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Das sagt der Autor des Artikels, Rainer Massmann über sich:
Hallo! Ich heiße Rainer Massmann und habe vor knapp zwanzig Jahren an der Uni Bielefeld mein Bio-Diplom gemacht. Seit kurzem schreibe ich in meinem Blog “Zooskop“, über Themen wie Biodiversität, Artenschutz, Tierökologie und Evolution.
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Verschollen im Bermuda-Dreieck
Mitten in einem Hurrikan krachte am 28. Juli des Jahres 1609 die Sea Venture, ein englisches Segelschiff, auf ein Riff vor der Küste der Bermuda-Inseln. Alle 153 Menschen an Bord, Siedler für die neuen Kolonien in Amerika, sowie der Schiffshund gelangten wie durch ein Wunder unversehrt an Land, wo sie die nächsten neun Monate verbrachten. Aus den Trümmern ihres alten Schiffes und dem Holz des damals noch reichlich vorhandenen Bermuda-Wacholders bauten sie sich zwei neue, kleinere Gefährte und segelten weiter, nach Jamestown, der jungen Kolonie in Virginia, wo weitere schreckliche Erlebnisse auf sie warteten. Die Geschichte dieses Schiffbruchs, und der Geschehnisse danach, ist eine der spannendsten Episoden der gesamten Seefahrtsgeschichte. Wer sie nachlesen will, dem empfehle ich unbedingt, das Buch „A brave vessel“ von Hobson Woodward zu lesen. Es ist eine wahre Geschichte, in der Wörter wie Meuterei, Kannibalismus, Elmsfeuer und Indianer vorkommen, und die die Lebensgeschichte einer Indianerin namens Pocahontas auf unerwartete Weise mit der eines gewissen William Shakespeare verknüpft.
Doch sie ist auch der Beginn einer gänzlich anderen Geschichte, die aber nicht minder spannend ist. Als im Spätherbst des Jahres 1609 die Lebensmittelvorräte der Schiffbrüchigen schwanden, trafen große Schwärme eines Meeresvogels auf den Bermudas ein. Die Vögel ließen sich auf einer kleinen vorgelagerten Insel namens Cooper’s Island nieder, wo sie begannen, in Höhlen unter der Erde zu brüten, die die Siedler an Kaninchenbauten erinnerten. Nachts, wenn die Vögel ihre Brutplätze anflogen und die Luft über der Kolonie mit ihrem Geschrei erfüllt war, fühlten sich die Leute an das Treiben von Gespenstern erinnert. Das hielt sie aber nicht davon ab, nahezu täglich die Kolonie zu besuchen, um die Vögel, die sie nach ihren Schreien „Cahow“ nannten, bei der Landung vor ihren Bruthöhlen mit Knüppeln totzuschlagen und ganze Bootsladungen davon als Nahrung zurück in ihr Camp zu bringen. Auch als ein paar Jahre später die erste feste Siedlung auf den Bermudas gegründet wurde, und die neuen Siedler bald darauf unter einer Hungersnot zu leiden hatten, bedienten sie sich bei den unerschöpflich scheinenden Mengen an Cahows. Doch sehr schnell wurden die Vögel seltener und immer seltener, woran auch eines der ersten Artenschutzgesetze der Welt nichts änderte. Schließlich verlor sich ihre Spur. Keine zwanzig Jahre nach dem Schiffbruch galten sie als ausgestorben.
Zeitsprung. Es ist der 22. Februar 1906. Ob der junge Louis L. Mowbray die Geschichten über den Cahow kennt, als er auf dem winzigen Felsen Gurnet Rock vor der Insel Castle Island Felslöcher inspiziert, die sich nur wenige Meter über dem Meeresspiegel befinden, ist nicht überliefert, genausowenig wie der genaue Zweck seiner Exkursion. Es ist aber anzunehmen, dass er bestens Bescheid wusste. Mowbray hatte keine formale Ausbildung als Biologe erhalten, war aber ein begeisterter Naturbeobachter und Mitarbeiter der Bermuda Biological Station, die erst drei Jahre zuvor gegründet worden war. Noch ein Jahr früher hatte der amerikanische Zoologe A. E. Verrill alles bisher bekannte über den Cahow zusammengetragen, von dem noch immer niemand wusste, um was für eine Vogelart es sich eigentlich gehandelt hatte. Verrill glaubte, der Cahow müsse ein Alk gewesen sein, also ein Verwandter von Tordalk und Papageitaucher. Doch so weit südlich hatte man noch nie Alken entdeckt. Andere Ornithologen sahen im Cahow eher einen Vetreter der Sturmvögel und Sturmtaucher, doch die Beschreibung passte auf keine bekannte Art. Als Mowbray an jenem Februartag in eines der Felslöcher späht, blickt ihm ein Sturmvogel entgegen. Er fängt den Vogel ein, welcher kurz darauf stirbt und in die Sammlung des Bermuda Museum of Natural History gelangt.
