Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute entschieden, dass neue Methoden der Gentechnik wie Crispr/Cas unter die bestehenden Gentechnik-Richtlinien fallen. Das ist aus wissenschaftlicher Sicht ein wenig absurd, den andere Methoden wie zum Beispiel die radioaktive Bestrahlung von Organismen zur Auslösung von Mutationen werden aus dieser Regelung ausgenommen, weil sie “bewährt und sicher” sind. Und das, obwohl die neuen Methoden (sehr vereinfacht gesagt) nichts anderes machen als diese alten Methoden, nur gezielter und besser. Da ich aber kein Biologe bin, will ich auf die Details gar nicht eingehen, sondern verweise da zum Beispiel auf den sehr guten Text von Lars Fischer, der das Problem mit diesem Urteil gut erklärt hat.

Gentechnik verursacht Ängste... (Bild: Ingrid Moen et al (2012), CC-BY 2.0)

Gentechnik verursacht Ängste… (Bild: Ingrid Moen et al (2012), CC-BY 2.0)

Ich möchte ein anderes Problem ansprechen. Und auch das hat Lars in seinem Artikel schon erwähnt:

“Ich halte es für entscheidend, dass sich gerade die Wissenschaft diesen Umstand klar macht. So richtig die Einwände sind, dass aus fachlicher Sicht gentechnische Mutagenese nichts prinzipiell anderes ist als jene mit Radioaktivität oder Chemikalien, in einer weltanschaulichen Diskussion laufen solche Argumente schlicht ins Leere.”

Das ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Punkt. Es reicht ja nicht, wenn man feststellt, das etwas aus wissenschaftlicher Sicht zweifelsfrei unsinnig ist. Man muss diese Erkenntnis auch irgendwie vermitteln. Das ist im Fall des EuGH-Urteils ebenso wichtig wie in anderen Fällen. Wenn man zum Beispiel erklären will, das Homöopathie Quatsch ist; das Impfgegner gefährlich Unsinn verbreiten oder Astrologie ganz definitiv nicht funktioniert. All das (und noch viel mehr) sind keine strittigen Fragen; hier hat die Wissenschaft überall schon seit langer Zeit ganz eindeutige Erkenntnisse erarbeitet. Homöopathie funktioniert nicht. Astrologie ist Aberglaube. Und so weiter. Nur: Wie vermittelt man das?

Oder im konkreten Fall: Wie macht man der Öffentlichkeit klar, dass das Urteil des EuGH aus wissenschaftlicher Sicht nicht sonderlich zielführend ist und das man die neuen Methoden der Gentechnik anders behandeln muss als “Die Gentechnik” allgemein? In einer idealen Welt würde man einfach die wissenschaftlichen Fakten präsentieren und die Menschen würden sie prüfen, bewerten und entsprechend akzeptieren. Aber die Welt ist nicht ideal und die Popularität von Esoterik, Pseudowissenschaft und Co demonstriert ja wunderbar, dass man noch so viele wissenschaftliche Fakten ansammeln kann: Wer keine Lust hat sie zu akzeptieren, der tut das nicht und glaubt einfach weiter. Man kann den Menschen noch so viele Studien über Homöopathie oder Fakten über die Unsinnigkeit der Astrologie präsentieren: Wer an die Esoterik glaubt, wird sich davon nicht beirren lassen. Denn Glauben zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass er nicht auf Fakten basiert! Glauben lässt sich nicht weg argumentieren.

Imm Fall der Wissenschaftskommunikation über das EuGH-Urteil hat man meiner Meinung nach folgendes Problem: Ein gewisser Teil der Öffentlichkeit hat sich, was die Gentechnik angeht, schon ein abschließendes Urteil gebildet und lehnt alles, was damit zu tun hat, ab. “Gentechnik” und alle verwandten Begriffe sind für sie negativ besetzt. Und wenn man diesen Leuten nun erklärt, dass die neuen Methoden wie Crispr/Cas etc aber ganz anders sind und überhaupt die ganze Sache mit der Gentechnik nicht so schlimm und schädlich ist wie sie sich das vorstellen, dann erreicht man damit nichts. Die wissenschaftliche Argumente laufen, wie Lars in seinem Text festgestellt hat, ins Leere.

In gewissen Sinn ist das verständlich. Wer will sich schon erklären lassen, dass man Unsinn glaubt? Wer hört gerne, dass er falsch liegt? Und noch dazu von den Leuten, die man als “Gegner” ansieht? Niemand. Wer Gentechnikgegner erklärt, das Gentechnik eh super und ungefährlich ist, widerspricht der Weltsicht und Erwartungshaltung dieser Leute. Vereinfacht gesagt: Man erzählt ihnen genau das, was sie nicht hören wollen. Und deswegen hören sie es auch nicht!

Ich hab mir schon oft überlegt, wie man so etwas umgehen kann. Vor einiger Zeit hab ich das Buch “Houston, we have a narrative” von Randy Olson gelesen und da ging es um ein ähnliches Problem (Klimwandel) und Olsons Auseinandersetzung damit war sehr interessant und hat mich dazu gebracht, mir ein paar neue Methoden zu überlegen: Wenn einem die Leute nicht zuhören, weil man ihnen etwas sagt das sie nicht hören wollen: Dann muss man ihnen etwas sagen, DAS sie hören wollen!

Im Fall des EuGH-Urteils würde das in etwa so aussehen: Die Menschen sind überzeugt, das Gentechnik schlecht und schädlich ist. Wenn man will, das einem diese Leute zuhören, dann muss man sich mit dieser Erwartungshaltung auseinandersetzen und darf sie nicht einfach beiseite wischen und eine Kommunikation mit “Das ist alles Unsinn! In Wirklichkeit ist alles ganz anders und du liegst falsch” beginnen. Stattdessen sollte man sich auf das konzentrieren, was der Erwartungshaltung dieser Leute auch wirklich entspricht. Denn es gibt ja Risiken und Gefahren bei der Gentechnik. So wie das bei jeder neuen Technologie der Fall ist; das zu leugnen wäre weder moralisch redlich noch wissenschaftlich korrekt. Mit diesen realen Risiken sollte man eine Kommunikation beginnen – aber natürlich nicht damit aufhören. Man kann den Leuten vernünftig und seriös erklären, wo die Risiken der Gentechnik liegen (und was die Wissenschaft unternimmt um sie zu verstehen und abzusichern!) – und dann ausführlich erläutern warum Crispr/Cas eben NICHT das Risiko ist, als das es dargestellt wird!.

Oder anders gesagt: Wenn man die Angst der Leute ernst nimmt (ich weiß, das ist eine Phrase, aber in dem Fall ist sie relevant) und ihnen erklärt wo man tatsächlich kritisch hinschauen muss, dann entspricht man vorerst ihren Erwartungshaltungen und sie hören zu. Und DANN kann man die Aufmerksamkeit nutzen und ihnen erklären, wovor sie KEINE Angst zu haben brauchen.

In der Wissenschaftskommunikation geht es ja nicht nur um die Fakten und die verständlichen Erklärungen. Sondern vor allem erst einmal darum, das einem jemand zuhört. Sonst nützen die besten Argumente und die besten Erklärungen nichts. Wenn die ganze Debatte aber so ideologisch aufgeladen ist, wie in diesem Fall, dann laufen Argumente und Erklärungen ins Leere, wenn es keine gemeinsame Gesprächsbasis gibt. Die muss man erst schaffen.

Ich weiß nicht, wie gut so etwas tatsächlich funktioniert. Ich bin kein Experte für Gentechnik und kann daher zu diesem Fall keinen Artikel schreiben, wie ich ihn mir gerade vorgestellt habe. Aber das Konzept lässt sich sicher auch auf andere Themen anwenden und ich werde probieren, das an passender Stelle einmal umzusetzen und auszuprobieren. Bis dahin findet sich ja vielleicht jemand aus der Biologie, der das für das EuGH-Urteil ausprobieren will. Und hoffentlich auch viel Feedback aus der Leserschaft! Ich würde gerne lesen, was ihr davon haltet (und würde mich freuen, wenn wir tatsächlich über Wissenschaftskommunikation reden könnten und sich keine Gentechnik-Debatte entwickelt).

