SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.

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Sternengeschichten Folge 275: Der Mikrolinseneffekt

In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich ausführlich über den Gravitationslinseneffekt gesprochen. Albert Einstein hatte ja in seiner berühmten Allgemeinen Relativitätstheorie festgestellt, dass jede Masse den Raum krümmen kann. Und dass Lichtstrahlen der Krümmung des Raums folgen. Anders gesagt: Massen können also den Weg von Lichtstrahlen verändern und daher genau so wirken, wie optische Bauteile das tun. So wie Linsen in einer Brille oder einem Teleskop Lichtstrahlen ablenken, können das auch Sterne, Galaxien oder Planeten tun. Sie können “Gravitationslinsen” sein und im Laufe der letzten Jahrzehnte haben Astronomen die Auswirkungen solcher Linsen beobachtet. Sie verzerren das Licht ferner Galaxien oder erlauben es uns die Verteilung dunkler Materie im Universum zu bestimmen. Über all das habe ich ausführlich in der letzten Folge gesprochen.

Heute verbiegen wir Licht! (Bild: NASA, Public Domain)

Heute verbiegen wir Licht! (Bild: NASA, Public Domain)

Man kann mit dem Gravitationslinseneffekt aber auch noch andere coole Dinge tun. Zum Beispiel Planeten entdecken. Hier muss man das Phänomen allerdings ein klein wenig anders betrachten. Wir haben es nun nicht mehr mit Quasaren, Galaxien und anderen riesigen Objekten in gewaltigen Entfernungen zu tun. Sondern mit Sternen und Planeten die sich vergleichsweise nahe, also innerhalb unserer Milchstraße befinden. Wenn von uns aus gesehen ein Stern genau vor einem anderen vorüber zieht, funktioniert das Prinzip der gravitativen Lichtablenkung genau so. Nur sind hier im Allgemeinen die von der Gravitationslinse – also dem Vordergrundstern – erzeugten Bilder des Hintergrundsterns so nahe beieinander, das wir sie nicht getrennt voneinander wahrnehmen können.

Alles was wir beobachten, ist eine kleine Helligkeitsveränderung des Hintergrundsterns. Er erscheint uns heller, als er es ohne die Linse wäre, denn die Gravitationslinse “biegt” ein wenig Licht in unsere Blickrichtung das ansonsten von uns ungesehen in den Tiefen des Alls verschwunden wäre.

Aber wie soll man so was überhaupt bemerken? Wir haben ja keine Ahnung, ob ein Stern jetzt heller ist, als er es sein sollte. Wir wissen ja nicht, wie hell ein Stern sein sollte. Dazu müssten wir wissen, wie weit entfernt der Stern genau ist, wie groß er ist, welche Masse er hat, und so weiter. Nur dann können wir genau berechnen, wie hell er theoretisch erscheinen sollte und könnten bemerken, dass er heller ist. Aber solche detailierten Angaben haben wir nur für sehr wenige Sterne und in der Milchstraße gibt es ein paar hundert Milliarden von den Dingern!

Diese Sterne bewegen sich allerdings auch und genau das ist der Schlüssel zum Mikrolinseneffekt. Es kann sein, dass von uns aus gesehen ein Stern genau an einem anderen vorüber zieht. Die Linse bewegt sich also vor einem Hintergrundstern vorüber und erzeugt bei diesem Vorbeigang einen ganz charakteristischen Anstieg und Abfall seiner Helligkeit. Natürlich ändern viele Sterne ihre Helligkeit aus jeder Menge von Gründen (von denen ich einige in Folgen 64 und 65 der Sternengeschichten erklärt habe). Die Helligkeitsänderung durch den Mikrolinseneffekt unterscheidet sich aber deutlich davon und kann so identifiziert werden.

