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Sternengeschichten Folge 303: Planetarische Nebel

Planetarische Nebel gehören wahrscheinlich zu den astronomischen Objekten mit den blödesten Namen. Denn mit Planeten haben sie absolut gar nichts zu tun. Der erste, der eines dieser Objekte beobachtet hat, war Charles Messier im Jahr 1764. Über seinen berühmten Katalog habe ich ja schon in Folge 128 der Sternengeschichten ausführlich gesprochen. Messier hat alles am Himmel gesucht, das nicht wie ein Stern aussieht. All die Objekte, die irgendwie nebelartig, verschwommen und seltsam aussahen. Objekt Nummer 27 in diesem Katalog war das, was wir heute den “Hantelnebel” nennen.

Wo der Name für die nebelartige Dinger am Himmel genau herkommt, ist unklar. Betrachtet man sie durch ein Teleskop mit geringer Auflösung, dann sieht man tatsächlich etwas, das ein wenig wie ein Planet aussieht. 1779 schriebt der französische Astronom Antoine Darquier de Pellepoix bei der Beobachtung des heute “Ringnebel” genannten Objekts, es sähe aus wie ein “langweiliger Nebel, deutlich abgegrenzt, so groß wie Jupiter und wie ein verblassender Planet”. Ein paar Jahre später verwendete auch William Herschel, der gerade den Uranus entdeckt hatte, den Begriff.

Die Natur der planetarischen Nebel war damals noch mehr oder weniger unbekannt. Im Teleskop sah man nebelartige, planetartige Dinger und mehr war vorerst nicht rauszufinden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten die Astronomen dann die Technik der Spektroskopie. Sie spalteten das Licht vom Himmel in seine Bestandteile auf. Aus Experimenten im Labor wusste man, dass unterschiedliche chemische Elemente unterschiedliche Teile des Lichts blockieren können und so im aufgespaltenen Licht, dem Lichtspektrum, dunkle Linien erzeugen. Andererseits können chemische Elemente aber auch hell leuchtende Linien hervorbringen. Die einen nennt man Absorptionslinien, die anderen Emissionslinien und beide sind ganz charakteristisch für die jeweiligen Elemente die sie hervorbringen.

Kennt man die Linien, kennt man das Element. Als der britische Astronom William Huggins sich also in der Mitte des 19. Jahrhunderts daran machte, als erster das Lichtspektrum astronomischer Objekte zu analysieren, erhoffte er sich unter anderem auch, herauszufinden woraus die Planetarischen Nebel bestehen. Er beobachetet den Nebel, den wir heute “Katzenaugennebel” nennen und fand dort eine sehr helle Emissionslinie. Eine Linie allerdings, die keinem damals bekannten Element zugeordnet werden konnte. Huggins war der Meinung, er hätte ein völlig neues chemisches Element entdeckt, dem er den Namen “Nebulium” gab.

Damit allerdings lag er ziemlich daneben. Es dauerte noch ein wenig, bis die Astronomen die Sache klären konnten. Zuerst einmal stellte man 1927 fest, das im Weltall ganz andere Bedingungen herrschen als auf der Erde. Man entdeckte, dass das Gas, aus dem die Nebel bestanden, extrem dünn war. Hier bei uns auf der Erde kann ein Atom kaum in Ruhe existieren. Ständig stößt es mit anderen Atomen zusammen. Bei diesen Stößen gibt ein Atom Energie ab und das ist relevant.

Damit ein Atom eine Emissionslinie hervorbringen kann, muss es zuerst angeregt werden. Es muss also Energie aufnehmen, zum Beispiel in dem es durch das Licht eines Sterns angestrahlt wird. Das angeregte Atom regt sich irgendwann auch wieder ab und dabei wird die Energie wieder freigesetzt, in Form von Licht und je nach Atom bei einer ganz bestimmten Wellenlänge. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten wie so ein Atom Energie abgeben kann. Eine davon nennt sich “verbotener Übergang”, was schon wieder eine missverständliche Bezeichnung ist, weil da eigentlich nichts “verboten” ist. Mit “Übergang” bezeichnet man in der Physik den Wechsel eines Atoms von einem Zustand mit einer gewissen Energie zu einem anderen Zustand mit einer anderen Energie. Aufgrund der quantenmechanische Gesetze die das Verhalten von Atomen beschreiben, können diese Übergänge nicht irgendwie erfolgen sondern müssen bestimmten Regeln folgen. Manche Übergänge können dabei häufig auftreten, manche sind aber auch extrem selten.

Solche seltene Übergange sind unter den Bedingungen hier auf der Erde meist nicht zu beobachten. Dafür müsste man ein Atom anregen und sehr, sehr lange komplett in Ruhe lassen. Nur dann hat es die Chance, dass dieser seltene Übergang irgendwann stattfindet. Da es aber hier bei uns andauernd durch die Stöße mit anderen Atomen abgeregt wird, finden diese seltenen Übergänge nicht statt.

Das Gas in den planetarischen Nebeln ist aber extrem dünn. Es entspricht in etwa dem, was wir hier bei uns im Labor als “Vakuum” bezeichnen würden. In der normalen Luft findet man in jedem Kubikzentimeter ungefähr ein paar Dutzend Trillionen Atome. In dem, was Techniker ein “Hochvakuum” nennen, sind es immer noch ein paar Milliarden pro Kubikzentimeter. Im besten Vakuum das wir zustande bringen, sind immer noch ein paar hunderttausend Atome pro Kubikzentimeter zu finden. In einem planetarischen Nebel sind es nur ein paar tausend Atome pro Kubikzentimeter. Jede Menge Ruhe also für die Atome und jede Menge Gelegenheit, sich durch die sehr seltenen Übergänge abzuregen, die wir als “verboten” bezeichnen, weil sie auf der Erde nicht vorkommen können.

