Hurra! Endlich wird eine Raumsonde zu den Trojanern fliegen! Und nein, es geht dabei weder um eine Zeitreise ins alte Griechenland zum trojanischen Krieg noch geht es um Computerviren. Es geht um eine meiner Lieblingsfamilie von Asteroiden: Die Trojaner-Asteroiden. Dabei handelt es sich um ein paar Millionen kleinere Himmelskörper die sich in der gleichen Umlaufbahn bewegen wie Jupiter. Auch andere Himmelskörper haben eigene Trojaner-Asteroiden in ihren Umlaufbahnen; Neptun zum Beispiel oder auch unsere Erde. Gefährlich sind sie nicht; trotz der geteilten Umlaufbahn kommt es nicht zu Kollisionen weil sich die Asteroiden immer in vom Planeten entfernten befindlichen Stabilitätsbereichen befinden müssen. Aber interessant sind die Trojaner! Einerseits aufgrund ihrer sehr komplexen speziellen Dynamik, andererseits aber auch, weil wir durch sie etwas über die Entstehung der Planeten lernen können!
Das hat auch die NASA verstanden und schickt nun mit Lucy die erste Raumsonde direkt zu den Trojanern des Jupiters! “Lucy” ist in diesem Fall übrigens kein Akronym, sondern bezieht sich auf das berühmte 3,2 Millionen Jahre alte Hominiden-Skelett das 1974 in Äthiopien entdeckt worden ist. Und so wie das Fossil Lucy uns revolutionäre neue Erkenntnisse über die Vergangenheit der Menschen gebracht hat, soll die Raumsonde Lucy uns die Vergangenheit des Sonnensystems besser verstehen lassen. Denn auch die Trojaner-Asteroiden kann man in gewissen Sinn als “Fossile” betrachten. Als vor 4,5 Milliarden Jahren die Planeten aus einer großen Staubscheibe um die junge Sonne herum entstanden, ging das nicht in einem Rutsch. Zuerst ballte sich der Staub zu kleineren Felsbrocken zusammen aus denen dann erst später die großen Planeten wurden. Die Asteroiden, die damals als Trojaner von Jupiter eingefangen wurden, blieben kleine Felsbrocken und stellen, so beschreibt das zumindest die NASA, “Fossile der Planetenentstehung” dar.
Es wird auf jeden Fall eine äußerst spannende Mission. Wir haben schon erdnahe Asteroiden aus der Nähe gesehen. Wir haben Asteroiden des Hauptgürtels zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter aus der Nähe beobachtet. Wir waren sogar schon im Kuipergürtel hinter der Bahn des Neptun und haben dort den großen Asteroid/Zwergplanet Pluto beobachtet (und werden dort in den nächsten Jahren auch zumindest einen weiteren Asteroiden untersuchen können). Die Trojaner des Jupiters sind die einzige große Asteroidengruppe im Sonnensystem, die wir noch nicht aus der Nähe erforscht haben! Lucy wird 2021 von der Erde ins All starten und sich dann 2027 die vier Trojaner Eurybates, Polymele, Leucus und Orus ansehen. Diese Asteroiden befinden sich immer vor Jupiter auf seinem Umlauf um die Sonne (sie gehören zur sogenannten “L4”-Gruppe der Trojaner). Dann wird Lucy wieder zurück zur Erde fliegen und sich dort mit einem Swing-By-Manöver neuen Schwung holen. Der bringt sie zurück zum Jupiter, aber diesmal zur “L5-Gruppe” der Trojaner, die sich immer hinter dem Gasriesen um die Sonne bewegen. Dort steht dann ein Besuch beim Doppelasteroid Patroclus-Menoetius auf dem Programm. Ich bin besonders gespannt ob die Wissenschaftler einen relevanten Unterschied in den Eigenschaften der L4- und L5-Trojaner finden können. Die Frage nach der Existenz und der Ursache solcher Unterschiede war früher eines meines Forschungsgebiete als Himmelsmechaniker und ich würde gerne wissen, ob Lucy da neue Erkenntnisse liefern kann.
Neben Lucy hat die NASA aber auch noch eine zweite coole Asteroidenmission auf ihrer To-Do-Liste: Die Raumsonde Psyche wird 2023 starten und sich dann auf den Weg zum gleichnamigen Asteroiden machen. Und der Asteroid Psyche ist definitiv einen Besuch wert! Mit einem Durchmesser von etwa 250 Kilometern ist Psyche einer der größten Himmelskörper im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter. Und nicht nur das: Psyche gehört auch zu den wenigen Asteroiden, die nicht aus einer Mischung von Gestein, Metall und Eis bestehen. Alles was wir bis jetzt über Psyche wissen deutet darauf hin, dass es sich um einen Himmelskörper handelt, der komplett aus Metall besteht. Psyche ist ein 250 Kilometer großer Brocken aus Eisen und Nickel und das kann nur eines bedeuten: Der Asteroid war früher mal Teil des Kerns eines Planeten!
So große Mengen an Metall, ohne Beimischung anderer Materialien, entstehen nicht einfach so von selbst. Metalle wie Eisen oder Nickel findet man zwar überall in den Asteroiden aber nicht pur, sondern vermischt mit Gestein. Erst wenn sich aus vielen Asteroiden ein sehr großer Himmelskörper gebildet hat, kann sich das Metall vom Gestein trennen. Dafür sorgen die ebenfalls überall enthaltenen radioaktiven Elemente. Ihr Zerfall erzeugt Wärme und ist ein Objekt groß genug, dann ist auch die Wärme stark genug, um den gesamten Himmelskörper aufzuheizen. Sein Inneres wird flüssig und die schweren Elemente wie eben Eisen und Nickel sinken in den Kern während das leichtere Gestein außen bleibt. Deswegen haben auch alle große Planeten wie zum Beispiel die Erde einen metallischen Kern und eine Kruste aus Gestein. In der Frühzeit des Sonnensystems gab es noch viel mehr große Himmelskörper als heute, es gab jede Menge Protoplaneten die auch immer wieder kollidierten. Bei solchen Zusammenstößen kann ein kleinerer Protoplanet auseinanderbrechen und dann bekommt man nicht nur jede Menge Felsbrocken sondern eben auch Bruchstücke seines metallischen Kerns: Objekte, die so wie Psyche, fast komplett aus Eisen und Nickel bestehen.
Psyche ist also das, was von einem Planeten übrig geblieben ist, der sich vor 4,5 Milliarden Jahren gebildet hat und der danach bei einer Kollision zerstört worden ist. Wie gesagt: Ein absolut lohnendes Ziel für eine Weltraummission.
Ich bin sehr erfreut darüber, dass es mit Lucy und Psyche nun zwei weitere Missionen gibt, die sich die Erforschung der Asteroiden zum Ziel gesetzt haben. Dass die Asteroiden unser Weg in die Zukunft sind, habe ich ja schon oft genug gesagt. Ich bin gespannt, was wir im nächsten Jahrzehnt für neue Erkenntnisse gewinnen werden!
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