Wenn es so etwas wie die ultimativen Meeresvögel gibt, dann sind es die Sturmvögel und ihre Verwandten, die Sturmschwalben, Sturmtaucher und Albatrosse. Weit draußen auf dem Ozean verbringen sie den Großteil ihres Lebens. Bei Sturmwindstärken, zwischen meterhohen Wellen, sind sie erst richtig in ihrem Element. War der Anblick von Möwen, Seeschwalben, Tölpeln und Tropikvögeln für die frühen Seefahrer ein Anlass zur Freude, weil sie nun wussten, dass Land in der Nähe war, galten Sturmvögel als Unglücksbringer, als Sturmboten oder gar als Verkörperung der Seelen ertrunkener Seeleute. Die Röhrennasen, wie sie wegen ihrer merkwürdigen Schnabelaufsätze auch genannt werden, sind Vögel der Superlative. Zu ihnen gehören mit dem Wanderalbatross (Diomedea exulans) der größte, und mit der nur spatzengroßen Zwergsturmschwalbe (Oceanodroma microsoma) der kleinste aller Meeresvögel. Auf ihren Wanderungen legen sie zigtausende von Kilometern zurück, um mit erstaunlicher Präzision in immer dieselbe Brutkolonie zurückzukehren, die fast jedesmal auf einer kleinen, abgelegenen Insel liegt. Dort zeigen viele der kleineren Arten dann Seiten, die man von derart extremen Meeresvögeln nicht erwarten würde. Die Brutplätze mancher Arten liegen 1.500 – 3.000 m über dem Meeresspiegel, oft mehr als 10 km von der Küste entfernt. Andere brüten in dichtem Wald oder unter Farnen, wo sie sich bis zu 5 m tiefe Gänge ins Erdreich graben. Zudem sind fast alle der kleineren Arten am Brutplatz nachtaktiv, um den Attacken hungriger Möwen und Fregattvögel zu entgehen. Mit lautem Geschrei machen die Brutpartner dort auf sich aufmerksam, um einander in der Dunkelheit zu finden. In der Dunkelheit der Höhle brüten die Partner, die ein Leben lang zusammen bleiben, dann ein einziges Ei aus und ziehen das Junge groß.
Zunächst schien Mowbray nicht ganz klar zu sein, was für einen Fang er da gemacht hatte. Immerhin hatte seit fast 300 Jahren kein Mensch mehr einen leibhaftigen Cahow gesehen. Ein Kollege von ihm identifizierte den Vogel im Bermuda Museum daher zunächst als einen verirrten Regensturmvogel (Pterodroma inexpectata), eine Art, die eigentlich im Indischen und Pazifischen Ozean heimisch ist. Doch zehn Jahre später änderte Mowbray seine Meinung und beschrieb dieses Exemplar zusammen mit John T. Nichols unter dem Namen Aestrelata (heute: Pterodroma) cahow als eigenständige Art. Auch wenn die beiden es nur andeuten: mit der Namenswahl ließen sie keinen Zweifel daran, dass sie überzeugt waren, nach fast 300 Jahren Unterbrechung einen lebenden Cahow aufgespürt zu haben!
Doch das brachte ein Problem mit sich: ein einzelner Vogel macht noch keine Art. Wo ein Cahow oder Bermuda-Sturmvogel, wie die Art im Deutschen heißt, überlebt hatte, da mussten doch noch weitere sein!? Doch das war nicht der Fall. Das Auftauchen dieses einzelnen Vogels war so unwirklich, dass die Ornithologen auf den Bermudas nicht wussten, wie sie darauf reagieren sollten. Waren sie doch noch Zeugen des Aussterbens dieser Art geworden? War das von Mowbray gesammelte Exemplar tatsächlich der letzte Cahow gewesen, der je existierte? Falls nicht: wo brüteten die Vögel dann?