Kommentare (50)

  1. #1 Alisier
    25. Juli 2018

    Erstmal halte ich deinen Text für sehr gut, Florian.
    Darüber zu diskutieren wird nicht einfach…..und das Misstrauen der Glaubenden ist inzwischen riesig.
    Um diese Kluft zu überbrücken wäre von Wissenschaftsseite einiges zu leisten. Eine richtig gute Idee jenseits von Wissenschaftsblogs sehe ich gerade nicht am Horizont.
    Und Danke für den Link zu Lars Fischer. Ihr seid beide richtig gut, und zwar schon seit vielen Jahren.
    Ein bisschen Lob muss auch mal sein.

  2. #2 Wolfgang Nellen
    Kassel
    25. Juli 2018

    Grundsätzlich ist die Idee gut und richtig. Bitte meine Einwände/Vorschläge nicht als destruktive Kritik auffassen!
    Ich befürchte: wenn man im Rahmen eines Blogs die “richtige Filterblase” erreicht und eine Diskussion anfängt, wird kaum einer aus der Nische ausscheren.
    Ich befürchte: es gibt sehr wenige Wissenschaftler, die mit Engelsgeduld diese Strategie durchhalten. Erfahrene Leute haben mehr als 20 Jahre Frustration hinter sich.
    Was m.E. nutzt, ist das persönliche Gespräch in kleinen Workshops, besonders dann, wenn es von praktischer Laborarbeit begleitet ist.
    Was wir gerade versuchen, ist die “Ausbildung von Laien-Experten”, d.h. Bürgern, die Gentechnik indifferent oder zumindest nicht absolut negativ sehen, tiefere Einblicke zu geben (z.T. Laborpraxis) und sie dann als Laien-Experten und Multplikatoren zu weiteren Veranstaltungen einzuladen.
    Zusammenarbeit: gerne!

  3. #3 Alisier
    25. Juli 2018

    Nachtrag: Es ist schon schwer, nicht irgendwann mit
    “Du Depp, kannst Du Dich nicht ein kleines bisschen für Biologie interessieren ehe Du wegen nix in Panik ausbrichst?”
    Und wieso muss ich immer die Zähne zusammenbeißen, bei soviel gequirltem Bockmist?
    Aber dann: wir wollen ja, das etwas verstanden wird……nur bemerken halt viele in Diskussionen die zusammengebissenen Zähne. Und wenn taktiert wird ist Manipulation nicht weit, und das wird halt auch bemerkt.
    Haarig das Ganze.

  4. #4 Uli Schoppe
    25. Juli 2018

    Oh ich stelle mir gerade vor wie das wird wenn man damit anfängt das Gentechnik Risiken hat und dann an den Punkt kommt das die ausgenommenen Standardverfahren ja auch Gentechnik sind : Sie werden schreien “ALLES VERBIETEN!! 111ELF!”
    Tut mir leid, ich bin mit jetzt 50 gerade nach meinen Misserfolgen der letzten Zeit an dem Punkt angekommen das ich wirklich denke alle doof 🙁

  5. #5 DH
    25. Juli 2018

    Hier ist von einem “Konzept” die Rede, so wie es formuliert ist, klingt es leider so, daß sich der Wissenschaftler zu etwas herabläßt, wobei ich allerdings Zweifel habe, daß es tatsächlich so gemeint ist.
    Gegen hartleibige V-Theoretiker ist wenig auszurichten (zumindest nicht direkt mit Argumenten), aber es gibt auch sehr viele Laien, die eben erstmal denken, daß alles mit Gentechnik abzulehnen sei.
    Haben die darauf ein Recht? Ja, denn das ist menschlich, möchte mal den Wissenschaftler sehen, der nicht selber an irgendeiner Stelle Vorurteile hat, bei denen er selber der blutige Laie ist.
    Und dann will er ja auch nicht als pauschaler Idiot hingestellt werden- entscheidend ist meistens, ob jemand völlig verbohrt ist oder einigermaßen diskussionsbereit, und selbst dann gibt es immer noch das Recht, sich eine falsche(?) Meinung zu bilden.
    Genauso wie die Wissenschaft das Recht hat, sich zu irren, ohne dafür pauschal verurteilt zu werden (damit spiele ich nicht auf dieses Thema an).

  6. #6 CM
    25. Juli 2018

    Grundsätzlich stimme ich Dir zu, Florian. Insb. bei dem Kommunikationsaspekt, doch dem

    Wie macht man der Öffentlichkeit klar, dass das Urteil des EuGH aus wissenschaftlicher Sicht nicht sonderlich zielführend ist und das man die neuen Methoden der Gentechnik anders behandeln muss als “Die Gentechnik” allgemein?

    liegt, wenngleich durchaus richtig bemerkt, auch ein Denkfehler zugrunde:

    Alte Mutagenesemethoden (radioaktiv induziert) werden anders behandelt als neue, neue Chemikalien unterliegen strengeren Richtlinien als alte (die z. T. einfach weiter verwendet werden, obgleich hinter ihrer toxikologisch-ökologischen Unbedenklich ein großes Fragezeichen steht) und die Medikamentenzulassung wurde in den letzten Jahrzehnte auch stringenter (wenngleich es auch in jüngerer Zeit gegenläufige Tendenzen gibt). Mit anderen Worten: Es gibt historische Ursachen für Inkonsistenzen. Und das ist oft nicht nur unlogisch aus Sicht von “uns Wissenschaftlern” …

    Und gleichfalls gibt es eine gesellschaftliche Pflicht, die Justiz und Politik zu erfüllen haben: Die der Vorsicht. Und Nicht-Wissenschaftlern (z. B. Juristen) bleibt nur die Wahl zwischen dem Neigen zu einer Partei oder dem Austarieren zwischen den Parteien und der Gewichtung von Plausibilitäten. Hier haben sie aus Sicht der Agrarlobby und der Wissenschaft einen Fehler gemacht. Doch die Richter können gesellschaftliche Debatten (bei der Gentechnikgegner durch ihre laute Artikulation durchaus überproportional Gewicht haben) nicht ignorieren.

    Und das ist gut so: In diesem Fall ist das Urteil womöglich in Widerspruch zum Stand wissenschaftlicher Erkenntnis. Im Gegensatz zu manchen Kassandrarufen jedoch ist es nicht in Stein gemeißelt. Die Politik kann darauf reagieren (langfristig). Hier kann und sollte Wissenschaftslobbyismus ansetzen. Schließlich bezieht sich das Urteil auf eine EU-Richtlinie und auch die ist nicht Stein gemeißelt.

    Und jetzt kommt Dein kommunikatives Argument / der von Dir diskutierte Ansatz: Die Justiz hat etwas über einen Kamm geschoren, was sie nicht hätte tun sollen.
    Es ist an der Zeit darauf hinzuweisen. Ja. Doch die Richter haben durchaus konsequent und im Rahmen des Debattenstandes konsistent und vorsichtig gehandelt. Das ist der Punkt, wo “wir Wissenschaftler” uns an die Nase fassen müssen und feststellen: Unsere Einwände kommen zu spät, zu leise und in ihrer Gewichtung in Bezug auf die existierenden Vorbehalte auch in der falschen Gewichtung.

    Wir sollten uns über das Urteil also weder wundern noch aufregen.

  7. #7 ZE7METAL
    26. Juli 2018

    Es ist unmöglich eine durch CRISPR veränderte DNA nachzuweisen. Die CRISPR Methode gehört eigentlich unter das Waffengesetz und komplett verboten. Jeder Depp kann mit diesen Kits im stillen Kämmerlein sonstwas anstellen. Ein Erreger der gezielt Tumore auslöst? Kein Problem… nur mal als Beispiel. Und ja, ich arbeite in dem Bereich Gentechnik.

  8. #8 Anderas
    26. Juli 2018

    Was du brauchst, ist ein Tech-Priester. Einer der predigen kann, reden schreiben kann, literarische Mittel einsetzen kann, willens ist denselben Inhalt dutzende bis hunderte Male zu wiederholen, immer mit kleinen persönlichen Anpassungen. Und das alles im Sinne der Aufklärung. Ja Aufklärung. Denn etwas anderes ist es nicht.

    Vielleicht sollte man einen KI Assistenten entwickeln der die Inhalte der Predigt auf der Basis deiner Sucheingaben für dich persönlich anpasst um den maximalen Effekt zu erreichen.

    Aber nein.
    Dann sind wir wieder die bösen manipulativen Wissenschaftler, nicht wahr?

  9. #9 Adent
    26. Juli 2018

    @ZE7metal
    Das ist etwas übertrieben, wie würdest du denn zum Beispiel einen Erreger herstellen, der gezielt Tumore auslöst?

