt. Denn mit dem Argument durch Nichtwissen kann man so gut wie alles als Werk von Aliens deklarieren. Mein Handy funktioniert nicht mehr? Die Straßenbahn kommt zu spät? Das Wetter ist mies? Klar, dafür gibts jede Menge normale Erklärungen. Aber niemand kann absolut ausschließen, dass Aliens mein Handy gestört, die Straßenbahn aufgehalten und das Wetter manipuliert haben!
Wenn man die Grenzen seiner eigenen Vorstellungskraft zu den absoluten Grenzen der Realität erhebt, dann kann das nie gut gehen. Echte Wissenschaft ist nicht statisch. Sie entwickelt sich ständig weiter. Und währenddessen stößt man eben immer wieder auf Dinge, die man (noch) nicht versteht. wenn man das nicht akzeptiert, wird man auf ewig im eigenen Kopf gefangen bleiben…
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