Es dauerte quälend lange 30 Jahre, bis im Sommer 1935 wie aus dem Nichts ein gerade flügge gewordener weiblicher Cahow gegen den Leuchtturm St. David’s Light in der Nähe von Cooper’s Island prallte. Der bekannte Zoologe William Beebe (der mit der Tauchkugel!) hatte erst wenige Monate zuvor vergeblich versucht, lebende Cahows aufzuspüren, und beschrieb nun den neuen Fund. Ein weiterer Vogel prallte 1941 gegen eine Funkantenne in St. George’s, wurde zwei Tage lang gepflegt und wieder freigelassen. 1945 dann wurde ein weiterer tot angespült. Es schien, als sei die Zeit endlich (wieder) reif für den Cahow.
Im Jahr 1951 taten sich dann der Zoologe und Spezialist für Sturmvögel, Robert C. Murphy aus New York und Mowbrays Sohn Louis S. Mowbray zusammen, um endlich die Brutplätze des Cahows zu finden. Ihnen war klar, dass auf den Hauptinseln keine Sturmvögel zu finden sein würden. Die Spanier, die die Bermudas entdeckt hatten, hatten schon Jahrzehnte vor dem Schiffbruch der Sea Venture Schweine als lebenden Proviant auf den Inseln ausgesetzt, die die Eier und hilflosen Jungvögel aus ihren Höhlen ausgruben. Schon die englischen Siedler hatten die Cahows nur noch auf vorgelagerten Inseln angetroffen. Inzwischen gab es auch noch Hunde, Katzen und Ratten auf Bermuda. Nur kleine bis kleinste Inseln, die von den Landsäugern nicht erreicht werden konnten, boten Aussicht auf Erfolg. Alle Funde seit 1906 waren in der Umgebung von Castle Harbor gelungen. Cooper’s Island war im 2. Weltkrieg durch Aufschüttungen mit St. David’s Island verbunden worden, so dass die Insel ebenfalls ausschied. Murphy und Mowbray jr., begleitet von Murphys Frau und dem erst 15-jährigen Schüler David Wingate, konzentrierten sich auf die winzig kleinen Felsinseln vor Castle Roads, der Meerenge, die die Zufahrt zu Castle Harbor bildet. Und am 28. Januar 1951 wurde ihre Mühe belohnt. Im Schein einer Taschenlampe sahen sie einen Vogel in einer Bruthöhle sitzen, knapp 2 m vom Eingang entfernt. Sie holten ihn mit einer Schlinge heraus, machten ein paar Fotos und Notizen und ließen ihn dann frei. Es war der langersehnte Cahow! Er kehrte sofort in die Höhle zurück, wo die Forscher ein Ei erkennen konnten.
In den folgenden Wochen fanden Mowbray jr., die Murphys und Wingate Hinweise auf bis zu 14* besetzte Nistplätze, die sich auf drei der winzigen Inseln verteilten. (Später kam noch eine vierte Insel hinzu). Damit hatte sich die Zahl der bekannten Bermuda-Sturmvögel seit ihrer Wiederentdeckung schlagartig vervielfacht. Dennoch waren 14 Brutpaare eine erschreckend geringe Zahl für den gesamten Weltbestand einer Vogelart. Es war klar, dass dringend etwas getan werden musste, um die Art zu erhalten.
* Nach anderen (durchaus seriösen) Quellen waren es 7, 17 oder 18 Paare. Man kann sich nur wundern, wie solche Widersprüche entstehen. Die Zahl 14 stammt aus der Originalarbeit von Murphy & Mowbray (1951).