  10. #10 Uli Schoppe
    26. Juli 2018

    @adent Und zu Hause im Wohnzimmer. So wie die Deppen das immer machen. Alle anderen mit professionellen Möglichkeiten schreckt eh nichts ab…

  11. #11 Captain E.
    26. Juli 2018

    Ich muss zugeben, dass ich gerade noch nicht einmal das Argument “Crispr/Cas ist keine Gentechnik” verstehe, und ich habe immerhin ein Uni-Diplom. Soweit ich das bislang verstanden hatte, müsste Crispr/Cas doch genau das sein: Man verändert das Erbgut, indem man gezielt Gene ausschneidet oder einsetzt. Der Vorteil gegenüber bisherigen Verfahren ist doch aber gerade, dass man früher mit Retroviren gearbeitet hat, die ihr Genmaterial mitunter nicht dort abgeladen haben, wo man es hin haben wollte. Ein paar Worte der Erklärung wären daher ganz hilfreich.

    Ansonsten ist eines ja schon angeklungen: Die Gentechnik ist zu spät dran. Bei allen Erfolgen der Wissenschaft gab es einige wirklich spektakuläre Misserfolge, die ihren Nachhall gefunden haben. Auf die Schnelle sind mir folgende Aussagen eingefallen, die – nun, sagen wir einmal – etwas zu “optimistisch” gewesen waren.

    “DDT ist ein Segen für die Menschheit und wird uns helfen, den Hunger auf der Welt zu beenden.”

    “Antibiotika als Masthilfe sind ein Segen für die Menschheit…” usw. wie oben.

    “Thalidomid ist ein Wirkstoff, der so sanft wirkt, dass er problemlos als Schlaf- ud Beruhigungsmittel selbst für Schwangere eingesetzt werden kann.”

    “Fluorchlorkohlenwasserstoffe sind ideal zum Einsatz als Kältemittel in Kältemaschinen, als Treibgas für Sprühdosen, als Treibmittel für Schaumstoffe, als Reinigungs- und Lösungsmittel und als Feuerlöschmittel”.

    “Die zivile Nutzung der Kernkraft ist eine sichere Technologie, die die Menschheit mit billiger und sauberer Energie versorgen wird. Sie ist ein Segen für die Menschheit…” usw. wie oben.

    Ist es da nicht verständlich, dass man optimistischen Aussagen von Wissenschaftlern heutzutage nicht mehr gar so leicht Glauben schenken mag?

  12. #12 Uli Schoppe
    26. Juli 2018

    Also ich kann das Argument nicht finden das sei keine Gentechnik. Das Argument ist eher selbst das ach so natürliche Kreuzen ist welche…

    Und es ist mir jetzt zu doof eine Liste zusammenzustellen von Aussagen die sich bewahrheitet haben. Würdest du eh ignorieren.

  13. #13 Adent
    26. Juli 2018

    @Captain E.
    CRISPR/Cas ist eine Technik mit der man vieles machen kann, die Anwendungen im Bereich Genome Editing, die für die Pflanzen- und teilweise Tiere zutreffen (und darum ging es im Urteil, nicht um die medizinischen Anwendungen, die sind aus der Direktive ausgenommen, da sie in anderen Rechtssystemen geregelt werden). Bei dem Urteil ging es um den sehr begrenzten Bereich der Mutagenese, es ging nicht darum, ob man mit CRISPR/Cas andere Gene in die Organismen einsetzt, sondern man erzeugt Punktmutationen, die sich nicht von solchen unterscheiden, wie sie natürlicherweise vorkommen oder durch Bestrahlung erreicht werden. Das war die eigentliche Frage, das Gericht hat eigenwilligerweise dann gleich alles in einen Topf geschmissen und gesagt, da man mit CRISPR/Cas auch Transgene einsetzen kann, müsse man es regulieren, es hat sich also allein auf die Technik bezogen, egal was für ein Organismus hinten rauskommt. Das wird jetzt zu der kuriosen Situation führen, dass Pflanzen, die mit Bestrahlung mutiert wurden nicht reguliert sind, während die gleichen Pflanzen, die mit CRISPR mutiert wurden reguliert werden. Okay, es sind nicht genau die gleichen Pflanzen, da sich jede Pflanze von jeder anderen unterscheidet, aber es gibt nicht mehr Unterschiede der Nachkommen durch die CRISPR Mutation als bei konventioneller Züchtung und deutlich weniger als bei Bestrahlunsgzüchtung.

  14. #14 Captain E.
    26. Juli 2018

    @Uli Schoppe:

    Also ich kann das Argument nicht finden das sei keine Gentechnik. Das Argument ist eher selbst das ach so natürliche Kreuzen ist welche…

    Nun, das hatte sich so angehört, aber Adent hat es, denke ich, recht gut zusammengefasst. CRISPR/Cas ist geeignet für alles, was man mit “Gentechnik” verbindet, also insbesondere Einbringung fremder Gene, aber auch für das, was man mittels der Hämmern Chemikalien/Strahlung oder althergebrachter Kreuzung am Erbgut verändern kann. Wegen der Option, transgene Modifikationen durchführen zu können, wurde nun die einfache Mutation, wie man sie auch mit anderen Methoden erzielen kann, gleich mit wegreguliert.

    Und es ist mir jetzt zu doof eine Liste zusammenzustellen von Aussagen die sich bewahrheitet haben. Würdest du eh ignorieren.

    Nein, das brauchst du nicht. Aber warum glaubst du, ich würde deine Liste von Erfolgen ignorieren? Hatte ich nicht selbst geschrieben, dass die Wissenschaft große Erfolge erzielt hat? Es gab aber eben diese spektakulären Misserfolge, wo man irgendetwas einfach mal ausprobiert hat und krachend gescheitert ist oder man zumindest erhebliche Risiken und Nebenwirkungen erzielt hat. Da steht jetzt einfach die gesamte Wissenschaft am Pranger, mal mehr, mal weniger, mal zu Unrecht, mal vieleicht auch nicht so ganz. Und ja, zuweilen wurden die Methoden der Wissenschaft auch falsch verstanden und angewendet oder neuere Erkenntnisse wurden schlichtweg nicht mehr zur Kenntnis genommen.

    Sieh es einmal so: Die Mobiltelefonie macht einigen Leuten Angst, weil sie befürchten, von der verwendeten Strahlung krank zu werden. Die Möglichkeiten sind aber dermaßen überzeugend, dass die allermeisten sich nicht darum scheren und ihre Geräte im Dauerbetrieb haben. Bei der Gentechnik ist die Zahl derer, die Bedenken oder regelrechte Angst haben, um einiges größer. Das ist nun bis zum EuGH durchgeschlagen.

  15. #15 roel
    26. Juli 2018

    @Florian Freistetter “wer will sich schon erklären lassen, dass man Unsinn glaubt? Wer hört gerne, dass er falsch liegt? Und noch dazu von den Leuten, die man als “Gegner” ansieht? Niemand.”

    Ich denke das ist ganz wichtig und wird von einigen auf den scienceblogs nicht beachtet. Da gibt es Diskussionen, in denen der Gegenüber als dumm bezeichnet wird und auf die Einwände, die kommen, wird nicht im Geringsten eingegangen. Ab und zu geht der Blogger dazwischen, das habe ich hier des öfteren erlebt, aber ab und zu mischt dieser auch gerne mal mit, das habe ich woanders erlebt. Genau dasfür dumm halten, baut schon die Gegnerschaft auf. Alle Argumente, die vielleicht doch noch kommen, haben keine Chance mehr richtig empfangen zu werden.

    Ich denke jeder hat das Recht, ernstgenommen zu werden. Es ist immer eine gute Strategie, auf den anderen einzugehen. Egal ob es um Gentechnik oder Religion geht. Denn nur so merkt jemand, dass seine Probleme ernst genommen werden und sein Gegenüber nicht eine Diskussion gewinnen will.

    Es ist immer gut, bei den Fakten zu bleiben. Gerade bei der Gentechnik, die laut Umfragen wirklich nicht gut dasteht. Wissenschaft und Fakten gehören untrennbar zusammen. Aber nur einseitig die positiven Fakten zu präsentieren, wie in einem schlechten Verkaufsgespräch, schwächt die eigene Glaubwürdigkeit.