Jetzt bleibt aber immer noch ein Problem. Es gibt jede Menge Sterne in der Milchstraße und wir haben bei so gut wie allen keine Ahnung, wohin sie sich bewegen. Viele Sterne leuchten auch viel zu schwach, als das wir sie beobachten können. Wenn so ein schwach leuchtender Stern die Rolle der Gravitationslinse spielt, dann merken wir das erst, wenn das Ereignis schon stattfindet. Wir können also nicht vorhersagen, wann und wo ein Mikrolinsenereignis stattfinden wird. Es ist auch rein statistisch sehr unwahrscheinlich, das so etwas vorkommt. Will man Mikrolinsenereignisse beobachten will, muss man sehr, sehr viele Sterne auf einmal beobachten – nur dann hat man eine Chance, ein paar davon zu detektieren.

Mikrolensing (Bild: Public Domain)

Mikrolensing (Bild: Public Domain)

Aber warum will man Mikrolinsenereignisse eigentlich beobachten? Zum Beispiel, weil man dann eben auch auf die Existenz von Sternen schließen kann, die zu schwach leuchten als das wir sie sonst beobachten würden. Wenn wir einen Mikrolinseneffekt beobachten, dann wissen wir, dass da irgendwo auch eine Gravitationslinse sein muss. Aus der Helligkeitsveränderung können wir ableiten, wie groß und schwer der Stern sein muss, der diese Rolle spielt. Wir könnten auch Objekte wie braune Zwerge finden, also die Zwischendinger zwischen Planeten und Sternen, die viel zu schwach leuchten, um gut beobachtbar zu sein. Vor einigen Jahrzehnten dachten viele Wissenschaftler ja noch, die ominöse dunkle Materie könnte tatsächlich einfach nur ganz normales Zeug sein, das halt einfach nicht leuchtet. Planeten, braune Zwerge, und so weiter. Wenn das so wäre, dann müsste der ganze Kram, der da in der Milchstraße zwischen den Sternen rumschwirrt, aber auch ständig Mikrolinseneffekte verursachen. Entsprechende Beobachtungskampagnen haben aber nichts gefunden, was diese Hypothese bestätigt. Dunkle Materie kann also kein normales Zeug sein – es muss sich um etwas anderes handeln, wie ich ja schon in Folge 25 der Sternengeschichten erzählt habe.

Aber auch wenn man nicht genug Mikrolinsenereignisse gefunden hat, um die dunkle Materie erklären zu können, hat man doch welche gefunden. Und da waren ein paar sehr interessante dabei. Im Jahr 2003 hat OGLE ein Ereignis beobachtet, das von einer Gravitationslinse in 29.000 Lichtjahren Entfernung verursacht wurde. OGLE steht für das “Optical Gravitational Lensing Experiment”, ein Beobachtungsprojekt das von der Universität Warschau in Polen durchgeführt wird. Man beobachtete bei einem Stern die für ein Mikrolinsenereignis typische Helligkeitsveränderung. Nur das es hier nicht ganz so typisch war. Die Helligkeit stieg an, fiel ab, stieg dann kurz wieder an, um erneut und endgültig abzufallen. Dieser zweite, kurze Anstieg der Helligkeit hätte eigentlich nicht stattfinden sollen. Zumindest dann nicht, wenn der Stern der die Linse darstellt, einfach nur ein einzelner Stern ist. Der zweite kurze Helligkeitsanstieg deutet darauf hin, dass der Stern von einem Planeten umkreist wird. Und auch dieser Planet wirkt kurzfristig als Linse, und erzeugt den zusätzlichen Helligkeitsanstieg.

Planeten entdecken mit der Mikrolinse (Bild: ESO)

Planeten entdecken mit der Mikrolinse (Bild: ESO)

Man hatte damals das erste Mal den Planeten eines anderen Sterns durch die Anwendung des Gravitationslinseneffekts entdeckt. Diesem ersten Planeten – der übrigens den schönen Namen OGLE-2003-BLG-235b trägt – sind mittlerweile viele weitere gefolgt. Die Technik funktioniert gut, ist aber knifflig. Denn so ein Mikrolinsenereignis findet nur einmal statt. Es dauert ein paar Tage und ist dann vorbei. Um zweifelsfrei von einer Entdeckung sprechen zu können, braucht man aber eine Bestätigung. Das passiert hier durch Kooperation. Es gibt neben OGLE noch weitere Beobachtungskampagnen, wie zum Beispiel das neuseeländische MOA-Projekt (wobei MOA für “Microlensing Observations in Astrophysics” steht). Nur wenn mehrere unabhängige Kampagnen das gleiche Ereignis beobachten, ist die Entdeckung abgesichert.