Die offensichtlichste Herausforderung waren zunächst einmal die Tropikvögel (Phaethon lepturus). Diese wunderschönen Meeresvögel mit ihrem schneeweißen Gefieder und den verlängerten Schwanzspießen haben auf den Bermudas eine der größten Kolonien in der Karibik. Leider brüten sie in denselben Höhlen in den Kalkfelsen, in die die letzten Cahows ausweichen mussten. Als die Spanier die Inseln entdeckten, waren diese noch von einem dichtem Wald, hauptsächlich aus Bermuda-Wacholder (Juniperus bermudiana), Bermuda olivewood (Cassine laneanum) und Bermuda-Palmettos (Sabal bermudana) bedeckt. In der dicken Humusschicht des Waldbodens konnten die Cahows ihre Niströhren graben und mussten keine Konkurrenz fürchten. Doch je mehr sie auf die kargen, vorgelagerten Inseln abgedrängt wurden, desto schlechter wurden die Nistbedingungen. Dort mussten sie mit Klüften und Spalten im Kalkgestein vorlieb nehmen, in denen normalerweise die Tropikvögel optimale Nistbedingungen vorfanden. Wenn diese am Brutplatz eintreffen, sitzen die jungen Cahows bereits im Nest. Das hält die Tropikvögel aber nicht davon ab, die Cahow-Küken zu töten und die Höhlen für sich selbst in Beschlag zu nehmen. Als die Cahows wiederentdeckt wurden, fielen mehr als 60% aller Cahow-Küken den Tropikvögeln zum Opfer. Die Lösung waren künstliche Niströhren aus Beton, die genau so bemessen waren, dass die Cahows hinein konnten, die größeren Tropikvögel aber nicht. Später wurden diese Höhlen auch verwendet, um Cahows an Orten auf den Inseln anzusiedeln, an denen es keine geeigneten Naturhöhlen gab, die aber sicherer vor Überflutungen durch Hurrikane waren.
In den 1960ern machten sich die Auswirkungen von DDT bemerkbar, obwohl dieses Pestizid auf Bermuda gar nicht eingesetzt wurde. Offenbar gelangte es über Flüsse in die marine Nahrungskette und schließlich in den Golfstrom, genau in jene Region, wo die Cahows hauptsächlich ihrem Nahrungserwerb nachgehen. Die Folge waren brüchige Eischalen und eine deutlich verminderte Schlupfrate. Erst 1962 hatte Rachel Carson in ihrem Buch „Silent Spring“ auf die Auswirkungen dieses Umweltgifts hingewiesen, doch es dauerte bis 1972, bis DDT in den USA verboten wurde. Einige Jahre danach stieg die Schlupfrate der Cahows wieder deutlich an.
Die Probleme wechselten sich ab. Als die NASA und die US-Navy Standorte auf Cooper’s Island ausbauten, störte die extrem helle Beleuchtung dieser Standorte, kaum 1 km von den Brutplätzen der Cahows entfernt, das nächtliche Balzverhalten der Vögel, bis sie auf Drängen der Regierung der Bermudas abgestellt wurde und die Standorte kurz danach aufgegeben wurden. Im Winter des Jahres 1987 tauchte dann zu jedermanns Erstaunen eine Schneeeule (!) auf der subtropischen Insel auf und ließ sich ausgerechnet auf den Brutfelsen der Cahows nieder, wo sie innerhalb weniger Wochen mehrere Sturmvögel tötete und fraß. So sehr sich die Naturfreunde auf den Bermudas auch über das Erscheinen dieses „exotischen“ Vogels freuten – die Cahows waren zu kostbar, um mit ihnen einen nordischen Wintergast durchzufüttern, der vielleicht auf den Bermudas selten war, auf dem amerikanischen Festland aber nicht. Also wurde die Schneeeule mit einem gezielten Schuss erlegt!
In den letzten 15 Jahren macht man sich nun immer größere Sorgen um die Folgen der Klimaerwärmung. Die Bermudas wurden zuletzt von mehreren, z.T. sehr heftigen Hurrikanen getroffen, die die kleinen Inseln stark erodieren ließen oder sogar überfluteten, und etliche Bruthöhlen zerstörten. Zum Glück kamen dabei keine Sturmtaucher ums Leben, denn offenbar ist die Brutperiode so getimt, dass sie außerhalb der Hurrikansaison liegt. Veränderungen im saisonalen Muster der Wirbelstürme könnten den Vögeln aber sehr gefährlich werden, und auch so erfordert es nach jedem Sturm einen enormen Arbeitseinsatz, die zerstörten Bruthöhlen wieder herzurichten.