    Das sollte jedem, der hier für die Wissenschaft schreibt und diskutiert klar sein. Ohne auf den Gegenüber einzugehen und ohne nichtselektive Fakten wird man kaum jemanden wissenschaftlich überzeugen können.
    Und anscheinend hat es bei der Gentechnik noch nicht geklappt.

  16. #16 Leonard of Quirm
    26. Juli 2018

    Das Hauptproblem sehe ich in der wachsenden generellen Wissenschaftsfeindlichkeit. Man spricht ja heute gerne von einer “Wissensgesellschaft”. Der Begriff ist irreführend. Natürlich steht dem Individuum durch die modernen Medien jederzeit so viel Wissen zur Verfügung wie noch nie in der Geschichte. Selbstverständlich untergräbt dies wissenschaftliche Autorität. Das Problem ist aber, dass UNTER ANDEREM (gleich in caps, bevor ich hier gekreuzigt werde) durch die mittlerweile schon von Anfang der Schullaufbahn an starke Fokussierung auf die sog. MINT-Fächer die Fähigkeit zum aufgeklärten Denken stark gelitten hat. Geisteswissenschaftliche Disziplinen, die grundsätzliche wissenschaftliche Prinzipien, Erkenntnistheorie und Abstraktionsfähigkeit vermitteln, werden geächtet. Letztens gab es ja hier auch einen Artikel, der die Frage beleuchtete, was die Philosophie der Physik noch zu sagen hat und / oder anders herum. Das ist eine sehr wichtige Frage.

    Die so konditionierte Bevölkerung erkennt den Unterschied zwischen “Fakt” und “Meinung” nicht mehr.
    In einer jüngst veröffentlichten Untersuchung in den USA konnten mehr als die Hälfte der Probanden dies nicht unterscheiden.
    Diese Entwicklung führt dazu, dass esoterischer Schwachsinn und crank-Science als gleichwertig mit echter Wissenschaft angesehen wird und da das Internet voll damit ist, wird demzufolge natürlich auch die Wissenschaft nicht mehr als Autorität angesehen. Ich erlebe in extrem vielen Diskussionen frustrierende Momente, weil man den Leuten erst einmal Basics erklären muss, z. Bsp. was der Unterschied zwischen einer wissenschaftlichen Theorie und der umgangssprachlichen Nutzung des Wortes Theorie ist und warum daher das Argument “Aber das ist doch nur eine Theorie” ein sehr dummes ist.

  17. #17 Hoffmann
    26. Juli 2018

    Nachdem ich mir das Urteil durchgelesen habe, unterscheiden die Richter zwischen Mutagenese, wie sie in der Natur vorkommen kann (dazu gehört dann auch strahlungsinduzierte Mutation sowie chemisch verursachte Mutation) und Mutagenese, wie sie sich nicht in der Natur ereignen kann (das wäre dann u.a. CRISPR, wo man eine Mutation gezielt an einer bestimmten Stelle im Genom auslösen kann).

    Während die über traditionelle Mutagenese (also über Bestrahlung oder chemische Mutagene) erzeugten Mutanten weiter vertrieben und in den Verkehr gebracht werden können wie sonstige konventionelle Züchtungen, dürfen die gezielt mutierten Mutanten nur nach teurer und aufwändiger Prüfung gemäß der GVO-Richtlinie verwertet werden – effizient also gar nicht, wenn man die geltende Gesetzeslage berücksichtigt.

    Was die Abschätzung der Gefährdung betrifft, bewegt man sich bei konventionell gezüchteten Organismen prinzipiell in einem Graubereich, weil die Art und der Umfang der Genomveränderungen weitgehend unbekannt ist. Die damit verbundenen Risiken werden so behandelt wie sonstige Risiken, die sich aus der Beschaffenheit der Natur ergeben. Ein gewisses Grundrisiko ist im Leben immer vorhanden und die Risiken aus den im Detail unbekannten Genomveränderungen bei konventioneller Zucht ordnen sich hier mit ein.

    Ganz im Gegensatz dazu die Risiken, die durch gezielten Eingriff in das Genom entstehen: Diese sind nicht mehr natürlicher Art, sondern technischer Art, weil hier ingenieurmäßig die Basensequenz verändert wird, so dass das Produkt nicht mehr ein Resultat des Zufalls ist (wie es bei natürlichen Prozessen der Fall ist), sondern nunmehr ein Konstrukt – mithin also vergleichbar mit einem beliebigen technischen Produkt, für das man dann als Produzent haftbar gemacht werden kann, falls sich infolge der Anwendung dieses Produkts schädigende Wirkungen ergeben.

    Ich vermute, dass die Richter solche und ähnliche Erwägungen angestellt haben, as sie sich für die Einstufung von gezielt erzeugten Mutanten als GVO entschieden haben. Aus rein wissenschaftlicher Sicht ist das zwar unsinnig, aber hier spielen – neben der schon zur Sprache gebrachten Ideologie – noch andere Sichtweisen hinein, die rechtlich gewürdigt werden müssen.

    Aufschlussreich ist der Urteilstext, den man hier nachlesen kann:

    https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d2dc30dd7f2d2bb5be9d472fb8f0f29c03183d5d.e34KaxiLc3qMb40Rch0SaxyOahf0?text=&docid=204387&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=953731

  18. #18 Adent
    26. Juli 2018

    @Hoffmann
    Das stimmt so nicht ganz, auch die Strahlungs und Chemikalien induzierte Mutagenese wird als Gentechnik bewertet und nicht als natürlich. Das steht übrigens auch konträr zu der Argumentation des Generalanwaltes vom Januar, der hatte drei Fälle identifiziert: 1. Ist gar keine Gentechnik wenn der Organismus auch natürlich entstehen könnte, 2. Ist zwar Gentechnik, wird aber als Ausnahme gesehen wenn der Organismus keine Fremd-DNA enthält und 3. Ist Gentechnik wenn das Ergebnis transgen ist.
    Nach dem jetzigen Urteil wird die “alte Mutagenese” nur auf Grund dessen, dass sie zum Zeitpunkt der Aktualisierung der Richtlinie in 2001 schon länger eingesetzt wurde und keine negativen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt hat, durch Anhang 1B aus der Regulierung als Ausnahme herausgenommen. Das gestrige Urteil spricht von einer “long history of safe use” bei radioaktiver und chemischer Mutagenese, witzigerwiese wird somaklonale Variation gar nicht erwähnt und was eine long history ist (5 Jahre, 10 Jahre, 50 Jahre?) wird auch nicht definiert.
    Das Gericht hat wirklich eine bemerkenswerte Argumentationsakrobatik vollzogen.

  19. #19 Hoffmann
    27. Juli 2018

    @Adent:

    Nach dem jetzigen Urteil wird die “alte Mutagenese” nur auf Grund dessen, dass sie zum Zeitpunkt der Aktualisierung der Richtlinie in 2001 schon länger eingesetzt wurde und keine negativen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt hat, durch Anhang 1B aus der Regulierung als Ausnahme herausgenommen.

    Ja. Im Urteil wird im Abschnitt 47 explizit darauf Bezug genommen:

    Insoweit ist hervorzuheben, dass das vorlegende Gericht insbesondere über Verfahren/Methoden der gezielten Mutagenese befinden muss, die mit dem Einsatz von Gentechnik verbunden sind, die seit dem Erlass der Richtlinie 2001/18 entstanden sind oder sich hauptsächlich entwickelt haben und deren Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit bislang noch nicht mit Sicherheit bestimmt werden können.

    Das heißt, das Gericht, welches diese Frage zur Entscheidung vorgelegt hat, muss noch darüber befinden, wobei dann noch spannend bleibt, ob das Gericht dem Urteil des EuGH folgt oder nicht. Im Unterschied zur gezielten Mutagenese wird bei den etablierten “Schrotflinten-Methoden” nicht von GVOs als Spender- oder Empfänger-Organismen Gebrauch gemacht. Da das Gericht nach französischem Recht urteilt, kommt hier also auch Abschnitt 18 des Urteils zum Tragen:

    Bei den in Art. L. 531‑2 genannten Verfahren, bei denen nicht davon auszugehen ist, dass sie zu einer genetischen Veränderung führen, handelt es sich um folgende Verfahren: … Sofern sie nicht mit der Verwendung genetisch veränderter Organismen als Empfänger- oder Elternorganismen verbunden sind, … Mutagenese

    Hier könnte dann der Knackpunkt liegen, weil CRISPR-Cas ein In-Vitro-Verfahren ist, bei dem aus einem natürlichen Organismus Zellen entnommen werden und nach erfolgter Mutagenese in diesen Organismus wieder eingebracht werden bzw. diese Zellen zu einem neuen Organismus wieder heranwachsen.