Mit dem Mikrolinseneffekt kann man aber nicht nur Planeten entdecken, die andere Sterne umkreisen. Man kann auch Planeten entdecken, die gar keinen Stern umkreisen sondern ganz alleine durch die Milchstraße fliegen. Sie können auch ganz ohne Stern als Gravitationslinse wirken. Über diese “vagabundierenden Planeten” habe ich schon in Folge 154 gesprochen und dort auch erklärt, wo diese Planeten herkommen. Dank der Beobachtung der von ihnen ausgelösten Mikrolinsenereignisse und entsprechenden statistischen Hochrechnungen wissen wir mittlerweile, dass die Milchstraße voll mit diesen ungebundenen Planeten ist. Es gibt davon mindestens so viele, wie es Sterne gibt!

Das sind beeindruckende Ergebnisse. Noch beeindruckender finde ich es aber, dass wir sie bekommen haben, in dem wir Sterne und Planeten selbst als Teleskope benutzt haben um Dinge sehen zu können, die wir sonst nicht gesehen hätte. Das soll uns Astronomen erst mal jemand nachmachen!

Kommentare (22)

  1. #1 Peter Paul
    2. März 2018

    Toll, was man alles durch Microlensing entdecken und beobachten kann. Zumindest für mich, wäre die Sache aber noch schöner, wenn ich es verstehen könnte, wie dieser Anstieg der Helligkeit eigentlich zustande kommt.
    Man sieht immer wieder solche Bilder wie das da oben (Gravitation Microlensing), die die Sache, ganz offensichtlich, falsch darstellen: In diesen Bildern wird eine solche Linse gerne genauso behandelt wie eine klassische Sammellinse, aber sie wirkt auf die Lichtstrahlen ganz anders: Je näher ein Lichtstrahl an der Vordergrundmasse (Stern oder Galaxie) vorbeigeht, desto stärker wird er gebogen. Dort ist ja das Gravitationsfeld oder die Raum-Zeit-Krümmung oder die gravitative Zeitdilatation größer als in der Entfernung. Das ist genau umgekehrt wie bei der klassischen Sammellinse. Die Gravitationslinse sammelt das Licht offenbar nicht ganz analog, deshalb nicht die Helligkeit auch nicht zu, wie bei der Sammellinse, aber wie macht sie es dann?

  2. #2 pane
    2. März 2018

    was ich nicht verstehe, wie kann man durch nicht vorhandenen Mikrolinseneffekte Machos als Dunkle Materie ausschließen? Wenn ich z.B. 10 Sonnenmassen auf einen engen Raum habe, habe ich einen Gravitationslinseneffekt. Ganz gleich, ob es sich dabei um einen Stern, ein schwarzes Loch oder irgend ein exotisches Zeugs handelt. Es kommt doch nur auf die Masse an.

  3. #3 Captain E.
    2. März 2018

    @pane:

    Waren die MACHOs nicht zu hell? Egal ob verirrte Planeten oder ausgebrannte Sterne wie Weiße Zwerge, Neutronensterne oder Schwarze Löcher, etwas Strahlung produzieren sie alle, und die kann man messen. Die Astronomen haben in den letzten Jahren ziemlich genau hingesehen.

  4. #4 Alderamin
    2. März 2018

    @Peter Paul

    Na ja, es wird doch Licht in unsere Richtung gebogen, das ansonsten weit vorbei gegangen wäre. Die Linse hat keinen Brennpunkt, auf die alles Licht gelenkt wird, sondern eine Brennlinie, für jeden Radius um die lichtablenkende Masse gibt es einen eigenen Brennpunkt. Aber es gibt eben für jeden Radius einen Brennpunkt, und der verstärkt die Helligkeit.

