Schwarze Löcher sind ein Dauerbrenner unter den “Fragen zur Astronomie” die mir immer wieder gestellt werden. Dass es diese Objekte gibt wissen wir schon länger. Aber darüber hinaus gehören sie zu den Himmelskörpern, bei denen noch viele Fragen zu beantworten sind. Zum Beispiel zu ihrer Entstehung. Heute geht es um die Fragen nach den ganz massereichen schwarzen Löchern: Wie entstehen supermassereiche schwarze Löcher?”
Man unterscheidet bei den schwarzen Löchern grob zwei unterschiedliche Kategorien. Da sind zuerst einmal die stellaren schwarzen Löcher. Die entstehen immer dann, wenn ein sehr massereicher Stern am Ende seines Lebens und nach dem Ende der Kernfusion in seinem Inneren unter seinem eigenen Gewicht kollabiert. Die so entstehenden schwarzen Löcher haben ein Vielfaches der Sonnemasse; die schwersten unter ihnen sind zwei bis drei Dutzend mal schwerer als die Sonne. Diese schwarzen Löcher findet man überall in der Galaxis; überall dort wo man auch Sterne findet.
Es gibt aber auch noch eine andere Art: die supermassereichen schwarzen Löcher. Die gibt es in den Zentren aller großen Galaxien und sie können Millionen bis Milliarden mal schwerer sein als die Sonne. Das, das sich im Zentrum unserer eigenen Milchstraße befindet, hat ungefähr 4 Millionen Sonnenmassen und wir wissen zwar, dass es vorhanden ist aber die Entstehung dieser Objekte ist immer noch unklar.
Ich habe früher schon etwas zur Entstehung dieser Objekte geschrieben und bin am Ende zu dem Schluss gekommen, dass wir noch nicht wissen, was da genau abläuft. Das gilt heute immer noch; ein bisschen mehr haben wir aber in letzter Zeit doch heraus gefunden. Wir wissen, das die supermassereichen schwarzen Löcher nicht aus Sternen entstehen können. So große Sterne kann es nicht geben; ein Stern kann höchstens das etwa 300fache der Sonnenmasse erreichen. Je größer ein Stern ist, desto heißer brennt er und desto stärker ist auch der Druck der Strahlung der aus seinem Inneren entweicht. Noch größere Sterne würden unter der Kraft ihrer eigenen Strahlung auseinander gerissen werden.
Supermassereiche schwarze Löcher können entweder aus kleinen Objekten entstehen und langsam immer größer werden. Wenn zwei schwarze Löcher kollidieren entsteht dabei ein noch größeres schwarzes Loch. Dass solche Kollisionen stattfinden wissen wir, weil wir so etwas letztes Jahr das erste Mal beobachtet haben. In den Zentren der Galaxien stehen die Sterne sehr dicht beieinander und es kann durchaus immer wieder zu Kollisionen zwischen Sternen bzw. schwarzen Löchern kommen. Ob das aber ausreicht um die gigantischen supermassereichen schwarzen Löcher zu erzeugen wissen wir nicht. Vor allem finden wir die schwarzen Löcher auch in sehr jungen Galaxien wo die Zeit für das Wachstum eigentlich nicht gereicht haben kann.
Die andere Möglichkeit bestünde darin, dass die supermassereichen schwarzen Löcher ohne den Umweg über einen Stern entstehen. Riesige Gaswolken von mehreren Millionen bis Milliarden Sonnenmassen könnten direkt unter ihrem eigenen Gewicht kollabieren und gleich zu einem supermassereichen schwarzen Loch werden. Auch das passiert, aber normalerweise entstehen beim Kollaps solcher Gaswolken viele Sterne und die Strahlung dieser Sterne drückt dann quasi nach außen; wirkt also dem Kollaps der Wolke entgegen und verhindert so die Entstehung der supermassereichen schwarzen Löcher.
Ein Anfang März 2017 veröffentlichter Fachartikel (“Rapid Formation of Massive Black Holes in close proximity to Embryonic Proto-Galaxies”) zeigt aber nun einen Weg wir das mit dem Kollaps doch klappen könnte. Junge Galaxien enthalten viele junge, stark und hell strahlende Sterne. Wenn sich jetzt eine solche junge Galaxie (A) in der Nähe einer anderen Galaxie (B) befindet in deren Zentrum eine Gaswolke gerade kollabieren will, dann kann folgendes passieren: Die Strahlung der Sterne der Galaxie A sorgt dafür dass in der Galaxie B die Sternentstehung verzögert wird. Die Strahlung heizt die Wolke auf die dann länger braucht um zu fragmentieren, d.h. sich kleinere Wolken aufzuspalten die dann zu Sternen kollabieren. Aber früher oder später würden sich die Wasserstoffatome in der Gaswolke zu Wasserstoffmolekülen verbinden und die braucht es in der Wolke, wenn daraus später ein Stern entstehen soll. Wenn nun aber in Galaxie A auf einen Schlag jede Menge Sterne entstehen; wenn Galaxie A also eine sogenannte Starburst-Galaxie ist, dann gibt es quasi einen “Strahlungsblitz” der die Entstehung von Wasserstoffmolekülen verhindert bzw. schon vorhandene Moleküle wieder aufspaltet. Die Gaswolke kann nicht fragmentieren; es entstehen keine Sterne und am Ende kollabiert die ganze Wolke zu einem supermassereichen schwarzen Loch.
In den Computersimulationen der Wissenschaftler funktioniert dieser Prozess. Ob er auch in der Realität stattfindet, wissen wir nicht. Noch nicht – aber wenn im nächsten Jahrzehnt die neue Generation der Großteleskope den Betrieb aufnehmen wird, werden wir auch die Möglichkeit haben diese Hypothese durch Beobachtungen zu überprüfen.
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
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