Phosphor gehört zu den chemischen Elementen ohne die es kein Leben geben kann. Trotz dieser enormen Bedeutung ist die Geschichte seiner Entdeckung nicht unbedingt glamourös sondern eher ein wenig eklig. Dafür ist die Art und Weise wie der Phosphor auf die Erde kam, ziemlich spektakulär!
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Transkription
Sternengeschichten Folge 183: Der lebenswichtige Phosphor
Phosphor gehört zu den chemischen Elementen, die für Lebewesen absolut essentiell sind. Ohne Phosphor könnten wir nicht existieren. Phosphor-Verbindungen bilden die Grundlage der DNA und sind als Adenosindiphosphat bzw. Adenosintriphosphat (ATP) Teil der Energieversorgung in den Zellen. Aus chemischer Sicht ist Phosphor ein Element mit der Ordnungszahl 15, hat also einen Atomkern mit 15 Protonen. In der Natur kommt der Phosphor allerdings nicht in reiner Form vor, sondern nur in Verbindung mit anderen Elementen. Meistens in verschiedenen Mineralien, aber auch im Kot von Meeresvögeln, dem sogenannten Guano.
Angesichts seiner Bedeutung für das Leben ist der Phosphor auf der Erde aber erstaunlich selten. Für jedes Phosophoratom findet man in den Ozeanen der Erde 49 Millionen Wasserstoffatome. Das ist deutlich weniger als die universale Häufigkeit: Man schätzt das im gesamten Universum ein Phosphoratom auf 2,8 Millionen Wasserstoffatome kommt. Und noch viel weniger, als man in Lebewesen finden kann: Bakterien zum Beispiel enthalten nur 72 Wasserstoffatome für jedes Phosphoratom.
Wie wichtig der Phosphor für das Leben ist, hat der berühmte Wissenschaftler und Autor Isaac Asimov 1974 so formuliert: “Leben kann sich ausbreiten bis der ganze Phosphor verschwunden ist. Dann stoppt die Ausbreitung unweigerlich und nichts kann das verhindern.”
Phosphor war auf der Erde von Anfang an zu finden, aber meist – so wie heute immer noch – in einer Form die für das Leben nicht direkt verwertbar ist. Man hat daher schon länger vermutet, dass in der Frühzeit der Erdgeschichte andere Phosphorquellen zur Verfügung gestanden haben müssen, die die Entstehung des Lebens überhaupt erst ermöglicht haben. Heute geht man davon aus, dass Meteoriteneinschläge genau diese Quelle darstellen könnten.
Unser Planet entstand zwar – so wie auch alle anderen Himmelskörper – vor 4,5 Milliarden Jahren aus jeder Menge kleiner Felsbrocken die sich zu immer größeren Objekten zusammengefunden haben. Vergleicht man aber die Zusammensetzung der heutigen Erde mit den Asteroiden, dann gibt es deutliche Unterschiede. In einem so großen Himmelskörper wie der Erde laufen ganz andere geochemische Prozesse ab als auf den kleinen Felsbrocken im kalten All. Dort findet man daher auch ganz andere Mineralien und eben auch andere Phosphorverbindungen. Untersuchungen an Meteoriten haben gezeigt, dass sie zum Beispiel deutlich mehr Verbindungen von Eisen, Nickel und Phosphor enthalten, die auf der Erde extrem selten sind.
Zusammen mit Wasser kann dieses Phosporhaltige Mineral eine andere Verbindung mit Sauerstoff eingehen und sogenannte Pyrophosphate bilden. Die gehören genau zu den Stoffen, die für das Leben von großer Bedeutung sind. Man geht heute davon aus, dass sie tatsächlich erst durch Meteoriteneinschläge in der Nähe von Wasser auf der jungen Erde entstanden sind und so die Grundlage für die Entstehung des Lebens geschaffen wurden.
Die Asteroideneinschläge, die wir heute in Hollywoodfilmen und Science-Fiction-Bücher immer nur als große Katastrophen kennen, waren früher also maßgeblich daran beteiligt, dass auf der Erde überhaupt Leben existieren kann.