    Das Gericht muss also entscheiden, ob eine mutierte Zellen als Spenderorganismus zu werten ist oder als Empfängerorganismus oder keins von beidem (und als was dann?). Je nach Abwägung und Urteilsfindung muss dann entschieden werden, wie dann über die gezielte Mutagenese als solche bzw. über die daraus hervorgegangenen Organismen zu befinden ist.

    Es dürfte spannend werden, wie das Gericht am Ende das EuGH-Urteil umsetzt …

  20. #20 Pete
    28. Juli 2018

    Crispr/Cas kann nicht nur zur Auslösung von Mutationen verwendet werden, sondern auch zum Einfügen von DNS-Sequenzen aus anderen Organismen ins Genom.
    Im zweiten Fall entstehen transgene Organismen, und diese fallen generell unter die bestehenden Gentechnik-Richtlinien u. müssen daher streng geprüft werden.

    Klassische Züchtungen, die z. B. durch Behandlung mit Chemikalien o. radioaktive Bestrahlung entstanden sind, werden ebenfalls geprüft, bevor sie auf den Markt kommen dürfen.
    Z. B. wird bei Pflanzen geprüft, wie hoch die Konzentration von natürlich vorkommenden Giftstoffen in den essbaren Teilen ist, z. B. Solanin in Kartoffeln u. Tomaten. Denn es könnte ja sein, dass eine Mutation dazu geführt hat, dass mehr Giftstoffe produziert werden.

    In der wissenschaftlichen Forschung und bei Herstellung von Enzymen, Vitaminen u. Medikamenten mit Hilfe von mit Crispr/Cas veränderten Organismen (z. B. Bakterien o. Pilzen in Zellkulturen) ist das Risiko von Crispr/Cas wahrscheinlich (sehr) gering.

    Aber in anderen Bereichen besteht – wie bei anderen Verfahren auch – die Gefahr, dass die Methode missbraucht wird, entweder militärisch (z. B. Herstellung von Krankheitserregern als biologische Waffen), oder wirtschaftlich durch Unternehmen, die ihre Stellung am Markt auch mit unlauteren Mitteln sichern o. ausbauen wollen.

    Große Firmen können z. B. durch Crispr/Cas Pflanzensorten erzeugen u. sich diese patentieren lassen. Die erzeugten Pflanzen werden angebaut u. kreuzen sich in Pflanzen der gleichen Art ein. Wenn Landwirte, welche gar kein Saatgut von dieser Firma gekauft hatten, das Saatgut von ihren Feldern ernten u. neu aussäen, haben sie plötzlich Pflanzen auf dem Feld stehen, die von der patentierten Sorte abstammen u. die gleichen o. sehr ähnliche Eigenschaften haben, und werden dann vom Herstellerunternehmen dieser Sorte auf Strafzahlungen verklagt.
    Bei anderen, nicht mit Crispr/Cas gentechnisch veränderten Pflanzen gab es solche Klagen schon.

    Bei anderen GVOs wendeten Großkonzerne auch schon die Strategie an, Pflanzensorten zu züchten, die auf dem Feld keine keimfähigen Samen produzieren.
    Bauern, die diese Sorte anbauen, können das Saatgut von ihrem Feld nicht für die nächste Aussaat verwenden, sondern müssen immer wieder neues u. teures Saatgut von dieser Firma kaufen u. werden so von dieser Firma abhängig.
    Ein zweites Problem dieser Methode ist die Einkreuzung solcher Sorten auf Felder anderer Landwirte, die andere Sorten anbauen, die normalerweise keimfähige Samen bilden. Wenn die Landwirte nach Einkreuzungen das Saatgut von ihrem Feld ernten u. es aussäen, keimt dieses nicht o. nur (sehr) wenig. Dies kann für ärmere Landwirte, z. B. in Entwicklungsländern, existenzbedrohend sein u./o. zu Hunger führen, da diese Landwirte nicht genügend Geld haben, plötzlich ausreichende Mengen Saatgut kaufen zu müssen.

  21. #21 Blake
    29. Juli 2018

    Relativ natürlich herbeigeführte Mutationen werden hier mit einem neuen Verfahren gleichgesetzt, obwohl die zugrundeliegenden Mechanismen nur ansatzweise verstanden sind?

    Lobbyarbeit *hust*

  22. #22 Blake
    29. Juli 2018

    Die Verlagsdirektive, wo es nur möglich scheint, Seitenhiebe gegen Homöopathie auszuteilen, wurde jedoch sauber umgesetzt.

  23. #23 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. Juli 2018

    @ Blake:

    Troll woanders weiter!

  24. #24 Hoffmann
    29. Juli 2018

    @Pete:

    Crispr/Cas kann nicht nur zur Auslösung von Mutationen verwendet werden, sondern auch zum Einfügen von DNS-Sequenzen aus anderen Organismen ins Genom.

    Das ist richtig, aber im konkreten Fall ging es nur um gezielt ausgelöste Mutationen und nicht um das Einbringen von Fremdgenen. Und hier hat der EuGH entschieden, dass das französische Gericht entscheiden muss, wie es dieses Verfahren im Hinblick auf Risiken beurteilt. Interessant dürfte hier also sein, wie das französische Gericht das EuGH-Urteil zur Urteilsfindung würdigt. Und von diesem Urteil dürfte dann abhängig sein, wie man künftig mit gezielt erzeugten Mutanten verfährt.

    Klassische Züchtungen, die z. B. durch Behandlung mit Chemikalien o. radioaktive Bestrahlung entstanden sind, werden ebenfalls geprüft, bevor sie auf den Markt kommen dürfen.

    Ja, aber sie fallen nicht unter die Prüfkriterien, die in der GVO-Richtlinie aufgelistet sind. Und das bewirkt dann Wettbewerbsverzerrungen, weil das Zulassungsverfahren für GVOs erheblich kostenintensiver ist als für konventionelle Züchtungen.

    Aber in anderen Bereichen besteht – wie bei anderen Verfahren auch – die Gefahr, dass die Methode missbraucht wird, entweder militärisch (z. B. Herstellung von Krankheitserregern als biologische Waffen), oder wirtschaftlich durch Unternehmen, die ihre Stellung am Markt auch mit unlauteren Mitteln sichern o. ausbauen wollen.

    Ja gut, aber das hat dann nichts mehr mit den Risiken zu tun, die speziell den GVOs angedichtet werden. Auch die Fragen der Patentierung, die Du noch angeführt hattest, sind nicht GVO-spezifisch, sondern ebenso auch auf konventionell gezüchtete Sorten übertragbar.

  25. #25 Hoffmann
    29. Juli 2018

    Aber da es ja auch um Risiken gehen soll, die mit der Anwendung der CRISPR-Methode verbunden sind, verweise ich mal auf diesen Blogeintrag:

    https://blogs.biomedcentral.com/on-biology/2018/07/05/efficient-unpredictable-crispr/

    Es treten hier neben erwünschten auch unerwünschte und unerwartete Effekte auf, die eine intensivere Nachkontrolle erfordern, um die erforderliche Qualität zu sichern. Im Abschnitt “Unwanted effects are more frequent than previously thought” heißt es:

    These events are unpredictable by-products that must be excluded in the process of the validation of newly established mutant lines. Importantly, these unwanted events are much more frequent than the much-publicised potential off-target effects of CRISPR/Cas9 reagents.

    Solche ungewollten Ereignisse treten also häufiger auf als die viel publizierten “potentiellen” Effekte …

  26. #26 Uli Schoppe
    29. Juli 2018
  27. #27 Hoffmann
    30. Juli 2018

    @ Uli Schoppe:

    Und damit sind wir beim eigentlichen Problem: Ein Laiemuss sich entscheiden, was nun richtig ist und wie er es hinsichtlich der Abschätzung zu potentiellen Gefährdungen einordnen soll.

    Der Artikel von transgen.de bezieht sich auf eine Studie von Kellie A. Schaefer, die am 30. Mai 2017 veröffentlicht wurde. Der Blogartikel, auf den ich verlinkt hatte, bezieht sich auf drei andere Studien, die nicht korrigiert worden sind und die nicht von Kellie A. Schaefer verfasst worden sind.

