Wenn zwei Himmelskörper zusammenstoßen, dann kracht es. Und am Ende bleibt ein Krater. Aber wie genau entsteht ein Krater? Die Sache ist nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Und es hat einen Grund, warum alle Einschlagskrater rund sind… Den erfahrt ihr in der neuen Folge der Sternengeschichten.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 220: Einschlagskrater
Egal wo wir im Sonnensystem hinsehen: Überall sind Krater. Jeder Himmelskörper mit einer festen Oberfläche zeigt Krater und die meisten von ihnen sind damit regelrecht übersät. Es lohnt sich daher auch ein wenig sich mit der Art und Weise zu beschäftigen, wie Krater entstehen.
Man stellt sich das ja ganz simpel vor: Ein Felsbrocken aus dem All kollidiert mit einem anderem Himmelskörper und dabei entsteht ein Krater. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Die meisten Objekte die aus dem All auf die Erde fallen erzeugen zum Beispiel überhaupt keinen Krater. Denn unser Planet hat eine Atmosphäre. Trifft ein Objekt aus dem All auf die Lufthülle der Erde, dann wird es dadurch abgebremst. Die Geschwindigkeiten sind dabei enorm hoch: Ein Objekt aus dem Weltall hat eine Mindestgeschwindigkeit von circa 12 Kilometern pro Sekunde. Wie ich schon in Folge 151 der Sternengeschichten erzählt habe, braucht man mindestens eine Geschwindigkeit von 11,2 Kilometer pro Sekunde wenn man die Erde verlassen will. Würde man zum Beispiel eine Kanonenkugel mit einer geringeren Geschwindigkeit abschießen, dann würde sie wieder auf die Erde zurückfallen und könnte die Anziehungskraft unseres Planeten nicht überwinden. Wenn das die Geschwindigkeit ist, die ein Objekt mindestens haben muss um die Erde zu verlassen, dann ist es auch die Mindestgeschwindigkeit die es haben muss, wenn es aus dem All auf die Erde fällt.
Einschlagende Objekte können aber noch deutlich schneller sein und Geschwindigkeiten von bis zu 70 Kilometern pro Sekunde erreichen. Wenn ein Felsbrocken mit so einem enormen Tempo auf die Lufthülle der Erde trifft, entsteht durch die Reibung mit den Molekülen der Atmosphäre eine sehr starke Hitze. Die kann ihn auseinanderbrechen und dann regelrecht explodieren lassen. Das passiert typischerweise in einer Höhe von um die 10 Kilometer und es ist nichts mehr da, was auf der Erde einschlagen kann. Alle Objekte die kleiner als ungefähr 50 Meter sind erreichen den Erdboden normalerweise nicht (was genau passiert hängt aber natürlich von der Zusammensetzung des Objekts ab). Noch kleinere Objekte, Mikrometeorite also Staubkörner aus dem All, schlagen gar nicht ein und verbrennen auch nicht. Sie sind zu klein, als das sich eine nennenswerte Hitze entwickelt und sie schweben einfach zum Erdboden. Auf diese Weise “regnen” bis zu hundert Tonnen Staub aus dem All pro Tag auf die Erde und die schlagen natürlich keine Krater.
Erst wenn die Felsbrocken groß genug werden, wird es interessant. Ist ein Einschlagskörper groß genug, dann erreicht er tatsächlich den Erdboden. Was dann passiert, darf man sich allerdings nicht so vorstellen wie das, was man beispielsweise beobachten kann, wenn man Steine in eine Sandkiste wirft. Der fliegende Stein trifft auf den lockeren Sand und schiebt mit seiner Bewegungsenergie ein bisschen davon zur Seite sodass er in einem Minikrater zu liegen kommt. Dass das nicht das ist, was bei einem Asteroideneinschlag passiert kann man leicht verstehen, wenn man die Form von Einschlagskratern betrachtet. Denn die sind so gut wie alle immer rund. Bei den Steinen in der Sandkiste ist das nicht so; hier kann man die Form des Kraters verändern wenn man den Stein unter verschiedenen Winkeln auf den Sand treffen lässt.
