SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.

Mehr Informationen: [Podcast-Feed][iTunes][Bitlove][Facebook] [Twitter][Sternengeschichten-App]
Über Bewertungen und Kommentare freue ich mich auf allen Kanälen.
—————————————————————————————
Sternengeschichten Folge 298: Extraterrestrischer Vulkanismus

In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich vom Vulkanismus auf der Erde erzählt und von der wichtigen Rolle, denn dieses Phänomen für uns und unseren Planeten spielt. Die Erde ist unter anderem nur deswegen so lebensfreundlich, weil sie ein aktiver Planet mit aktiven Vulkanen ist. Die Erde ist aber nicht der einzige Planet im Sonnensystem. Wie sieht es anderswo mit dem Vulkanismus aus?

Fangen wir mit dem Merkur an, dem sonnennächsten Planet. Auf den ersten Blick ist dort nicht viel los. Der Planet ist klein und mit einem Durchmesser von 4879 Kilometer nur ein bisschen größer als unser Mond. Merkur hat keine nennenswerte Atmosphäre und aufgrund seiner Nähe zur Sonne ist es schwierig, ihn mit Raumsonden zu erforschen. Nur zweimal, in den 1970er Jahren durch Mariner 10 und zwischen 2004 und 2011 durch Messenger, wurde der sonnennächste Planet von Raumsonden besucht. Gelandet ist man dort noch nie und man hat noch nicht einmal die komplette Oberfläche fotografiert. Dementsprechend gering ist unser Wissen über das, was dort abläuft – aber ein bisschen wissen wir immerhin.

Zum Beispiel, dass es dort keine Anzeichen für stattfindende Plattentektonik gibt, also den Mechanismus, der bei uns auf der Erde für den Vulkanismus verantwortlich ist. Aber es gibt Hinweise, das zumindest früher einmal Vulkane eine wichtige Rolle auf Merkur gespielt haben. Allerdings sehr viel früher. Die Messenger-Sonder der NASA hat 2008 das Caloris-Becken beobachtet, eine riesige, 1550 Kilometer durchmessende kreisförmige Struktur. Entstanden ist es aller Wahrscheinlichkeit nach vor ungefähr 3,8 Milliarden Jahren beim Einschlag eines circa 100 Kilometer großen Brockens auf dem Planeten. Das war ein ziemlich heftiger Impakt, so heftig das aus dem Inneren des Merkur geschmolzenes Gestein an die Oberfläche gelang und hat das Innere des Calors-Becken gefüllt hat. Auch anderswo hat man Hinweise auf vergangenen Vulkanismus gefunden. Genau gegenüber dem Caloris-Becken auf der anderen Seite des Planeten sind die Rupes Discovery, ein seltsam chaotisches Gelände, mit kleinen Hügeln und Rissen, Schluchten und Tälern, fünfmal größer als Deutschland. Außerdem findet man dort und anderswo Geländeformationen die wie kilometerhohe Stufen aussehen, wo sich der Boden irgendwie verschoben zu haben scheint. Das führt man auf eine Schrumpfung der Planetenoberfläche zurück. Als Merkur nach der seiner Entstehung und dem Ende der letzten großen Einschläge von Himmelskörpern vor 3,8 Milliarden Jahren langsam abkühlte, schrumpfte dabei auch seine Oberfläche und erzeugte die chaotischen Steilstufen. Ebenfalls eine Rolle könnten die starken Gezeitenkräfte gespielt haben, die von der nahen Sonne ausgeübt wurden. Dadurch und durch das Schrumpfen entstanden jede Menge Risse aus denen Lava austreten konnte. Diese Phase des frühen Vulkanismus endete, als der Merkur weit genug abgekühlt ist, so dass er nicht mehr schrumpfte und die Risse verschlossen wurden.

Heute scheint der Merkur tatsächlich keine aktive Welt mehr zu sein. Obwohl es ein paar Hinweise gibt, die auf vergleichsweise junge Aktivität hindeuten. In einigen Kratern hat man mit Messenger mehrere Vertiefungen gefunden, die eventuell durch aus dem Inneren des Planeten entweichende Gase entstanden sind. Als das Gas freigesetzt war, ist der Untergrund kollabiert und hat die Löcher erzeugt. Wenn das so war, dann könnte dieses Gas durch vulkanische Aktivität entstanden sein. Aber auch durch andere Mechanismen – zum Beispiel die Erosion von Gestein. Ob am Merkur immer noch irgendwo unter der Oberfläche vulkanische Aktivität stattfindet, ist also unklar. Das werden wir erst herausfinden, wenn wir diesen Planeten intensiver erforschen.

