Der Mars hat gleich zwei Monde. Die sind zwar viel kleiner als unser Mond, aber nicht weniger interessant. Deimos liegt unter einer dicken Schicht Staub begraben; Phobos hat einen Krater der fast so groß wie der ganze Mond ist. Früher einmal dachte man, es könnte sich vielleicht um eine Raumstation halten. Und wir Menschen machen vielleicht sogar irgendwann mal eine daraus…
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Transkription
Sternengeschichten Folge 191: Die Marsmonde Phobos und Deimos
Der Mars ist ein ganz besonderer Planet. Er hat gleich zwei Monde. Das mag vielleicht nicht so besonders wirken, wenn man die großen Gasplaneten des äußeren Sonnensystems betrachtet. Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun haben jeweils Dutzende Monde, wie ich schon in Folge 16 der Sternengeschichten erzählt habe. Aber die vier kleinen, inneren Planeten des Sonnensystems sind eher dürftig mit Monden ausgestattet. Merkur und Venus haben gar keinen und unsere Erde nur einen.
Der Mars dagegen hat zwei; von ihrer Existenz wissen wir allerdings noch gar nicht so lange. Entdeckt wurden sie im August 1877 vom amerikanischen Astronom Asaph Hall. In diesem Jahr standen sich Mars und Erde besonders nahe und Astronomen nutzten die Gelegenheit um unseren Nachbarplaneten so genau zu beobachten wie nie zuvor. Vom United States Naval Observatory in Washington aus tat das damals auch Hall und am 12. August 1877 entdeckte er einen Mond der den Mars umkreiste.
Es war kein Wunder, das man ihn so lange übersehen hatte. Er war klein, nur wenig mehr als 10 Kilometer im Durchmesser. Er nannte in Deimos, nach einer Figur aus der griechischen Mythologie die “Schrecken” symbolisiert. Deimos war einer der Begleiter des Kriegsgottes Ares, also das griechische Gegenstück zum römischen Gott Mars.
Motiviert durch die Entdeckung suchte Hall weiter und fand am 18. August 1877 einen weiteren Mond. Der wurde nun natürlich Phobos genannt, nach dem zweiten Begleiter des Ares und der Symbolfigur für die Furcht. Phobos und Deimos: Furcht und Schrecken. Ein wenig martialisch, aber durchaus passend als Monde eines Planeten der nach dem Gott des Krieges benannt wurde.
Phobos ist ein wenig größer als Deimos und kommt auf etwa 20 Kilometer Durchmesser. “Durchmesser” ist hier allerdings das falsche Wort, denn der kleine Mond ist nicht rund. Er hat eine unregelmäßige Form: Gemessen entlang der längsten Ausdehnung ist er fast 27 Kilometer lang, entlang der kürzesten Dimension sind es nur 18 Kilometer. Phobos ist dem Mars sehr nahe und nur knapp 6000 Kilometer von der Oberfläche des Planeten entfernt. Für eine Runde um den Mars braucht er nur 7 Stunden und 39 Minuten. Damit bewegt er sich schneller um den Mars herum als der Mars selbst für eine Drehung um seine Achse benötigt, was ein bisschen mehr als 24 Stunden sind. Von der Oberfläche des Planeten aus gesehen überholt er also den Mars und geht – anders als der Mond unserer Erde – daher auch im Westen auf und im Osten unter und das zwei bis drei Mal pro Marstag!
Phobos selbst dreht sich natürlich auch um seine eigene Achse. Für eine Rotation braucht er dabei genau so lange wie für einen Umlauf um den Mars. Er zeigt also die gleiche gebundene Rotation wie unser eigener Mond und der Grund dafür ist ebenfalls der gleiche. Die Gezeitenkräfte zwischen Mars und Phobos haben die Rotation so lange gebremst, bis sie sich an die Umlaufzeit angepasst haben. So wie von der Erde aus deswegen immer nur die gleiche Seite des Mondes zu sehen ist, ist daher auch vom Mars aus immer die gleiche Seite des Phobos sichtbar.