    Und wenn man sich die drei Studien durchliest, stellt man fest, dass hier a) mit einer größeren Anzahl von Mäusen experimentiert wurde und b) die Elterngenome der Mäuse als Vergleichsreferenz mit berücksichtigt worden sind.

    Das Resultat ist auch hier, dass Off-Target-Ereignisse aufgetreten sind – und nicht nur auf mathematisch vorab errechneten “potentiellen” Abschnitten im Genom, sondern darüber hinaus auch an anderen Stellen, wie man nach erfolgter Genom-Analyse feststellen konnte.

    Die Autoren der Studien erteilen deshalb die Empfehlung, nach erfolgter Gen-Editierung eine gründliche Nachkontrolle durch Komplettsequenzierung durchzuführen, um unerwünschte Effekte in den Zielorganismen auszuschließen.

    Für den unbedarften Laien schrillen dann erwartetermaßen die Alarmglocken, weil er “unerwartet” und “unerwünscht” mit “totaler Kontrollverlust” und “unkalkulierbares Gefährdungspotential” sowie “Risiko!” und “Gefahr!” assoziiert.

    Hier hätten wir also wieder das in Florians Artikel angesprochene Problem, dass potentiell zwar Risiken da sind, aber dem Laien vermittelt werden muss, dass diese Risiken a) nicht in dem Maße gegeben sind, wie meist befürchtet und b) diese Risiken bei einer sorgfältigen Nachkontrolle erkannt und wirksam ausgeschlossen werden können.

    Der transgen.de Artikel suggeriert jedoch, es sei alles in Ordnung, es gebe gar kein Problem, denn CRISPR verursacht ja offenbar doch keine Off-Target-Effekte, da die Autoren der einen Studie, die kritisiert worden ist, diese ja nun zurückgezogen haben.

    Ich denke, diese Art der Argumentation ist kontraproduktiv, da hier verschwiegen wird, dass es eben doch die beschriebenen Off-Target-Effekte gibt und das damit doch ein potentielles (aber dennoch beherrschbares, weil eliminierbares) Risiko gegeben ist, über das man durchaus sachlich aufklären darf und muss.

    Ich habe auf transgen.de übrigens nirgends eine Erwähnung der kritisierten Studie gefunden, die zeitlich vor der Rücknahme verfasst wurde. Weiterhin habe ich auf transgen.de keine Erwähnung der drei Studien gefunden, die im Blogartikel erwaähnt worden sind. Eine gewisse selektive Wahrnehmung ließe sich daraus schlussfolgernd ableiten …

  28. #28 Uli Schoppe
    30. Juli 2018

    @Hoffmann
    Erst mal danke für die Antwort.
    Mir ist immer noch nicht klar wie in den 3 Studien sichergestellt wird das die Effekte durch CRISPR erzeugt worden sind, da geht mir einfach die Kompetenz ab denke ich.
    Darum hatte ich mir ja auch den transgen Artikel wieder raus gesucht. Damit habe ich dann vielleicht das von Dir beschriebene Beurteilungsproblem nur von der anderen Seite 😉
    Wie man die Beherrschbarkeit der Risiken vermitteln soll wenn man einmal anerkannt hat das sie da sind ist mir übrigens völlig schleierhaft.
    Wenn man an der Stelle ist hauen sie einem nur noch Tschernobyl, DDT den Klimawandel (im Sinne von die Wissenschaft hat Technik als harmlos bewertet die den auslöst) u.ä. um die Ohren. Da habt “Ihr” euch ja auch geirrt.

  29. #29 Hoffmann
    30. Juli 2018

    @ Uli Schoppe:

    Mir ist immer noch nicht klar wie in den 3 Studien sichergestellt wird das die Effekte durch CRISPR erzeugt worden sind, da geht mir einfach die Kompetenz ab denke ich.

    Das wird in den Studien ziemlich detailliert ausgeführt. Man hat zum einen die Elterngeneration genetisch sequenziert, dann die F0-Generation (also die eigentlichen Empfängerorganismen) und dann noch die F1-Generation. Daraus ließen sich dann die Off-Target-Ereignisse ableiten. Insgesamt ein ziemlich aufwändiges und mühsames Verfahren …

    Wie man die Beherrschbarkeit der Risiken vermitteln soll wenn man einmal anerkannt hat das sie da sind ist mir übrigens völlig schleierhaft.

    Indem man zum einen nichts verharmlost und beiseite schiebt, was man als potentiell risikobehaftet einschätzen kann und indem man zum anderen die Methoden aufzeigt, mit denen man diese Risiken erkennen und ausschalten kann. Dass das möglich ist, haben die Autoren der Studien ja gezeigt.

    In den Studien wurde auch dargelegt, dass es sich bei CRISPR um eine sehr zuverlässige und effiziente Methode handelt, um gezielte Zuchterfolge zu erreichen, aber man muss eben eine gründliche Nachkontrolle durchführen (und darf sie aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen nicht unterlassen!), damit potentielle Risiken vermieden werden. Das steht in den Zusammenfassungen immer wieder drin.

    Wenn man an der Stelle ist hauen sie einem nur noch Tschernobyl, DDT den Klimawandel (im Sinne von die Wissenschaft hat Technik als harmlos bewertet die den auslöst) u.ä. um die Ohren.

    Ja, damit muss man rechnen, aber gerade darum ist es wichtig, hier gründlich und sachlich angemessen vorzugehen, statt Risiken unnötig aufzubauschen, indem man sie verharmlost oder gar ignoriert. Inzwischen hat man Methoden und Instrumente, die präzise genug sind, um potentielle Risiken, die mit CRISPR einhergehen, zu erkennen und zu beseitigen, bevor es zu tatsächlichen Schädigungen bei Umwelt oder Verbrauchern kommt.

    Man muss sie nur konsequent einsetzen. Anderenfalls zerstört man Vertrauen bereits im Ansatz und muss sich dann nicht wundern, wenn – wie beim aktuellen Diesel-Skandal – aus wirtschaftlichen Gründen nachlässig und vertuschend gearbeitet wurde. Und dann fliegt uns das nächste “Tschernobyl” um die Ohren …

  30. #30 Adent
    30. Juli 2018

    @Hoffmann
    Ja, die neuen Studien zeigen, dass es größere Deletionen am Ort des Schnittes gibt. Das ist genau das, was passiert, wenn ein Doppelstrangbruch natürlich repariert wird, hat man vor 15-20 Jahren gezeigt (google mal Holger Puchta, der hat das auch im Spiegel Kurzinterview erwähnt). Also es passiert exakt das, was die Zelle mit jedem Doppelstrangbruch potentiell während jeder Zellteilung macht.
    Man sollte einfach die Kirche im Dorf lassen, gezielt Doppelstrangbrüche (oder besser noch Einzelstrangbrüche) zu setzen erhöht die Veränderungswahrscheinlichkeit an dem Ort wo der Bruch stattgefunden hat. Das Gleiche passiert bei der ungerichteten Mutagenese überall im Genom, muss aber nicht reguliert werden weil es so lange gut gegangen ist. Ein Schelm wer böses dabei denkt wenn Richter ohne Ahnung dem Generalanwalt mit Ahnung widersprechen.

  31. #31 Hoffmann
    30. Juli 2018

    @ Adent:

    Man sollte einfach die Kirche im Dorf lassen, …

    Da bin ich voll bei Dir, aber mach das mal den von Greenpeace u.a. fehlsensibilisierten Laien klar, die bei jedem “ungewollt” und “unerwartet” gleich an “unkontrollierbar” und “verantwortungslos” denken.

  32. #33 RPGNo1
    30. Juli 2018

    korrigiere Kommnar zu Kommentar

  33. #34 segeln141
    Dormagen
    30. Juli 2018

    Das Problem,wissenschaftliche Eergebnisse zu vermitteln liegt m.E. darin:Die meisten haben zu wenig “Grips” (um es mal ganz platt auszudrücken) aber emotional sind sie einfach gut zu erreichen,brauchen über Emotionales nicht nachzudenken sondern folgen einfach ihrem Bauchgefühl.
    Zum anderen ist es so,dass wissenschaftliuche Erkentnis doch schon recht speziell wird,denn in der Wissenschaft werden im Moment nur mit riesiegem Aufwand minimale “Neuerungen” geschafffen,die letztendlich nur für Spezialisten verständlich werden.
    Keine guten Aussichten !