    Die fernsten Galaxien, die wir bisher beobachten konnten, wurden nur durch die Lichtverstärkung von Gravitationslinsen im Vordergrund aufgespürt. Es gibt sogar die Idee, die Sonne als Objektiv für ein Gravitationsteleskop zu nutzen, indem man einen Satelliten weit draußen in 550 AU positioniert und die Sonne selbst mit einer Maske in großem Abstand ausblendet.

  5. #5 Peter Paul
    2. März 2018

    @ Alderamin

    1. Es wird aber auch Licht gebogen, das vorher auf uns getroffen wäre. Es sind also andere Lichtstrahlen, die wir registrieren, aber wieso sind es mehr?

    2. Kein Brennpunkt, aber eine Brennlinie. O.k! Von der Brennlinie merken wir aber nur dann was, wenn wir uns auf dieser Linie befinden. Dann sollten wir eigentlich einen Einsteinkreis sehen. Im angesprochenen Bild ist das aber gar nicht der Fall.

    3. Brennpunkt für jeden Radius: o.k! Aber 2.

    Fazit: Der Anstieg der Helligkeit findet nur dann statt, wenn wir uns auf der Gerade von Vorder-und Hintergrundstern befinden. Richtig?

  6. #6 Captain E.
    2. März 2018

    @Peter Paul:

    Dein Fazit ist nicht ganz korrekt, denn wir reden ja nicht (nur) über Sterne, sondern über Galaxien oder Galaxienhaufen. So eine Galaxie ist aber häufig eine flache Scheibe, und die kann ja irgendwie im Raum liegen, bezogen auf unsere Beobachterposition. Und davon hängt am Ende ab, welches Bild wir von den Objekten dahinter zu sehen bekommen.

  7. #7 Alderamin
    2. März 2018

    @Peter Paul

    1. Es ist nur ein winziger Raumwinkel, der uns (also das Auge, die Teleskopoptik) direkt trifft. Durch die Ablenkung wird ein viel größerer Raumwinkel um das beugende Objekt abgegriffen, von dem in Verhältnis viel mehr in der Optik landet.

    2. Die Linie ist nicht beliebig scharf, man hat auch in der Nähe der Linie eine Verstärkung (von Licht, das seinen Brennpunkt etwas näher oder ferner vom Beobachter findet. Die Lichtkurve steigt ja auch vor dem Helligkeitsmaximum schon langsam an.
    Den Einsteinring gibt’s ohnehin nur bei perfekt kugelsymmetrischer Masse. Bei Galaxien ist das selten der Fall, aber bei Planemos oder Braunen Zwergen vor einem Stern schon. Dann gibt’s genau dann eine starke Aufhellung, wenn man genau auf der Brennlinie ist. Oben im Text steht, dass der Einsteinring allerdings in diesem Fall zu klein ist, um ihn aufzulösen.

    Der Anstieg der Helligkeit beginnt bereits, wenn wir uns der Fokuslinie nähern. Je genauer wir sie dann treffen, desto heller wird das gelinste Objekt.

  8. #8 Alderamin
    2. März 2018

    Um nochmal die Terminologie klar zu machen:

    Das oben im Bild der Galaxie nennt sich “strong lensing”, das sind die sichtbaren Einsteinkreuze und -ringe um Galaxien und Galaxienhaufen.

    Dann gibt es “weak lensing”, das ist nur messtechnisch als winzige Verzerrung in Fotos nachzuweisen, und damit können Computeralgorithmen die Form und Verteilung der lichtbeugenden Masse rekonstruieren.

    Und es gibt “microlensing”, das ensteht, wenn ein fernes, relativ dunkles Objekt vor einem noch ferneren Stern vorbei zieht und diesen in der Helligkeit deutlich ansteigen lässt. Hier geht es nur um letzteres, das erste Bild oben ist nur als Symbolbild für Gravitationslinsen insgesamt zu verstehen.

  9. #9 pane
    2. März 2018

    @Captain E.: Schwarze Löscher geben gar keine Strahlung ab, solange nichts rein fällt. Abgesehen von der sehr schwachen Hawkingstrahlung. Und wie es bei Milliarden Jahre alte Neutronensterne aussieht weiß ich auch nicht. Aber vor allem, das Zeugs muss ja gar nicht so groß sein. Von der Oortschen Wolke bekommen wir ja auch nichts mit, obwohl sie recht nahe ist. Weder in Teleskopen noch als Gravitationslinse. Könnte die Milchstraße nicht voll sein von solchen eher kleinen Brocken?