Olympus Mons auf dem Mars von oben (Bild: NASA)

Olympus Mons auf dem Mars von oben (Bild: NASA)

Im Gegensatz zum Merkur sind auf dem Mars die Spuren des Vulkanismus ganz offensichtlich. Immerhin findet man dort Olympus Mons, bei dem es sich nicht nur um den größten Berg des Sonnensystems handelt sondern auch gleichzeitig den größten Vulkan. Das Ding erhebt sich mehr als 26 Kilometer über die Ebene in der er sich befindet und mehr als 21 Kilometer über das mittlere Nullniveau der Marsoberfläche, also das, was man bei uns auf der Erde als “Meereshöhe” bezeichnen würde. Quasi gleich nebenan befinden sich drei weitere Schildvulkane, die drei Tharsis Montes: Pavonis Mons mit 12 Kilometer Höhe, Arsia Mons mit 14 Kilometern und Ascraeus Mons mit 18 Kilometern. Es kann sein, dass der Ursprung dieser Riesenvulkan-Gruppe in einem riesigen Einschlag liegt, denn genau auf der gegenüberliegende Seite des Planeten findet sich mit Hellas Planitia der größte Einschlagskrater des Mars, immerhin mit einem Durchmesser von etwa 2000 Kilometern. Der gewaltige Asteroid der da vor 3,9 Milliarden Jahren eingeschlagen ist, hat eventuell die Vulkantätigkeit auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten ausgelöst.

Aber auch so ist es kein Wunder, wenn die Vulkane auf dem Mars so viel größer sind als die auf der Erde. Denn auch hier findet man keine Plattentektonik. Die ist, wie ich schon mehrmals erwähnt habe, ja eine der Ursachen für Vulkanismus. Dort wo die Kontinentalplatten auf der Erde zusammenstoßen bzw. Lücken zwischen ihnen sind, kann Magma aus dem Erdinneren austreten und Vulkane erzeugen. Magma kann aber auch direkt unter Platten, weit ab von den Grenzen, aufsteigen und irgendwann die Kruste durchbrechen. So etwas nennt man “Hot Spot” und die Vulkane von Hawaii sind ein gutes Beispiel dafür. Die Inseln aus denen Hawaii besteht sind ja eigentlich nichts anderes als eine Reihe von Vulkanen, die sich unter dem Meer gebildet haben und irgendwann so groß wurden, das sie aus dem Wasser heraus ragen. Schaut man sich Hawaii auf einer Landkarte an, dann sieht man, das die Inseln bzw. Vulkane wie Perlen auf einer Schnur aneinander gereiht sind. Das liegt daran, dass dort tief im Erdmantel ein Hot Spot existiert, aus dem ständig Magma nach oben drängt. Während das passiert wandert aber die Kontinentalplatte darüber langsam vorbei und so entstehen der Reihe nach neue aktive Vulkane, während die alten, die nicht mehr über dem Hotspot liegen, abkühlen und inaktiv werden.

Auch auf dem Mars gibt bzw. gab es Hot Spots. Aber eben keine Plattentektonik, weswegen die Vulkane einfach immer weiter gewachsen sind. Zumindest so lange, so lange das Innere des Mars noch heiß genug war, um ausreichend Magma bereit zu stellen. Da der Mars viel kleiner ist als die Erde, ist er auch viel schneller ausgekühlt. Heute scheint er keine Aktivität zu zeigen. Ob die gigantischen Vulkane aber wirklich alle erloschen sind, ist nicht klar. Einige erstarrte Lavaströme bei Olympus Mons sind zum Beispiel nur zwei Millionen Jahre alt. Aus geologischer Sicht ist es also noch gar nicht lange her, das dort Vulkanismus stattgefunden hat. Vielleicht sind die Vulkane des Mars auch einfach nur in einer Ruhephase.

Rekonstruiertes Radardbild von Maat Mons, einem der Vulkane auf der Venus (Bild: NASA/JPL)

Rekonstruiertes Radardbild von Maat Mons, einem der Vulkane auf der Venus (Bild: NASA/JPL)

Bleibt von den vier Planeten des inneren Sonnensystems noch die Venus. Und die ist auch am spannendsten, was den Vulkanismus angeht. Unser Nachbarplanet ist an sich schon eine ziemlich heiße Welt. Temperaturen von fast 500 Grad, eine dicke, dichte und giftige Atmosphäre. Und jede Menge Vulkane. Mehr als 50.000 vulkanische Strukturen hat man identifiziert; fast 200 davon haben eine Basis, die mehr als 100 Kilometer durchmisst. Der größte Vulkan ist Maat Mons mit einer Höhe von 8 Kilometern. Überall auf der Oberfläche findet man Strukturen, die wie Flussbetten aussehen, aber erstarrte Lavaströme sind, die einige tausend Kilometer lang sein können.

