Als ich letzte Woche in meinem Podcast über Berge auf dem Mars gesprochen habe, wurde mir dabei auch eine Frage gestellt, die mir in diesem Zusammenhang oft gestellt wird: Wie misst man eigentlich die Höhe eines Bergs auf dem Mars? Dort gibt es ja keinen “Meeresspiegel” auf den man die Höhe beziehen kann? Eine gute Frage und deswegen ist sie heute auch das Thema in meiner Serie “Fragen zur Astronomie”.

Der Meeresspiegel - hier ohne Meer (Bild: Berthold Werner, gemeinfrei)

Der Meeresspiegel – hier ohne Meer (Bild: Berthold Werner, gemeinfrei)

Auf der Erde ist einfach: Man misst die Höhe in Bezug auf den Meeresspiegel. Aber einfach ist das nur scheinbar. Die Erde ist keine perfekte Kugel und es gibt Unterschiede, je nachdem auf welchen Punkt der Meere man sich bezieht. Die Details sind kompliziert und eine eigene Wissenschaft (die “Geodäsie”). In Deutschland zum Beispiel ist die Bezugsfläche das Normalhöhennull; das aktuell gültige Höhensystem trägt den schönen Namen DHHN92 und wird von einer kleinen Kirche in Niedersachsen aus gemessen. In Österreich bezieht man Höhen auf die Adria (genauer: auf einen Pegelstand der 1875 in Triest festgelegt wurde) und in der Schweiz ist ein Pegelstand in Marseille Ausgangspunkt der Höhenmessungen. Das führt natürlich auch zu unterschiedlichen Werten; wenn zum Beispiel das deutsche und das österreichische System an den Landesgrenzen aufeinander treffen, weichen die Höhenangaben bis zu 34 Zentimeter voneinander ab (und der Unterschied zwischen Österreich und Ungarn kann fast doppelt so groß werden).

Die Festlegung der Bezugspunkte ist also knifflig, aber auf anderen Planeten wird es noch ein wenig komplizierter. Der Mars ist ein Himmelskörper mit hohen Bergen und tiefen Tälern – aber ohne Ozean. Aber natürlich gibt es dort auch Möglichkeiten, eine Bezugsfläche zu definieren. Unser Nachbarplanet hat ja zumindest noch eine, wenn auch dünne, Atmosphäre die in diesem Fall nützlich ist. Lange Zeit wurde die Fläche als “Meeresniveau” benutzt, auf der der atmosphärische Druck 610,5 Pascal beträgt. Das ist auf dem Mars der Tripelpunkt des Wassers; also der Druck, bei dem Wasser sowohl fest, als auch flüssig und gasförmig existieren kann. Mittlerweile hat man sich aber für eine andere Technik entschieden. Dank der vielen Daten die wir vom Mars haben, haben wir auch eine recht gut Vorstellung seiner Geografie.

Unter anderem das Mars Orbiter Laser Altimeter hat zwischen 1997 und 2006 extrem genaue Höhenmessungen angestellt. Aus diesen Daten wurde ein Referenzellipsoid berechnet, also ein Ellipsoid, das möglichst wenig von der realen Form des Mars abweicht. Dieses Ellipsoid wird nun aktuell als Bezugspunkt für Höhenmessungen angegeben (die Details kann man in dieser Facharbeit nachlesen).

Marshöhen, vermessen von MOLA (Bild: NASA/JPL/GSFC)

Marshöhen, vermessen von MOLA (Bild: NASA/JPL/GSFC)

Beim Mond hat man das Problem ähnlich gelöst. Hier fehlen sowohl Ozeane als auch Atmosphäre weswegen man einen durchschnittlichen Radius berechnet hat, der als Bezugspunkt für Höhenangaben verwendet wird. Statt eines Ellipsoids ist es hier also eine Sphäre, die man der realen Form des Himmelskörpers angenähert hat; genau so wie bei Merkur und Venus.

Auf anderen Himmelskörpern ist es also nicht viel schwerer eine Bezugsfläche für Höhenangaben zu finden als auf der Erde. Genaugenommen ist es sogar einfacher: Da all diese Objekte unbewohnt sind, gibt es auch keine Menschen, die im Laufe der Zeit so viele unterschiedliche Methoden entwickelt haben wie es auf der Erde der Fall war. Und auch nicht die Probleme, die all die unterschiedlichen Konventionen verursachen. Aber wer weiß, wie sich die Sache entwickelt, wenn wir irgendwann doch einmal andere Planeten besiedeln sollten. Wahrscheinlich machen wir dann alles wieder enorm kompliziert 😉

Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.