  34. #35 Uli Schoppe
    30. Juli 2018

    @Hoffmann
    Gerade beim Spiegel in den Kommentaren drüber gestolpert:
    “Die Argumente pro crispr werden in diversen Artikeln ausgebreitet. Es wird als “ganz harmlos” beschrieben. Wie kann man so verblendet sein und die letzten 500 Jahre der Wissenschaftsgeschichte einfach ignorieren?”

    Das werden sie dir um die Ohren hauen wenn du die Risiken differenziert darstellt. Die Nummer habe ich schon durch, ich habe im Moment ein Frustrationslevel da halte ich lügen für eine gute Idee
    Vergiss das das man das mit guter Argumentation hin bekommt. Deine Ansicht ist nur eine Meinung, die haben Recht.

  35. #36 Hoffmann
    30. Juli 2018

    Der Spiegel-Artikel ist aber auch selten blöd, weil alles ins Lächerliche ziehend. Damit provoziert und polarisiert man nur und transportiert Arroganz.

  36. #37 Blake
    30. Juli 2018

    Ihr verliert den Blick fürs wesentliche liebe Freunde und Freundinnen und freundschaftlich gehaltene Mischwesen aus dem Irrenhaus…

  37. #38 PDP10
    30. Juli 2018

    @Blake:

    Hervorragend!

    Wie immer unvergleichlich originelle Beiträge von dir.

  38. #39 tomtoo
    31. Juli 2018

    @PDP10
    Du hast verstanden was mir @Blake mitteilen möchte? Könntest du mal bitte übersetzen? Schön das er kurze Sätze nutzt, das mag ich ja eigentlich. Verwirrend empfinde ich, dass mir deren Inhalt, dennoch unverständlich bleibt ???

  39. #40 PDP10
    31. Juli 2018

    @tomtoo:

    Verwirrend empfinde ich, dass mir deren Inhalt, dennoch unverständlich bleibt ???

    Nun. Der Inhalt ist eben originell.

  40. #41 Spritkopf
    31. Juli 2018

    @tomtoo
    Ist doch leicht zu sehen. Blake mag sehr gern wirkungslose Zuckerkügelchen und er mag gar nicht Linke (bzw. was er dafür hält) und er mag auch überhaupt nicht die Gleichberechtigung. Na, und das muss er allen mitteilen.

    Es besteht allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass seine Beiträge nicht lang überdauern werden.

  41. #42 Spritkopf
    31. Juli 2018

    Und da isses schon passiert. 🙂

  42. […] Wissenschaftskommunikation und das Crispr/Cas-Urteil des EuGH: Ein kurzer Kommentar […]

  43. #44 Patrick G.
    31. Juli 2018

    Nur eine kleine Anmerkung: Der gefühlten Gegenseite pauschal Wissenschaftsfeindlichkeit o.ä. zu attestieren halte ich ehrlich gesagt für wenig zielführend für eine ehrliche Diskussion.

    Denn es geht ja nicht primär um Wissenschaft & Forschung, sondern es geht um Produktentwicklung und vor allem Vermarktung.

    Und das was da vielen Bürgern fehlt ist m.E. jegliches Vertrauen in die Firmen die gentechnisch veränderte Produkte entwickeln, patentieren und vermarkten. Und das kommt ja nicht von irgendwo, es kommt aus den “Wild-West-Zeiten” der Gentechnik-Branche, wo dieses Vertrauen von bestimmten Firmen zerstört wurde. Einige Stichworte: “Terminator-Gen”, millionenschwere Industrie-Lobby z.B. gegen eine Kennzeichnung von GMO-Produkten (v.a. lebens- und Futtermitteln), Patent- und Lizenz- und Klagewahnsinn gerade im Agrar-Bereich, große blumige Versprechen die eben oft bzw. teilweise nicht gehalten wurden usw.

    Wen wundert es da dass der Vertrauensvorschuss vieler Menschen beim Thema Gentechnik (das sie i.d.R. weder in Breite noch Tiefe verstehen) und Gentechnik-Konzernen (die kaum was tun um sympathisch zu wirken) gegen null tendiert und quasi-religiöse Gentechnik-Gegner es einfach haben Menschen für ihre Sache zu rekrutieren?

    Eine Lösung ohne dass man Vertrauen neu aufbaut kann ich mir bei uns nicht vorstellen, egal wie gnädig die Gerichte sind oder wie fleißig die Lobbies sind.

  44. #45 Peter
    2. August 2018

    Juristinnen u. Juristen u. andere Beamte sind in den allermeisten Fällen keine Wissenschaftler/-innen. Daher sind sie, wenn es in einem Gerichtsverfahren oder bei der Zulassung o. Bewertung durch eine Behörde um Wissenschaft geht, auf wissenschaftliche Gutachten u. Bewertungen angewiesen.

    Die Frage ist, wie das Gutachten o. die Gutachten im konkreten Fall aussah(en), das heißt: Wie wurden die wissenschaftlichen Publikationen / Studien für ein Gutachten ausgewählt? Wie viele Studien gibt es zu dem Thema u. wie viele davon wurden berücksichtigt? Wurde jede Studie für die Bewertung gleich gewichtet, oder wurden bei der Bewertung die Methoden, der Stichprobenumfang u. die statistischen Verfahren der einzelnen Studien berücksichtigt?

    Bei Gerichtsverfahren gibt es oft Streit um die Auswahl der Studien: Soll man alle Publikationen zulassen? Oder soll es Auswahl-/Ausschluss-Kriterien geben, und wie sollen diese konkret aussehen?

    Kritisch gesehen werden oft z. B. Studien, die durch bei einem Unternehmen angestellte Wissenschaftler/-innen durchgeführt wurden, und Studien, die von einem Unternehmen finanziert wurden, falls das Unternehmen etwas mit dem in der Studie untersuchten Dingen zu tun hat.
    Beispiel: Eine Firma verkauft ein Pestizid o. ein Medikament und finanziert eine Studie, in der die Wirkungen dieses Stoffes untersucht werden.
    Ein Unternehmen hat natürlich ein Interesse daran, dass über ihr Produkt so positiv wie möglich veröffentlicht wird. Dies könnte dazu führen, dass Risiken verschwiegen oder heruntergespielt werden, was natürlich nicht der guten wissenschaftlichen Praxis entspricht.

    Es gab auch schon Themen, bei denen es auch relativ viele negative Studien gibt, aber für Gerichts- oder Zulassungs-Verfahren (fast) nur positive Studien ausgewählt wurden oder anders herum, was dann das Gesamtergebnis und damit die Bewertung durch das Gericht / die Behörde verzerrt.

    Auch eine (sehr) geringe Anzahl an wissenschaftlichen Studien kann das Gesamtergebnis der Bewertung eines Verfahrens o. Produktes durch ein Gericht o. eine Behörde verändern.

    Wenn eine Methode / ein Produkt erst vor wenigen Jahren entwickelt wurde u. es deshalb erst wenige positive Studien u. gar keine Langzeitstudien dazu gibt, ist es wahrscheinlich, dass dies für die Richter/-innen nicht ausreichend ist.

    Das Beste wäre, viele unabhängige Studien auszuwählen, deren Autorinnen u. Autoren alle keine Interessenkonflikte haben. Idealerweise sollten diese Studien auch große Stichproben umfassen und die Fragestellung sollte mit verschiedenen geeigneten Methoden untersucht worden sein. Welche Methoden geeignet sind, können auch wieder nur andere unabhängige Wissenschaftler/-innen bewerten.

    Und nicht jeder, der eine Aussage ablehnt oder kritisiert, ist deshalb gleich wissenschaftsskeptisch bzw. wissenschaftsfeindlich oder hat nicht genügend Verständnis.
    Im Fall von Crispr/Cas gibt es ja auch Molekularbiologinnen/-biologen und weitere Fachleute, die das Verfahren u./o. seine Auswirkungen kritisch bewerten, z. B. wegen möglicher DNA-Schnitte / Mutationen an ungewollter Stelle, oder weil manche mit Crispr/Cas erzeugte transgene Organismen sich im Freiland ungehindert verbreiten könnten u./o. andere Arten/Sorten verdrängen könnten.

