Eine kurze Notiz hat mich letzte Woche etwas geärgert. Der Bund der Steuerzahler hat sich wieder einmal über die Verschwendung von Steuergeldern aufgeregt. Das ist an sich natürlich nicht verwerflich; Steuergelder sollten sinnvoll eingesetzt werden. Aber gerade der Bund der Steuerzahler scheint oft anderer Auffassung zu sein, was “Verschwendung” ist als ich es bin. Zum Beispiel scheint man es dort generell nicht so gerne zu sehen, wenn Steuergeld für Wissenschaft ausgegeben wird, wie ich schon früher einmal berichtet habe. Letzte Woche hat man nun in einer Pressemitteilung (WebCite) wieder einmal etwas gefunden, über das man sich aufregen kann. Anlass war die Fernsehsendung “Mario Barth deckt auf”, in der der Comedian auf “lustige” Art und Weise über Steuerverschwendung meckert.
Abgesehen davon dass Barth mit seinen “Enthüllungen” ab und zu auch mal daneben liegt ist das, was in der Pressemitteilung des Bunds der Steuerzahler steht etwas irritierend. Nämlich:
” Der Comic „Klar soweit?“, der monatlich in den Blogs der Helmholtz-Gemeinschaft erscheint, ist nicht für Kinder gedacht, sondern soll Wissenschaftlicher (sic) ansprechen. Unsere Kritik: Diese Zielgruppe weiß, was zum Beispiel Energie-Erhaltung bedeutet – dazu braucht es keine skurrilen Comics!”
In der Sendung selbst wurde dann dieses Gespräch geführt:
Reiner Holznagel, BdSt-Präsident: Wir fangen mal klein an. Heute geht es erst mal nur um 10.000 Euro – nur in Anführungszeichen, ist auch Steuergeld. Es gibt sogenannte Wissenschaftscomics – Comics kennst Du, Donald Duck …
Mario Barth: … Mickey-Maus …
Reiner Holznagel: … alles Super-Sachen …
[Bildeinblendung: Seite 2 von Comic Nr. 15 „Verbitterte Möhren“]
Reiner Holznagel: Sei’s drum. Das macht die Helmholtz-Gesellschaft (sic) in einem sogenannten Wissenschaftsblog und da sollen schwierige Themen lustig dargestellt werden … alles nett, Problem ist nur, es kostet 10.000 Euro und ich finde das kann man einsparen, weil das Bundesforschungsministerium (sic) das mit unterstützt und da sagen wir: ein kleiner Beitrag, fangt an ein bisschen sparsamer zu werden, lasst die Comics weg.
[Applaus.]
Es geht um den Comic, den die Biologin Veronika Mischitz, aka Frau Kirschvogel für die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren zeichnet. Die Comics werden in der – kostenlos beziehbaren – Zeitschrift “Helmholtz Perspektiven” veröffentlicht so wie online im “Augenspiegel”-Blog der Gemeinschaft (und das übrigens unter einer Creative Commons Lizenz). Es geht darin um moderne Forschung wie die CRISPR-Technik in der Genetik; um in den Medien diskutierte Themen wie den angeblichen Zusammenhang zwischen Wurstkonsum und Krebserkrankungen aber auch um die Erklärung von alltäglichen Phänomenen wie der Funktionsweise eines Kühlschrankes.
Ich lese diese Comics immer gerne. Sie sind witzig; sie sind informativ und eine hervorragende Möglichkeit zur Wissenschaftskommunikation. Die Kritik des Bunds der Steuerzahler ist für mich absolut nicht nachvollziehbar. Zuerst einmal, weil man dort anscheinend der Meinung ist, Comics hätten für Kinder zu sein? Dass das Unsinn ist (und eigentlich schon immer Unsinn war) sollte sich eigentlich mittlerweile herum gesprochen haben. Natürlich gibt es jede Menge Bildergeschichten für Kinder, die sich anfangs eben leichter tun, wenn es mehr zu sehen als zu lesen gibt. Aber Comics sind darüber hinaus einfach nur Genre bzw. Medium mit dem sich Geschichten erzählen lassen. Geschichten jeglicher Art und nicht nur Geschichten für Kinder. Und eben auch Geschichten über die Wissenschaft.
Genausowenig ist es richtig, dass sich ein Comic wie “Klar soweit?” nur an Wissenschaftler (bzw. “Wissenschaftlicher” wie der Bund der Steuerzahler es schreibt) wendet. Der Blog in dem die Comics erscheinen bzw. die Zeitschrift sind Medien der wissenschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit bzw. der Wissenschafts-PR. Man richtet sich damit logischerweise an die Öffentlichkeit und nicht an die Forscher (obwohl ich mir sicher bin, dass auch Wissenschaftler die Comics gerne lesen). “Klar soweit?” vermittelt Wissenschaft an alle, die Interesse daran haben bzw. weckt vielleicht bei manchen erst ein Interesse an der Wissenschaft. Das ist eine lohnende und wichtige Aufgabe (und warum es wichtig ist, die Öffentlichkeit über Wissenschaft zu informieren habe ich in meinem Blog schon so oft gesagt, dass ich das nicht mehr wiederholen will – abgesehen davon ist es eigentlich auch trivial…). Sich darüber aufzuregen, dass dafür 10.000 Euro ausgegeben werden, ist lächerlich. Noch lächerlicher ist es, gerade den Comic als Negativ-Beispiel herauszugreifen, in dem es um “sprechende Möhren” geht. Denn die Forschung die darin beschrieben wird, sollte eigentlich nach dem Geschmack des Bunds der Steuerzahler sein. Es geht um Bitterstoffe, die sich in Möhren entwickeln können, wenn sie falsch transportiert werden, was natürlich ein Problem ist, wenn man sie verkaufen möchte. Was da genau passiert haben Lebensmittelchemiker der TU München untersucht. Das zu wissen und Strategien dagegen zu entwickeln ist sowohl für die produzierende Landwirtschaft als auch die Konsumenten von Interesse.
Wissenschaft ist wichtig! Darüber zu informieren ist wichtig. Meiner Meinung nach gibt es nur ein Problem mit den Steuergeldern und der Wissenschaftskommunikation: Es wird noch viel zu wenig Geld eingesetzt um wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit zu fördern!
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