So wunderschöne Vollmondnächte wie auf der Erde gibt es am Mars allerdings nicht. Phobos ist seinem Planeten zwar deutlich näher als uns unser Mond, aber Phobos ist eben auch deutlich kleiner. “Vollphobos” erscheint nur etwa halb so groß wie der Vollmond und nur ein Zwanzigstel so hell.
Weiter draußen findet man dann Deimos. Der kleinere Mond ist ein bisschen mehr als 20.000 Kilometer von der Oberfläche des Mars entfernt. Für einen Umlauf braucht er einen Tag, sechs Stunden und 18 Minuten. Das ist auch genau die Zeit die er für eine Drehung um die eigene Achse braucht: Auch Deimos hat also – so wie unser Mond und Phobos – eine gebundene Rotation und zeigt dem Mars immer die gleiche Seite. Deimos ist vom Mars aus gesehen kaum mehr als ein heller Punkt. Beziehungsweise ein nicht ganz so heller Punkt; würde er am Himmel der Erde stehen, würde er zwischen all den viel helleren Sternen kaum weiter auffallen.
Interessant sind die physikalischen Eigenschaften der beiden kleinen Monde. Unser eigener Mond hat eine mittlere Dichte von 3,3 Gramm pro Kubikzentimeter; bei der Erde sind es 5,5 Gramm pro Kubikzentimeter. Phobos und Deimos dagegen haben mittlere Dichten von 1,8 und 1,3 Gramm pro Kubikzentimeter. Sie bestehen also aus porösem Gesteinsmaterial, ohne größere Mengen an schwererem Metall wie Erde und Mond. Die Oberflächen der beiden Monde sind mit dicken Schichten aus Regolith bedeckt. Das ist quasi Staub, der entstand weil die Oberfläche der Himmelskörper durch die Einschläge von Mikrometeoriten und die Auswirkungen der kosmischen Strahlung im Laufe der Zeit regelrecht pulverisiert worden sind. Eine Atmosphäre, die davor schützen würde, haben die kleinen Monde ja natürlich nicht. Auf Deimos ist diese Staubschicht besonders dick, weswegen seine Oberfläche auch sehr glatt aussieht und nur wenige Krater zu sehen sind. Nur zwei der Krater auf Deimos haben bis jetzt einen eigenen Namen bekommen: Der etwa einen Kilometer durchmessende Swift-Krater und der fast doppelt so große Krater Voltaire, beide benannt nach Schriftstellern die schon vor der eigentlichen Entdeckung über die Existenz von Marsmonden spekuliert haben.
Auf Phobos ist dagegen viel mehr los, was die Sehenswürdigkeiten auf der Oberfläche angeht! Dort findet man den Krater Stickney, benannt nach der Ehefrau von Aspah Hall. Stickney hat einen Durchmesser von neun Kilometern und das bei einem Mond der überhaupt nur um die 20 Kilometer groß ist! Der Einschlag der Stickney verursacht hat, hätte Phobos fast komplett zerstört. In der Nähe des Riesenkraters findet man den mysteriös benannten “Phobos-Monolith”. Das klingt zwar nach dem Relikt von Aliens, ist aber ein ziemlich großer Fels, so groß etwa wie ein Haus der deutlich größer ist als die Felsen in seiner Umgebung und deswegen auch einen beeindruckend langen Schatten wirft, wenn die Sonne gerade richtig steht. Wo dieser mitten in einer ansonsten flachen Landschaft stehende Felsen her kommt, ist unklar – vermutlich handelt es sich um Auswurfmaterial das bei der Entstehung eines der vielen Krater durch die Gegend geschleudert worden ist.
Man sieht auch viele lange Rillen und Streifen, die sich über Phobos ziehen. Zuerst dachte man, sie hätten mit dem Einschlag zu tun bei dem der Stickney-Krater entstand. Heute geht man eher davon aus das sie von Material stammen, das bei Einschlägen auf dem Mars ins All und dann auf den kleinen Mond geschleudert worden ist.
