Heute vor 55 Jahren flog Yuri Gagarin als erster Mensch ins Weltall. Wenn es in der Geschichte der Menschheit einen wirklich historischen Moment gegeben hat, dann diesen. Das erste Mal ist etwas grundlegend Neues passiert. Das erste Mal befand sich ein Mensch nicht mehr auf dem Planeten, auf dem sich die gesamte bisherige Menschheit aufgehalten hat. Das erste Mal hat sich ein Angehöriger unserer Spezies in eine fundamental andere und fremde Umgebung aufgemacht. Das erste Mal haben wir probiert, das absolut menschenfeindliche Weltall zu erreichen und zu sehen, was sich dort befindet. Es war ein großer Moment und vermutlich eines der wenigen Ereignisse, das nicht vergessen werden wird – egal wie lange es uns Menschen noch gibt.
Aber was haben wir mit diesem Moment angestellt? Nicht viel. Oder sehr viel, je nachdem wie man es betrachten will. Der Weltraum ist mittlerweile ein klein wenig bekannter geworden. Wir haben Raumsonden zu den Planeten in unserer Nähe geflogen; jede Menge wichtige und interessante Dinge herausgefunden. Wir haben eine (noch) dauerhafte Präsenz im unmittelbar erdnahen Weltraum aufgebaut und unsere Industrie und Zivilisation ist heute von den technischen Geräten abhängig, die unseren Planeten umkreisen.
Technik und wissenschaftliche Erkenntnisse sind das eine. Der menschliche Entdeckerdrang das andere. Ich bin absolut kein Feind der unbemannten Raumfahrt. Sie ist in der Lage Dinge zu leisten, die wir Menschen nicht leisten können und kann Orte erreichen, die wir niemals erreichen könnten.
Aber wenn wir mehr wollen als nur den Status Quo zu erhalten, müssen wir auch selbst in den Weltraum aufbrechen. Wirklich aufbrechen und nicht nur ein paar hundert Kilometer in der Nähe der Erde herumfliegen. Warum die bemannte Raumfahrt wichtig ist, habe ich früher schon einmal sehr ausführlich erklärt. Aber seit Yuri Gagarins ersten Schritt ist nicht mehr viel passiert.
Am 12. April 1961 ist er mit seinem Raumschiff Wostok 1 ins All geflogen und hat sich knapp 320 Kilometer von der Erdoberfläche entfernt. 9 Jahre später, im April 1970 ist die Besatzung von Apollo 13 am Mond vorbei geflogen und hat mit sich einem Abstand von 400.171 Kilometern weiter von der Erde entfernt als alle Menschen vor und nach ihnen. Mittlerweile sind wir wieder fast auf dem Niveau von 1961 angelangt und nur noch auf der Raumstation in höchstens 400 Kilometer Entfernung aktiv.
In 55 Jahren haben wir also knapp 400.000 Kilometer im All hinter uns gebracht. Das ist eine Geschwindigkeit von etwa 7270 Kilometer pro Jahr. Beziehungsweise 0,8 km/h. Oder fast 14 Meter pro Minute. Nicht sonderlich schnell. Wenn wir so weiter machen, erreichen wir den durchschnittlich 225 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Mars erst in knapp 31.000 Jahren.
Natürlich ist diese Rechnung nur Spielerei. Aber sie macht zumindest deutlich, dass wir lange nicht mehr so aufbruchswillig sind wie noch vor ein paar Jahrzehnten. Der Besuch im erdnahen Weltraum ist Alltag geworden; die unbemannten Missionen zu anderen Planeten ebenfalls. Aber wir könnten so viel mehr erreichen. Wir könnten selbst zu Mars fliegen. Oder auch noch weiter hinaus. Wir könnten. Wenn wir wollten. Aber wir wollen anscheinend nicht mehr stark genug. Es wäre nicht einfach. Es wäre nicht billig (aber so viel billiger als all der andere Unsinn für den wir mehr als genug Geld übrig haben: Glücksspiel auf Finanzmärkten, Kriege, etc). Aber es wäre nicht unmöglich.
Wir müssten es nur wollen. Yuri Gagarin ist schon lange tot. Seine Leistung wird bis zum Ende der Menschheit weiter bestehen. Vielleicht erinnern wir uns an sie als ein kurzes Aufflackern des menschlichen Entdeckerdrangs. Vielleicht denken wir in Zukunft an Yuris Flug aber auch als den ersten Schritt einer Entwicklung, die das Fundament unserer Spezies nachhaltig und grundlegend verändert hat. Wir müssen es nur wollen.
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