Kommentare (9)

  1. #1 Theophil
    21. März 2016

    Wunderbar. Genau diese Frage hatte ich mir beim Anhören des Podcasts gestellt. Danke. :o)

  2. #2 Florian S.
    21. März 2016

    Wenn es keinen Meeresspiegel gibt, auf den man die Höhe beziehen kann, warum möchte man dann eigentlich trotzdem eine solche “Referenzhöhe” definieren? Im Prinzip würde es doch ausreichen, den tiefsten Punkt (= kleinster Radius) zu finden und diesen als Refererenz (= 0 m) zu nehmen. Auf einer Erde ohne Wasser wäre dies beispielsweise der Mariannengraben, und der höchste Punkt (größter Radius vom Erdmittelpunkt) der Chimborazo in Ecuador.

  3. #3 Janurai
    21. März 2016

    Dazu müsste man bei einem neu entdeckten Planeten ja erstmal rausfinden, wo genau der tiefst Punkt ist – wahrscheinlich nicht so einfach. Wenn man den Mariannengraben als 0 Punkt nimmt wären ausserdem alle Höhenangaben auf der für Menschen relevanten Höhe ziemlich länglich und ausserdem auf den ersten Stellen nahezu identisch – das ist auch unpraktisch.

  4. #4 Alderamin
    21. März 2016

    @Florian S.

    Es gibt auf der Erde flachen ozeanischen Boden, der sich ständig erneuert, und kontinentale Platten, die sehr alt sind und auf der Erdkruste oben aufschwimmen. Auf den Platten gibt es Berge und in den ozeanischen Böden Gräben (z.B. den berühmten Marianengraben, wo sich die tiefste Meerestiefe befindet). Und Vulkane, die sich daraus erheben. Der höchste Berg in Bezug auf den umliegenden Meeresboden ist übrigens der hawaiianische Vulkan Mauna Kea.

    Im Schnitt steht das Meerwasser rund 3800 m hoch über dem ozeanischen Boden, und nur wenig höher als die flachen Schelfgebiete der kontinentalen Platten (die Nordsee ist im Schnitt keine 100 m tief und lag in der Eiszeit auch schon mal größtenteils trocken). Siehe etwa diese Graphik.

    Man könnte auf einer Welt wie der Erde, aber ohne Wasser, den Nullpegel auf die niedrigste Höhe der kontinentalen Platten legen. Oder sonstiger ausgedehnter Flächen, wie z.B. dem mittleren Boden des Atlantik oder Pazifik.

  5. #5 Christian Berger
    21. März 2016

    Das mit dem “tiefsten Punkt” ist schwierig, da man zum Einen ja nie weiß, ob es denn nicht irgendwo einen tieferen Punkt gibt der vielleicht noch _viel_ tiefer ist, zum Anderen weil man da ja nur eine Messung hat.

    Eine “Durchschnittshöhe” anzugeben ist da deutlich genauer. Da mittelt man viele Werte und kommt dann zu ein paar Zahlen die den Referenzkörper bestimmen. Da man Mittelwerte hat, ändern sich die nicht groß wenn man genauere Messwerte hat.

  6. #6 griesl
    21. März 2016

    Also, da sich Nordostdeutschland bzw Nordeuropa hebt und Teile Niedersachsens absinken, steigt der Meeresspiegel ?! 😀

  7. #7 Artur57
    22. März 2016

    Da fällt ja eins auf: auf dem oberen linken Bild sind die “Landmassen” (rot und gelb) mit Kratern übersät, während das blaue “Meer” nur ganz wenige hat. Dafür nur ganz große. Deutet das nicht auf ein ehemaliges Meer hin, das alle Meteoriten fern hielt, bis auf die großen, die es zum Meeresgrund schaffen?

    Auf der Ansicht unten rechts sind die Krater der Landmassen durch Vulkane überdeckt. Dafür sieht es irgendwie nach einem Flussdelta aus.

    Hat das etwas zu sagen?

  8. #8 Florian Freistetter
    22. März 2016

    @Artur57: “Deutet das nicht auf ein ehemaliges Meer hin, das alle Meteoriten fern hielt, bis auf die großen, die es zum Meeresgrund schaffen? “

    Hast du den Podcast gehört/den Text gelesen? Da habe ich eigentlich erklärt, wie die Strukturen auf dem Mars entstanden sind.

  9. #9 Dampier
    22. März 2016

    @Florian

    Beim Mond hat man das Problem ähnlich gelöst. Hier fehlen sowohl Ozeane als auch Atmosphäre weswegen man einen durchschnittlichen Radius berechnet hat, der als Bezugspunkt für Höhenangaben verwendet wird.

    Aber woran macht man das fest? Ich brauche dann ja wieder einen festen Bezugspunkt für die genaue Positionierung der virtuellen Mondsphäre.
    Wie weiß ich an einem gegebenen Punkt auf der Mondoberfläche, auf welcher Höhe die gedachte Sphäre die Landschaft schneidet?