  10. #10 Bullet
    2. März 2018

    @pane:

    Könnte die Milchstraße nicht voll sein von solchen eher kleinen Brocken?

    Davon können wir wohl ausgehen.

  11. #11 Alderamin
    2. März 2018

    @pane

    Schwarze Löcher stellarer Masse, Neutronensterne oder Planemos fand man bei der MACHO-Suche, aber bei weitem zu wenige, um die DM zu erklären. Höchstens wenn sie sehr massiv und damit selten wären, oder sehr klein und damit keine Gravitationslinseneffekte auslösen würden (@Bullet: ‘Oumuamua fällt in diese Kategorie), könnten sie MACHO entgangen sein, aber baryonische Materie kommt ja wegen der Nukleogenese nach dem Urknall sowieso nicht in Frage; primordiale schwarze Löcher evtl. schon.

    Es gibt gerade eine neue Arbeit (weiß nicht, ob Florian drüber schreibt, vielleicht schreibe ich anonsten wenigstens was kurzes), wo man angeblich 21-cm-Strahlung von Wasserstoff und Wechselwirkung von DM mit Wasserstoff im frühesten Universum (z=18) gefunden haben will (nein, ich verstehe das auch noch nicht), das spricht dann wieder für exotische Teilchen, weil, da gab’s außer Wasserstoff und Helium noch nix.

  12. #12 Captain E.
    2. März 2018

    @pane:

    Schwarze Löscher geben gar keine Strahlung ab, solange nichts rein fällt. Abgesehen von der sehr schwachen Hawkingstrahlung. Und wie es bei Milliarden Jahre alte Neutronensterne aussieht weiß ich auch nicht. Aber vor allem, das Zeugs muss ja gar nicht so groß sein. Von der Oortschen Wolke bekommen wir ja auch nichts mit, obwohl sie recht nahe ist. Weder in Teleskopen noch als Gravitationslinse. Könnte die Milchstraße nicht voll sein von solchen eher kleinen Brocken?

    “Schwarze Löscher”? 😉

    Nun, dass ein Schwarzes Loch keine Strahlung abgibt, ist praktisch unmöglich, denn ein bisschen was fällt immer hinein. Das dauert ja auch so seine Zeit, und so hat man auch von relativ kleinen Materiemengen lange etwas. Und dann können Schwarze Löcher auch Sterne in ihrer Umgebung beeinflussen, und die kann man dann sogar sehr gut sehen. Und bevor du damit ankommst, dass das ja genau das wäre, was wir mit den vermuteten MACHOs suchen, lass dir gesagt sein, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass die Dunkle Materie irgendwo solche lokal geballten Massen bilden kann. Im Gegenteil muss man schon große Raumbereiche betrachten, um sie zu finden.

    Und was Neutronensterne angeht, sind die an ihrer Oberfläche nicht um einiges heißer als etwas Weiße Zwerge? Die werden nach der Abkühlphase zu Schwarzen Zwergen, aber das Universum ist einfach noch nicht alt genug für derartige Gebilde. Mit anderen Worten: Die sollten alle noch Strahlung abgeben.

    Und dann ist das Weltall insgesamt eher leer als voll. Da macht eine Riesenmenge Kleinzeug am Ende trotzdem nicht allzu viel aus. Die Berechnung der gesamten Materie ist natürlich zu einem Gutteil Abschätzung, aber das können die Astronomen besser als man das so aus dem Alltag her kennt.

  13. #13 pane
    2. März 2018

    @Captain E.: Ok, dann ist das Weltall voll von exotischer, schwerer Materie. Aber die müsste doch genauso einen Gravitationslinseneffekt zeitigen.

  14. #14 Alderamin
    2. März 2018

    @Pane

    Aber die müsste doch genauso einen Gravitationslinseneffekt zeitigen.