Asteroiden fallen nun aber ja auch nicht alle immer direkt von oben auf den Erdboden. Sie treffen ebenfalls unter verschiedenen Winkeln auf die Erde und dass die Krater trotzdem immer alle rund sind, liegt an ihrer Geschwindigkeit. Sie sind so gut wie immer deutlich schneller als die Schallgeschwindigkeit im Gestein. Sobald sie auf den Boden auftreffen, breitet sich eine Stoßwelle im Gestein aus und zwar mit Überschallgeschwindigkeit. Und nicht nur im Gestein der Erde sondern auch im Einschlagskörper selbst. Es entstehen Temperaturen von bis 10.000 Grad; der Einschlagskörper wird verflüssigt und verdampft. Anders gesagt: Er explodiert und auch dem Gestein des Erdbodens geht es nicht anders. Ein Volumen des Erdbodens das ungefähr dem Volumen des Einschlagskörpers entspricht verdampft und explodiert ebenfalls. Das ist die sogenannte Kontakt- und Kompressionsphase bei der vom Ort des Einschlags aus Stoßwellen durch das Material des Erdbodens laufen. Dabei wird das Gestein auf eine ganz charakteristische Art und Weise verdichtet die nur bei solchen energetischen Ereignissen stattfinden kann. Deshalb ist es auch möglich, aus geologischen Gesteinsuntersuchen eindeutig zu bestimmen, ob ein Krater durch einen Einschlag entstanden ist oder beispielsweise durch einen Vulkanausbruch.
Auf die Kontakt- und Kompressionsphase folgt die Exkavationpshase. Das ist die Phase, in der sich der eigentliche Krater bildet. Ein Teil der Stoßwellen ist direkt nach unten gerichtet und presst das Material dort extrem zusammen. Ein Teil der Stoßwellen drückt aber auch gegen die Seiten des von der vorhergegangenen Explosion ausgehöhlten Bereichs. Dort wird Material nun aus dem sich bildenden Krater hinaus geworfen und landet in einem ringförmigen Bereich um den Einschlagsort. Je nach Wucht des Einschlags kann das ein paar hundert Meter weit entfernt sein oder aber auch ein paar hundert Kilometer.
Jetzt ist der Krater eigentlich schon fertig – er bleibt aber nicht so wie er ist. Das, was direkt nach dem Einschlag entstanden ist nennt man einen transienten Krater und er wird in der nun folgenden Modifikationsphase verändert. Das Gestein der Erde verhält sich während der extremen Ereignisse des Einschlags nicht so wie sich Gestein normalerweise verhält. Es wird quasi weich und kann nach der Bildung des transienten Kraters zurückfedern. Genau in der Mitte des Kraters kann sich so ein sogenannter “Zentralberg” bilden. Der kann wieder kollabieren, es entstehen Stoßwellen und um den Rand des Kraters herum bildet sich eine Art Ringwall. Je nachdem wie groß die Wucht des Einschlags war können sich auch mehrere Ringe bilden. Der Krater wird dadurch deutlich größer als vorher.
Solche Krater mit Zentralbergen und Ringen nennt man “komplexe Krater” im Gegensatz zu den “einfachen Kratern” die von kleineren Objekten erzeugt werden und die dem klassischen “Loch” in der Erde entsprechen. Und es ist eben tatsächlich ein “Loch”, ein runder Krater. Denn nicht die Bewegung des Asteroiden beim Einschlag ist für die Form verantwortlich, sondern die Explosion ganz zu Beginn der Kontakt- und Kompressionspgase. Wie groß genau ein Krater wird, lässt sich nicht exakt vorhersagen. Als grobe Abschätzung kann man davon ausgehen, dass der Durchmesser des Kraters ungefähr 10 mal so groß ist wie der Durchmesser des Einschlagskörpers. Damit auf der Erde ein komplexer Krater entstehen kann, muss das einschlagende Objekt mindestens 2 bis 4 Kilometer groß sein. Auf dem Mond sieht die Sache aber anders aus – der Mond ist kleiner und hat eine geringere Schwerkraft. Die bestimmt aber einerseits mit welcher Geschwindigkeit ein Einschlagskörper angezogen wird und auch wie sich das Gestein nach dem Einschlag verhält. Um komplexe Krater auf dem Mond zu erzeugen muss ein Objekt mindestens 15 Kilometer groß sein.