Bis man all diese Informationen über die Oberflächen von Phobos und Deimos sammeln konnte, dauerte es allerdings. Man musste bis zu den 1970er Jahren warten, als die Mariner- und Viking-Raumsonden der NASA den Mars erforschten und dabei auch Bilder der Monde machten. Phobos war überhaupt immer ein klein wenig seltsam. Noch bevor die ersten Raumsonden unterwegs zu unserem Nachbarplaneten waren, stellten Astronomen fest dass Phobos dem Mars immer näher kam. Seine Umlaufbahn schrumpft um etwa 5 Zentimeter pro Jahr. Damals, in den 1960er Jahren, dachte man, dass vielleicht die Reibung zwischen Mond und Marsatmosphäre dafür verantwortlich sein könnte. Immerhin ist Phobos ja dem Mars sehr nahe und auch bei uns auf der Erde verlieren Satelliten an Höhe, wenn sie sich durch die äußersten Schichten der Erdatmosphäre bewegen müssen.
Nur: Die Theorie passte nicht zu den Daten. Die Atmosphäre des Mars ist zu dünn um so eine schnelle Annäherung zu verursachen. Es gäbe nur eine Möglichkeit, wie es doch passen könnte. Wenn Phobos in seinem Inneren hohl wäre, würde der Effekt ausreichen. Diese These stellte in den 1960er Jahren der russische Astronom Iosif Shklovsky auf und spekulierte auch, wie es sein könne, das Phobos hohl ist. Ja eigentlich nur, wenn es sich dabei um ein künstliches Objekt handelt. Vielleicht eine Raumstation von Aliens oder einer früheren Marszivilisation? Ziemlich bald stellte man aber fest, dass eine andere Erklärung wahrscheinlicher ist: Nicht die Reibung der Atmosphäre beeinflusst die Umlaufbahn des Phobos sondern die zwischen ihm und dem Mars wirkenden Gezeitenkräfte. Rechnet man das durch, dann kann man die Beobachtungen erklären auch ohne auf einen hohlen Mond zurück zu greifen.
Heute wissen wir, dass Phobos durch die Gezeitenkräfte des Mars tatsächlich immer näher an seinen Planeten rückt. So nahe, dass es – zumindest aus astronomischer Sicht – gar nicht mehr lange dauern wird, bis ihn die wirkenden Kräfte auseinander reißen und zerstören. Noch ist aber genug Zeit, Phobos und Deimos genau zu untersuchen. Die Mars-Missionen der letzten Jahre haben wunderbare hochauflösende Bilder der beiden Monde gemacht. Und eigentlich hätte auch schon mal eine Sonde auf Phobos landen sollen. Russland startet im Jahr 2011 die Mission Fobos-Grunt, die nicht nur auf dem Marsmond landen, sondern auch Bodenproben einsammeln und wieder zurück zur Erde bringen sollte. Leider hat die Zündung eines Triebwerks nicht funktioniert und Fobos-Grunt verglühte in der Erdatmosphäre ohne den Mars je erreicht zu haben. Aber Russland plant zumindest, die Mission zu wiederholen. Und auch die anderen Weltraumagenturen haben Missionen zu Phobos und Deimos auf ihren Listen stehen. Die beiden Monde sind ja auch ein wunderbares Ziel. Dort kann man wegen der geringen Schwerkraft leicht landen und wieder starten. Von dort kann man wunderbar den Mars beobachten und erforschen. Man kann die dort vorhandenen Rohstoffe abbauen und als Basis für eine zukünftige bemannte Mission zu unserem Nachbarplaneten nutzen.
Phobos und Deimos wurden zwar nach Furcht und Schrecken benannt. Was unseren Weg in den Weltraum und unsere Zukunft am Mars anbelangt wären andere Namen aber viel besser. Hoffnung und Zuversicht vielleicht…
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