Trotzdem hat es lange gedauert, bis man dieses Element überhaupt entdeckt hat. Und die Person, die den Phosphor fand, war eigentlich auf der Suche nach etwas ganz anderem. Hennig Brand lebte im 17. Jahrhundert und war ein Apotheker aus Hamburg. Er war aber nicht nur Apotheker, sondern auch Alchemist. Die Chemie als seriöse Naturwissenschaft wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht. Man wusste zwar, dass verschiedene Stoffe sich unterschiedlich verhalten und sich auf unterschiedliche Weise miteinander verbinden können. Aber man hatte noch so gut wie keine Ahnung, warum das so war und dachte, wenn man nur die richtigen Rezepte fände, könnte man alles in alles verwandeln. Zum Beispiel eben auch unedle Metalle wie Blei oder Eisen in edles und wervolles Gold. Nach genau diesem Rezept – dem “Stein der Weisen” – suchte auch Brand bei seinen Experimenten.
Die Chemiker bzw. Alchemisten der damaligen Zeit waren nicht zimperlich was ihre Versuche anging. Sie verwendeten alles dafür, egal wie absurd es erscheinen mochte. Und Brand kam dabei auf eine ganz besonders absurde Idee: Er nutzte menschlichen Urin als Ausgangsstoff für seine Experimente. Obwohl die Sache aus der damaligen Sicht auf die Welt gar nicht so absurd erscheint. Man sah überall Zusammenhänge zwischen dem Mensch und dem Kosmos; zwischen der Erde und dem Himmel. Jedem damals bekannten Himmelskörper war beispielsweise ein eigenes Element zugeordnet: Gold der Sonne, Silber dem Mond, Eisen dem Mars, Quecksilber dem Merkur, und so weiter. Mikrokosmos und Makrokosmos standen im Denken der Alchemisten in enger Verbindung und man sah den menschlichen Körper als Modell für die gesamte Schöpfung an.
Im Körper wird Nahrung nach den gleichen alchemistischen Prozessen umgewandelt, die auch überall sonst im Universum ablaufen, dachte man. Die Ausscheidungen wären demnach auch nicht unbedingt unbrauchbarer und ekliger Dreck, sondern eher eine Annäherung an den Urzustand der Materie, aus der alles ursprünglich hervor geht. Also genau die Art von “erster Materie” nach der die Alchemisten suchten und mit deren Hilfe sie das Geheimnis der universalen Umwandlung von allem in alles lösen wollten. Wenn Brand also menschlichen Urin untersuchte, dann war das aus der damaligen Sicht nicht absurd, sondern eher so wie wenn Biologen heute an Stammzellen forschen und daraus neue Organe züchten wollen. Im Urin hoffte Brand den Stoff zu finden, aus dem alles hervor ging und mit dem er alles verwandeln konnte.
Also sammelte der Apotheker Urin – vermutlich seinen eigenen – und machte seine Experimente. Er kochte den Urin so lange, bis nur noch ein schwarzer Rückstand übrig blieb, den er monatelang eintrocknen ließ. Nach weiteren – wahrscheinlich nicht unbedingt wohlriechenden – Experimenten, hatte er eine weiße, wachsartige Substanz vor sich, die im Dunklen leuchtete. Brand nannte den Stoff selbst “kaltes Feuer” und später bekam die Substanz den Namen phosphorus, vom griechischen Wort für “Lichtträger”.
Phosphor war das erste chemische Element das tatsächlich entdeckt wurde und nicht immer schon bekannt war. Es ist auch das erste Element, dessen Entdecker namentlich bekannt ist. Brand wurde durch seine Experimente leidlich berühmt und der Phosphor ein wichtiger Rohstoff für die Industrie. Er wurde zur Produktion von Streichhölzern benutzt, aber auch als Material für Brandbomben. Heute ist er unabdingbar als Düngemittel in der Landwirtschaft und muss zum Glück schon längst nicht mehr aus Urin hergestellt werden.
Aber wer weiß – vielleicht müssen wir bald wieder auf Brands alte Methode zurück greifen. Denn die wirtschaftlich abbaubaren Phosphorvorkommen auf der Erde sind eng begrenzt. Das meiste davon – über ein Drittel – findet man in Marokko; ein Viertel in China und den Rest in Jordanien und Südafrika. Und man schätzt, dass diese Vorkommen nur noch für ein paar Jahrzehnte reichen. Ein paar neue Lagerstätten hat man mittlerweile gefunden so dass wir vermutlich noch ein wenig länger auskommen. Und im Wasser gibt es auch noch jede Menge Phosphor – nur weiß man hier bis jetzt noch nicht, wie man ihn ökonomisch vernünftig dort heraus bekommt.
Und natürlich bleiben noch die Asteroiden. Draußen im All gibt es jede Menge Phosphor. Wir müssten uns nur endlich aufraffen, eine ernsthafte Raumfahrt betreiben und die Rohstoffe außerhalb der Erde abbauen. Ansonsten bleibt uns irgendwann wirklich nur noch der Urin…
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