Es ist also klar, das es auf der Venus früher jede Menge aktive Vulkane gegeben hat. Aber wie sieht es heute aus? Die ersten Beobachtungen mit Raumsonden haben keine Anzeichen dafür gezeigt. Aber als dann 2006 die europäische Raumsonde Venus Express ankam, änderte sich die Lage. Zuerst fand man indirekte Hinweise. Man hat dort die Menge an Schwefeldioxid gemessen und zwar in den oberen Bereichen der Venus-Atmosphäre. Das ist interessant, denn im Gegensatz zu den unteren Regionen, wo durch die dichte Gashülle des Planeten kaum noch Sonnenlicht dringen kann, kann die Sonnenstrahlung die Schwefeldioxidmoleküle in den äußeren Schichten aufspalten und zerstören. Wenn man dort also Schwefeldioxid findet, kann es noch nicht lange da gewesen sein. Es muss frisch entstanden sein und ein Weg wie das geschehen sein kann, ist ein Vulkanausbruch.

Richtig spannend wurde es bei der Auswertung von Infrarotdaten aus dem Jahr 2008. Man kann die Oberfläche der Venus ja aus dem All nicht direkt beobachten; durch die dichten Wolkenschichten dringt normales Licht nicht durch. Aber Infrarotstrahlung, als Wärme, kann man messen. Wissenschaftler haben das getan und in einer Region, die Ganiki Chasma heißt, haben sie einen kleinen Bereich gefunden, aus dem kurzfristig sehr viel Infrarotstrahlung ausgesandt wurde. Am 22. Juni 2008 war es dort nur wenig wärmer als die mittlere Oberflächentemperatur der Venus, die bei 460 Grad liegt. Am 24. Juni 2008 aber war es dort auf einmal 830 Grad heiß! Das nächste Bild konnte am 13. Oktober 2008 gemacht werden und da war die Temperatur wieder auf den üblichen Wert abgesunken.

Vulkanausbruch auf der Venus (Shalygin et al, 2014)

Vulkanausbruch auf der Venus (Shalygin et al, 2014)

Das ist mehr oder weniger genau das, was man erwarten würde, wenn dort kurzfristig Magma aus dem Inneren des Planeten an die Oberfläche gelangt. Diese Vermutung wurde dann geprüft und mit weiteren Daten bestätigt und mittlerweile geht man davon aus, dass es sich bei dem Ereignis in Ganiki Chasma tatsächlich um den Ausbruch eines Vulkans handelt. Venus ist also, neben der Erde, der zweite Planet des Sonnensystems auf dem heute noch mit Sicherheit aktiver Vulkanismus stattfindet.

Erde und Venus sind damit auch die einzigen Planeten unseres Sonnensystems für die das zutrifft. Denn nun bleiben nur noch die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun die keine feste Oberfläche haben, hauptsächlich aus Gasen bestehen und damit keinen Vulkanismus haben können. Planeten sind aber nicht die einzigen Himmelskörper, es gibt ja auch noch die Monde. Und auch hier besteht die Möglichkeit für vulkanische Aktivität. Aber das ist ein Thema für die nächste Folge der Sternengeschichten.

Kommentare (5)

  1. #1 pane
    10. August 2018

    Sehen die Vulkane auf der Venus so aus wie auf der Erde? Die Venus hat eine immerhin 90 fach dichtere Atmosphäre, da braucht die Lava einen höheren Druck um in die Gegend zu spritzen. Langsam abfließen ist da viel wahrscheinlicher.

  2. #2 Artur57
    10. August 2018

    “Obwohl für die Venus ein ähnlich großer Nickel-Eisen-Kern wie für die Erde angenommen wird, verfügt sie nur über ein äußerst schwaches Magnetfeld.” (Wikipedia)

    Darf man hieraus schließen, dass zur Bildung eines Magnetfeldes eine Rotation notwendig ist? Ich denke schon. Effektiv rotiert die Venus so gut wie nicht. Wikipedia:

    “Die rückläufige Eigendrehung der Venus ist zudem außergewöhnlich langsam: Eine siderische Rotationsperiode (das heißt, relativ zu den Fixsternen) dauert 243,019 Tage, und damit sogar 8 % länger als die Umlaufperiode.”

  3. #3 Frank
    11. August 2018

    Im podcast hast du dich versprochen. Die Venus sei fast 5000 Grad heiß, heißt es da.

  4. #4 Florian Freistetter
    11. August 2018

    @pane: Da noch niemand gesehen hat, wie es auf der Venus aussieht (bis auf ne russische Sonde die ein paar m² in den 1970ern fotografiert hat) ist das ne Frage, die sich schwer beantworten lässt.

    @Frank: Hab ich gemerkt. Aber Audio lässt sich leider nur sehr kompliziert korrigieren…

  5. #5 Sebastian 84
    Oppenweiler
    12. August 2018

    Hallo Florian, wieder eine tolle Folge! Danke für deine spannenden Beiträge! Viele Grüße Sebastian