Die Linien, die Huggins die Entdeckung des “Nebuliums” verkünden ließen stellten sich bei genauerer Analyse als ein verbotener Übergang heraus, den ein Sauerstoffatom machen kann, wenn man es in Ruhe lässt. Andere Nebulium-Linien wurden als simpler Stickstoff identifiziert, als Helium oder Neon. Also nur bekannte Elemente. Die Zusammensetzung der Nebel war also nicht mysteriös – aber was die Dinger genau waren, war immer noch ein wenig rätselhaft.

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts dachte man, es würde sich vielleicht tatsächlich um Planeten handeln, die gerade dabei sind zu entstehen. Die Nebelwolken würden immer weiter kollabieren, immer dichter werden, bis sie am Ende zu einem Planeten zusammengefallen sind. Das war eine nette Theorie – aber dann stellte man bei Beobachtungen fest, dass die Nebel nicht kollabieren sondern sich im Gegenteil sogar immer weiter ausdehnen. Und als man dann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer besser verstand wie Sterne funktionieren, könnte man endlich auch erklären, was ein planetarischer Nebel wirklich ist.

Man sieht dort nicht die Geburt eines Planeten – sondern das Ende eines Sterns. Ein planetarischer Nebel ist das was von einem Stern wie unserer Sonne übrig bleibt, wenn sie irgendwann all ihren Brennstoff aufgebraucht hat. So ein Stern wandelt in seinem Kern Wasserstoff zu Helium um und dabei entsteht Energie. Ist der Wasserstoff im Kern verbraucht, gibt es auch keine Energie mehr und keine Strahlung, die vom Inneren des Sterns nach außen drückt. Der Kern des Sterns beginnt zu kollabieren und heizt sich auf. So sehr, dass dort nun auch das Helium zu Sauerstoff und Kohlenstoff fusioniert werden kann. Weiter außen im Stern ist es dadurch so heiß geworden, dass der da noch nicht verbrauchte Wasserstoff zu Helium fusioniert wird. Das alles findet bei deutlich höheren Temperaturen statt als zuvor. Der Stern brennt heißer und dehnt sich aus. Vereinfacht gesagt besteht er nun aus jeder Menge Schalen in denen unterschiedliche Fusionsreaktionen stattfinden und die unterschiedlich heiß brennen und sich unterschiedlich stark ausdehnen. Aber manche so sehr, dass sie regelrecht abgestoßen werden. Dabei dehnen sie sich noch weiter aus, kühlen dadurch aber ab bis die Temperatur zu gering für weitere Kernfusion wird. Man hat nun also einen kleineren Stern als zuvor im Zentrum einer großen Wolke aus kaltem Gas. Das Spiel geht so immer weiter: Neue Schichten des Sterns werden abgestoßen, kühlen ab und der Zentralstern wird immer kleiner. Wenn immer mehr äußere Schichten abgeschält werden wird irgendwann der extrem heiße Kern des Sterns freigelegt. Der schickt nun Strahlung mit so großer Energie hinaus ins All, dass die Atome der kühlen Gaswolken angeregt werden und zu leuchten beginnen. Ein planetarischer Nebel ist entstanden: Eine Wolke aus bunt leuchtenden Gasen in deren Zentrum der letzte Rest eines sterbenden Sterns sitzt, ein sogenannter “weißer Zwerg”.

Planetarische Nebel sehen beeindruckend aus. Die unterschiedlichen Gase leuchten in allen möglichen Farben. Sie sind oft rund, können aber auch komplett irreguläre Formen haben. Und sie sind ein kurzlebiges Phänomen. Der Sternenrest kann nicht mehr lange genug Energie produzieren um das Gas zum Leuchten zu bringen. Der Nebel dehnt sich außerdem immer weiter aus und wird immer kühler. Nach höchstens ein paar 10.000 Jahren reicht das alles nicht mehr und das Gas hört auch zu leuchten.

Aber trotzdem sind planetarische Nebel nicht nur schön sondern auch wichtig. All die chemischen Elemente die im Inneren des Sterns entstanden sind und die den Nebel zumindest kurz so schön bunt leuchten lassen, breiten sich im All aus. Sie landen dabei auch in den Gaswolken, aus denen neue Sterne entstehen. Und wenn es dort genug schwere Elemente, also Elemente die kein Wasserstoff und kein Helium sind, dann können dort nicht nur Sterne entstehen, sondern auch Planeten. Indirekt sind planetarische Nebel also doch auch irgendwie an der Entstehung von Planeten beteiligt…

Kommentare (2)

  1. #1 Artur57
    14. September 2018

    Ein Sauerstoffatom? Da hatte der arme Huggins natürlich Pech, denn das gibt es auf der Erde gar nicht. Nur Moleküle.

    Leuten die denn irgendwie anders? Ich denke schon.

  2. #2 Shoogar
    15. September 2018

    Cool.

    Sie können wirklich wundervoll erklären.
    (Grüße von meiner Frau)

    Was mich nun interessieren würde, ist, wieviel Masse von unserer Sonne (so übern Daumen) im Endstadium als weißer Zwerg übrig bleiben wird.