Trotz alledem wuchs der Bestand der Cahows durch die intensiven Schutzbemühungen von 18 Brutpaaren mit 8 Jungvögeln im Jahr 1960 auf 85 Paare mit 40 Jungvögeln im Jahr 2008 an. Inzwischen war aber allmählich deutlich geworden, dass die vier winzigen Brutinseln, die zusammen eine Fläche von gerade einmal 1 ha besaßen, den Vögeln keine langfristige Perspektive boten. Doch schon 1963 hatte David Wingate – inzwischen promovierter Biologe – ein Projekt initiiert, das den Sturmvögeln neuen Lebensraum versprach: das Projekt „Nonsuch Island Living Museum“. Auf dieser Insel, die mit 5 ha deutlich größer war als die anderen Brutinseln, rekonstruierte Wingate mit Hilfe vieler Unterstützer ein Stück Bermuda, wie es vor Ankunft der Menschen einmal ausgesehen haben könnte. Tausende einheimische Bäume wurden gepflanzt, die Ratten ausgerottet, ein Programm zur Bekämpfung invasiver Pflanzenarten gestartet, und künstliche Brutröhren installiert. Vor allem aber gab es dort Erdboden, in dem die Cahows selber Höhlen graben konnten. Nachdem aus den Pflanzungen ein richtiger Wald geworden war, konnte es los gehen. Von 2004 bis 2008 wurden insgesamt über 100 Cahow-Küken aus ihren Höhlen auf den vier kleinen Inseln entnommen und nach Nonsuch Island gebracht. Hier wurden sie mit Anchovies und Tintenfischen gefüttert, bis sie schließlich flügge wurden und die Insel verließen. Im Jahr 2008 kehrten die ersten der umgesiedelten Sturmvögel nach Nonsuch zurück, und ein Jahr später brütete – zum ersten Mal seit 400 Jahren! – ein Pärchen Cahows auf Nonsuch Island und zog erfolgreich einen Jungvogel groß. Seitdem ist auf der Insel eine kleine Kolonie entstanden, und die Naturschützer planen bereits die Gründung einer weiteren. Um die Ansiedlungen zu fördern, hat man sogar eine solarbetriebene, zeitgesteuerte Soundanlage installiert, die den Vögeln Balzrufe ihrer Artgenossen vorspielt, um sie zur Landung zu bewegen.
Auch die Erforschung der Lebensweise des Cahow kommt voran. In einer Höhle auf Nonsuch Island hat man eine Webcam installiert, die während der Brutzeit lückenlose Beobachtungen der Jungenaufzucht ermöglicht (Da im Moment keine Brutsaison ist, gibt es dort ersatzweise Videos zu sehen). Außerdem wurden einige Vögel mit Datenloggern ausgerüstet, mit denen man die Vögel auch auf ihren langen, ein bis zwei Wochen dauernden Nahrungsflügen verfolgen kann. Seitdem weiß man, dass einzelne Cahows bis zu 7.000 km am Stück fliegen und dabei sogar den Packeisrand im Nordatlantik erreichen können. Im Jahr legen Cahows bis zu 100.000 km zurück!
Der Cahow ist nicht die einzige vom Aussterben bedrohte Sturmvogelart. Es gibt mittlerweile Arten, die noch seltener und noch stärker bedroht sind als er. Er ist noch nicht einmal die einzige Art, die für längere Zeit verschollen war. Die abgelegenen Brutplätze und nächtlichen Lebensgewohnheiten der meisten Arten machen die Erfassung von Vorkommen so außerordentlich schwierig, dass von manchen Arten noch nie Nester gefunden wurden. Gelegentlich werden sogar neue Arten entdeckt, die bis heute der Aufmerksamkeit der Ornithologen völlig entgangen waren, erst 2011 z. B. ein Sturmtaucher namens Puffinus bryani. Aber keine andere Vogelart war je für einen so langen Zeitraum verschollen wie der Cahow, um dann ein Comeback zu starten. Und auch, wenn die Riesenschwärme, die die Schiffbrüchigen der Sea Venture einst auf Cooper’s Island antrafen, für immer der Geschichte angehören werden, so gibt es doch Hoffnung, dass der Bestand des Cahows noch eine Weile weiter wächst: Im Jahr 2014 zählten die Artenschützer 108 Brutpaare von seiner Art, die zusammen 58 Jungvögel erfolgreich aufzogen!
Im Bermuda-Dreieck, so scheint es, verschwinden nicht nur Dinge – manchmal tauchen sie auch wieder auf!
Dieses Video fasst noch einmal vieles von dem zusammen, was ich hier geschrieben habe. Wer sich weiter informieren will, findet noch viele weitere Infos in den von mir benutzten Quellen. Die wichtigsten sind:
Lee, David S., 2015: Gulf Stream Chronicles. A naturalist explores life in an ocean river. University of North Carolina Press. 304 pp.
Murphy, R.C & Mowbray, L.S., 1951: New light on the Cahow, Pterodroma cahow. The Auk, 68(3): 266-280. Download (pdf).
Verrill, A.E., 1902: The Bermuda Islands. Privately publ., New Haven. 558 pp.
sowie die Seite von Birdlife International zum Cahow .
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