Der Mond hat allerdings auch keine Atmosphäre. Das hat zwei Auswirkungen auf die Kraterbildung: Einerseits können auch kleine und kleinste Objekte mit ihm kollidieren ohne zerstört zu werden. Während auf der Erde nur Objekte mit mehr als 50 Metern einen Krater schlagen können, können das auf dem Mond selbst kleinste Brocken von Weltraumstaub. Die Atmosphäre sorgt aber auch dafür, dass die Krater im Laufe der Zeit wieder verschwinden. Wind, Wetter und andere Erosionsprozesse schleifen die Strukturen ab und am Ende bleibt nichts mehr übrig. Ein Krater auf dem Mond bleibt viel länger bestehen (allerdings nicht unendlich lange, auch im Weltall gibt es Erosion wie ich in Folge 130 der Sternengeschichten erklärt habe).
Das ist auch der Grund, warum auf dem Mond so enorm viele Krater zu sehen sind und auf der Erde nur vergleichsweise wenig. Es liegt nicht daran, dass der Mond öfter getroffen wird – eher im Gegenteil. Die Erde ist größer und hat eine größere Anziehungskraft; sie ist also auch öfter das Ziel von Geschossen aus dem All. Aber hier bei uns sehen wir die Folgen nicht; auf dem Mond bleiben sie für lange Zeit bestehen und sichtbar. Dort haben wir über 60.000 Krater mit einem Durchmesser von einem Kilometer gezählt; auf der Erde aber nur knapp 100 mit einem ähnlich großen Durchmesser.
Der größte bekannte Krater auf der Erde ist der Vredefort-Krater in Südafrika. Er ist kaum noch zu sehen und fast schon komplett verwittert. Irgendwann vor 2 Milliarden Jahren muss dort ein ungefähr 10 Kilometer großer Asteroid eingeschlagen und ein 100 Kilometer breites und 40 Kilometer tiefes Loch in die Kruste der Erde gerissen haben. Einen anderen großen Krater mit 200 Kilometern Durchmesser findet man auf der Halbinsel Yucatán in Mexiko. Oder besser: Man findet ihn so gut wie gar nicht; an der Erdoberfläche ist nichts davon zu sehen und nur durch geologische Untersuchungen konnte man ihn entdecken. Zum Glück, denn dieser 65 Millionen Jahre alte Krater ist das, was vom berühmten Einschlag übrig blieb, der die Dinosaurier ausgelöscht hat. In Deutschland steht die bayrische Stadt Nördlingen mitten in einem 24 Kilometer durchmessenden Einschlagskrater, dem Nördlinger Ries, das vor 14,6 Millionen Jahren entstand.
Einschlagskrater können uns enorm viel über die Vergangenheit unseres Planeten verraten. Aber auch über die Geschichte unseres Sonnensystems. Wir untersuchen die Krater auf dem Mars der dank seiner dünnen Atmosphäre ebenfalls Unmengen an Kratern zeigt; ebenso wie der Merkur oder die großen Monde der Gasplaneten im äußeren Sonnensystem. Zumindest diejenigen, die nicht von allzu dicken Eisschichten bedeckt sind, denn die Krater dort verschwinden schnell; Auch auf der Venus finden wir quasi überhaupt keine Krater, da ihre extrem dichte Atmosphäre kaum etwas bis zum Boden durchkommen lässt.
Trotzdem sind Krater wichtig. In ihnen stecken die Informationen über das Innere der Himmelskörper, die wir sonst nie herausfinden könnten. Sie zeigen uns die Vergangenheit, die wir sonst nie sehen könnten. Und sie sagen uns, wie das Sonnensystem ausgesehen hat, als es weder Leben, noch unsere Erde gegeben hat. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
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