    Tut sie ja auch, aber keine Microlensing, sondern nur Weak und Strong Lensing. Eine Galaxie oder Galaxienhaufen ist wesentlich schwerer, als er das aufgrund der leuchtenden Materie sein sollte, was man am Gravitationslinseneffekt messen kann. Auch zwischen Galaxien findet man manchmal Masse, die nicht oder kaum leuchtet, dazu wertet man das “Weak Lensing” aus. So weißt man sie ja gerade nach (und aus der Bewegung von Sternen in Galaxien und Galaxien umeinander).

    Da DM aber nicht klumpt, kann sie keine Linse für Microlensing bilden. Wenn sie aus primordialen schwarzen Löchern bestehen sollte, müssten diese Massen von weniger als Planetenmasse haben, damit sie bei Microlensing nicht gefunden werden. Die wären dann schon sehr klein, weniger als ein Zentimeter.

  15. #15 Yggdrasil
    2. März 2018

    Hallo,

    im obigen Link auf die Folge „MP3-Download
    fehlt ein doppeltes Anführungszeichen.

  16. #16 Daniel Rehbein
    Dortmund
    2. März 2018

    Über die Formulierung zur dunklen Materie bin ich auch gestolpert. Ich habe erst gedacht, ich hätte etwas grundsätzlich nicht verstanden.

    Denn nach meinem Verständnis ist dunkle Materie “ganz normales Zeug”. Es ist ganz gewöhnliche Materie, sie unterliegt wie jede Materie der Gravitation, sie hat lediglich keine elektromagnetische Wechselwirkung.

    Und der Gravitationslinseneffekt bezieht sich zwar auf Licht, also auf elektromagnetische Wellen, aber er hat trotzdem nicht mit elektromagnetischer Wechselwirkung zu tun, sondern er basiert rein auf der Krümmung des Raums durch die Gravitation von Massen.

    Als ich dann im Text so unvermittelt gelesen habe, daß dunkle Materie etwas völlig anderes sein soll, das keinen Gravitationslinseneffekt erzeugt, habe ich erst gedacht, ich muß mein bisherigen Verständnis von dunkler Materie komplett ändern. Sollte dunkle Materie etwas sein, das keinerlei Raumkrümmung erzeugt, das also nicht den Formeln der Relativatättheorie unterliegt?

    Zum Glück hat Alderamin das in #14 dann erklärt. Es geht ausschließlich um die Art, wie dunkle Materie sich zu größeren Mengen ansammelt bzw. welche Eigenschaften (Dichte, Abstände, Konturen) solche Ansammlungen haben.

  17. #17 Alderamin
    2. März 2018

    @Daniel Rehbein

    Es geht ausschließlich um die Art, wie dunkle Materie sich zu größeren Mengen ansammelt bzw. welche Eigenschaften (Dichte, Abstände, Konturen) solche Ansammlungen haben.

    So weit richtig.

    Denn nach meinem Verständnis ist dunkle Materie “ganz normales Zeug”. Es ist ganz gewöhnliche Materie, sie unterliegt wie jede Materie der Gravitation, sie hat lediglich keine elektromagnetische Wechselwirkung.

    Ganz normales Zeug ist sie ganz sicher nicht, denn sie findet sich nicht im Standardmodell der Quantenphysik wieder. Alles “Normale” wechselwirkt elektromagnetisch, sogar das neutrale Neutron, denn es besteht aus elektrisch geladenen Quarks, deren Ladungen sich lediglich zu 0 aufheben. Bis auf die 3 bekannten Neutrinos, die nicht elektromagnetisch wechselwirken, aber stets mit rasender Geschwindigkeit unterwegs sind und deswegen nicht Bestandteil der gesuchten ruhenden “kalten” dunklen Materie sein können.

    Supersymmetrische Teilchen, Axionen, sterile Neutrinos (das sind andere als die bekannten) oder dergleichen exotisches Zeugs wird erwogen, die alle noch der Entdeckung harren. Sprich, es ist irgendwas, das wir höchstwahrscheinlich noch nicht kennen. Exotischer geht’s gar nicht.