    Es gibt natürlich auch andere Fälle, wo bestimmte Aussagen wissenschaftlicher Konsens sind und es keine o. fast keine seriösen Wissenschaftler/-innen gibt, die diese Aussagen ablehnen. Z. B. sind das Alter der Erde von über 4 Milliarden Jahren und die Evolutionstheorie in der Wissenschaft allgemein akzeptiert. Bei der globalen Erwärmung kommen von mehreren tausend Studien ca. 97 % zu dem Schluss, dass der Mensch der Hauptverursacher ist u. dass natürliche Ursachen (z. B. Sonnenaktivität, Vulkanismus usw.) nur eine sehr ungeordnete Rolle spielen.

    Wenn es um wissenschaftliche Verfahren und ihre Folgen geht, sollte differenziert werden.

    Z. B. gibt es im Fall von Crispr/Cas über 40 verschiedene Cas-Proteinfamilien, deren Proteine leicht unterschiedliche Eigenschaften haben.
    Auch wurden einige Cas-Enzyme (z. B. Cas9) gezielt verändert (so dass das Enzym z. B. keine Doppelstrangbrüche der DNA mehr erzeugen kann), um die Spezifität des Verfahrens zu erhöhen.

    Wenn mit Crispr/Cas nur Punktmutationen o. Deletionen erzeugt werden, welche ja auch durch natürliche Mutationen oder Mutagenese durch Chemikalien o. Radioaktivität bei klassischer Züchtung entstehen könnten, ist das Risiko im Vergleich zu konventionellen Züchtungen höchstwahrscheinlich genauso gering. Oder es ist sogar geringer, da Crispr/Cas zielgerichteter ist als die zufällige Erzeugung mehrerer Mutationen an unbekannten Stellen durch Chemikalien o. Radioaktivität.
    In diesen Fällen könnt die strenge Prüfung für GVO wegfallen, solche Organismen würden dann genauso geprüft werden wie klassische Züchtungen.

    Wenn mit Crispr/Cas 1 o. mehrere Gene (o. andere DNA-Abschnitte) aus anderen Organismen ins Genom eingefügt werden, entstehen transgene Organismen. Diese würden klar als GVO gewertet. Mögliche negative Auswirkungen dieser GVO müssten zunächst im Labor / geschlossenen Gewächshaus etc. getestet werden.

    Wichtig ist ja auch immer, WOFÜR eine bestimmte Methode angewendet werden soll.

    Z. B.:
    Werden gentechnisch veränderte Fische gezüchtet, die nur in geschlossenen Systemen bleiben sollen oder sollen sie in die Umwelt gelassen werden?

    Handelt es sich bei GVO-Pflanzen um solche, die von Natur aus Selbstbestäuber o. Fremdbestäuber sind? Kann sich die Art mit Wildarten kreuzen? Wie groß muss der Abstand zum nächsten Feld min. sein, um Einkreuzungen zu vermeiden?

    Sollen gefährliche Krankheitserreger erzeugt werden?

    Wissenschaftler/-innen könnten auch versuchen, Verfahren zu entwickeln, die dazu führen, dass z. B.:
    – transgene Organismen sich nicht mit anderen Individuen kreuzen können
    – transgene Organismen sich in freier Natur nicht selbstständig vermehren können (z. B. die allermeisten triploiden Pflanzen).
    – Durch Gentechnik eingebrachte Giftstoffe (z. B. Bt-Toxin) nicht in Pollen u. Nektar produziert werden, um Bestäuber zu schützen

    Bevor durch eine Gentherapie mit Hilfe von Crispr/Cas in menschliche Zygoten o. Embryonen eingegriffen werden soll und sich dadurch die genetische Veränderung auch auf die nächsten Generationen verbreiten würde, müsste zunächst eine bioethische Bewertung stattfinden.

  45. #46 H.M.Müller
    Grafing b. München
    9. August 2018

    Übungshalber sollte man also einen Artikel schreiben, der die Homoöpathie propagiert und den Du, Florian, nicht sofort nach der Überschrift oder dem ersten Satz wegklickst, sondern tatsächlich bis zum Ende liest …

    H.M.

  46. #47 Florian Freistetter
    9. August 2018

    @H.M.Müller: Würd ich gern sehen. Bzw. lesen.

  47. #48 H.M.Müller
    9. August 2018

    (2. Teil)

    genau das Verhältnis zu diesen Aspekten, das ihnen durch die extrem limitierten Medien wiederum von diesen “Instanzen” zugespielt wurde: Von Popper, beispielsweise, haben wir doch, wenn wir nicht in dem kleinen inneren Kreis waren (die einigen 1000), nur zu seinem 80en, 90en, … Geburtstag aus genau diesen Medien erfahren.

    Was also – nach meiner “Geschichte” – eigentlich passiert ist, ist die “Emanzipation” von “keiner Meinung zur Wissenschaft außer den Überschriften der Tageszeitungen und den Mondlandungen im Fernsehen” zu “einer Meinung zur Wissenschaft …“. Und diese letztere ist nun, weil Wissenschaftskommunikation für die breite Masse nie nötig war (wenn sie auch manche als Hobby betrieben haben, wie Hoimar von Ditfurth, der das Äußerste an “Volkstümlichkeit” war – und der war vollständig “eingemeindet” als “Verkünder, dass alles seine Richtigkeit hat”), – einmal pointiert formuliert – überhaupt nie passiert: Das “Volk” hat sich seine Wissenschaftssicht eben “einfach so zusammengereimt” – und dann ist eben einmal das einfachste und naivste herausgekommen, nämlich “wir verstehen das nicht [was ja in weiten Strecken stimmt], also[!] bin ich dagegen.” Das ist in ganz vielen Lebensbereichen eine sehr gute Strategie – Sachen, die einem über denKopf wachsen, abzulehnen -; aber es führt eben “defaultmäßig” zu einer Wissenschaftsablehnung oder, wenn Du willst, -feindlichkeit.

    Und da sind wir jetzt.

    Und jetzt braucht’s nicht nur Ideen, sondern auch das “Doing”, diese Siutation zu verbessern. Ich würde, so mit Blick auf die “Generationenlernfähigkeit” der Menschen, einmal mit 30…70 Jahren rechnen, damit sich hier was fundamental verbessert.

    H.M.

  48. #49 H.M.Müller
    9. August 2018

    [Ähm … mein schöner 1. Kommentar-Teil ist irgendwo verschwunden … sorry für Chaos – bitte meinen Kommentar löschen … das wird wohl nichts mehr …]

  49. #50 H.M.Müller
    9. August 2018

    @Florian: “Würd ich gern sehen. Bzw. lesen.” …
    … klar, ich auch. Sowas schreiben ist aus zwei Gründen schwer:

    (a) es muss gegen Dein (aus Sicht der Schreibers …) “Vorurteil” angehen, dass die Homoöpathie Unsinn ist; es muss Dich also an einer Stelle packen, wo Du trotzdem “mitmachst” – also z.B. Deiner Neugier, Deinem Interesse am Autor, was auch immer.

    und

    (b) es muss ein Ziel verfolgen, das für beide Seiten akzeptabel ist: Und das kann – gerade bei einem Text – kaum eine “Bekehrung” sein, weil das wohl aus psychologischen Gründen nicht “so schnell geht”. Das Ziel kann also nur eine “kleine Offenheit gegenüber einer neuen Möglichkeit sein”; und diese neue Möglichkeit kann sicher – bei Dir – nicht sein “Homoöpathie funktioniert” – das weiß der Schreiber. Also muss er ein “Alternativangebot” machen – das könnte, ins Blaue geschossen, z.B. sowas sein “wir überlegen uns, ob nicht auch Placebomedizin einen Nutzen hat” … usw.usf.

    Aber damit setzt sich der Schreiber natürlich ganz besonders in die Nesseln: Du wirst ihm trotzdem nicht wirklich folgen; und wirst wahrscheinlich sagen: “Aber Du lenkst ab – es geht darum, ob Homoöpathie funktioniert, nicht darum, ob Placebomedizin wertvoll ist”. Und der Homoöpathie-Gläubige, der das liest, wird den Schreiber der Abtrünnigkeit zeihen.

    Und dann ist die Aufgabe, überall “Homoöpathie” durch “Wissenschaft”, “Physik” oder was immer Du rüberbringen willst zu ersetzen und zu akzeptieren, dass jemand anderer das dann so lesen wird wie Due den Homoöpathiepropagierungstext …

    … wenn ich Zeit hätte, würde ich das tatsächlich gern probieren – ich hab nur keine … muss eine ganze Weihnachtskantate komponieren bis in 4 Wochen.

    H.M.