  18. #18 Peter Paul
    3. März 2018

    @Alderamin
    #7 zu 1: Wieso soll der Raumwinkel am abstrahlenden Objekt durch die Biegung größer werden? Ich glaube, du denkst da doch irgendwie an Fokussierung, aber die findet bei Gravitationslinsen ja nur entlang der Brenngerade statt.
    Auch an der klassischen Streulinse findet Lichtbiegung statt, aber die führt zur Lichtabschwächung.
    #8: Danke für die klare Begriffstrennung.

  19. #19 Artur57
    3. März 2018

    @Peter Paul #18

    Betrachten wir vom Einsteinring einmal nur ein schmales Winkelsegment bei Phi=0, also rechts vom Zentrum. Das Licht, das näher am Zentrum liegt, wurde stärker gekrümmt und kommt aus einer Region, die auf dem Zielobjekt weiter links liegt. Die weiter außen liegenden Lichtstrahlen wurden weniger gekrümmt und zeigen daher das Zielobjekt weiter rechts. Die Gravitationslinse ist daher in zweierlei Hinsicht praktisch: erstens lenkt sie mehr Photonen zum Beobachter und zweitens hat man einen Vergrößerungseffekt.

    Eine schlaue Software wird nun versuchen, viele Winkelsegmente zu einem kompletten Bild zusammen zu fassen. Das ist sicher in einigen Fällen erfolgreich.

  20. #20 Alderamin
    3. März 2018

    @Peter Paul

    #7 zu 1: Wieso soll der Raumwinkel am abstrahlenden Objekt durch die Biegung größer werden? Ich glaube, du denkst da doch irgendwie an Fokussierung, aber die findet bei Gravitationslinsen ja nur entlang der Brenngerade statt.

    Ich denke an den Raumwinkel, den das Schwerefeld des lichtablenkenden Objekts im Lichtkegel des gelinsten Objekts einnimmt, der ist sehr groß im Vergleich zu Raumwinkel des Lichtkegels, den der Beobachter ohne Gravitationslinse abgreifen würde.

    Auch an der klassischen Streulinse findet Lichtbiegung statt, aber die führt zur Lichtabschwächung.

    Ja, aber die Streulinse hat keinen Brennpunkt, gar keinen. Die Gravitationslinse biegt das Licht aus einem Kreis um das Schwerefeld nach innen auf einen Brennpunkt (für jeden Radius ein anderer, aber betrachte mal nur einen), das ist eine Bündelung. Und der Kreis ist ziemlich groß.

    Wahrscheinlich musst Du‘s ausrechnen, sonst muss man‘s glauben. Auf der anderen Seite sieht man oben an der Lichtkurve ja, dass es funktioniert.

  21. #21 Zhar
    3. März 2018

    Die Gravitationslinse müsste doch auch weiter außerhalb der Brennlinie einen leichten Schatten werfen, wie normale Linsen ja auch, irgendwo muss das Licht ja ‘geklaut werden’, im oberen Graph ist das sicherlich unter der Messgenauigkeit, gibts da schönere Messkurven die das zeigen? Und könnte man so nicht auch Gravitationslinsen erkennen deren verstärkende Brennlinie uns unerkannt streift, oder ist die Auswirkung einfach viel zu schwach?

  22. #22 Joselb
    7. März 2018

    @Peter Paul
    Soweit ich die Sache richtig verstehe, hast du mit der Streuung schon recht. Hinter der Gravitationslinse vergrößert sich der Abstrahlwinkel in radiale Richtung und es findet dadurch eine Stauchung bzw Helligkeitsabschwächung statt. Gleichzeitig streckt sich das Bild aber (wie bereits durch Alderamin erklärt) in tangentialer Richtung, so das bei perfektem Fokus ein vollständiger Ring entsteht (eine klassische Linse würde stattdessen annähernd eine Kreisfläche ergeben). Ich nehme mal an, dass die tangentiale Streckung die radiale Stauchung bei weitem übersteigt, so dass insgesamt ein größerer Raumwinkel abgedeckt wird, bzw die Helligkeit zunimmt.

    Blöd ist, dass sich der tangentiale Anteil nicht aus der obigen Grafik ergibt, weil er zur Bildebene senkrecht steht, und man ihn daher leicht übersieht.