Wer in einer Schule Kinder und Jugendliche unterrichtet, hat keinen leichten Job. Man muss sich mit oft sehr seltsamen Lehrplänen herumärgern, mit Bürokratie und Verwaltung und noch dazu mit Unmengen an Vorurteilen von Seiten der restlichen Bevölkerung. Dabei gibt es kaum einen wichtigeren Job! Der sollte nicht nur wertgeschätzt werden; die Menschen die ihn ausüben sollten auch eine möglichst gute Aus- und Fortbildung erhalten. Das aber ist – zumindest in dem Fall von dem ich heute schreibe – nicht so.
Es geht um die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) Wien/Krems; die größte private Pädagogische Hochschule Österreichs. Dort bildet man Lehrerinnen und Lehrer für die Volksschule (also für die sechs- bis zehnjährigen Kinder) und für den Religionsunterricht aller Schulstufen aus. Ob man in Schulen überhaupt Religion als eigenes Fach unterrichten oder ob stattdessen ein konfessionsfreier Ethikunterricht verpflichtend für alle stattfinden sollte, ist eine ganz andere Diskussion die ich hier jetzt nicht führen will. Aber wenn an Schulen Religionsunterricht passiert, dann sollten die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer auf jeden Fall eine vernünftige, strukturierte und standardisierte Ausbildung erhalten. Genau so wie es entsprechende Angebote zur Fortbildung geben sollte.
Diese Angebote kann man sich im Internet ansehen. Und findet dann so etwas wie das hier: Einen Kurs mit dem Titel “Zur Entstehung des Universums: vom Urknall bis heute”, angeboten von oben erwähnter KPH Wien/Krems. Mir ist klar, dass das ein kniffliges Thema ist. Es geht ja hier nicht um den Physikunterricht sondern um Religion. Aber trotzdem sollten natürlich auch alle die Religion vermitteln zumindest ein wenig Ahnung von den astronomisch-physikalischen Grundlagen haben. Wenn man dann über die biblische Schöpfungsgeschichte und -mythen spricht, kann man dem die naturwissenschaftliche Sicht gegenüberstellen; idealerweise nicht als zwei konträre und einander ausschließende Weltsichten. Sondern als einander ergänzende Beobachtungen des Universums: Die objektiven und durch Beobachtungsdaten belegten Erkenntnisse der Naturwissenschaft und die im Laufe der Jahrhunderte kulturellen und mythischen Geschichten die sich die Menschen über die Entstehung ihrer Welt erzählt habe. Beide sind interessant und im Zuge einer umfassenden Schulbildung sollte man auch über beides Bescheid wissen.
Also ist es vorerst kein Problem, wenn eine Kirchliche Pädagogische Hochschule im Rahmen der Fortbildung von Religionslehrerinnen und -lehrern Wissen über Kosmologie und den Urknall vermittelt. Sofern das nach entsprechenden Standards passiert – was hier aber leider nicht der Fall ist. Der Inhalt der Fortbildung wird nämlich so beschrieben:
“Für die Entstehung des Universums gibt es zwei Erklärungen:
1) Die Materie und das Universum waren immer und wurden nur im Laufe der Zeit geformt.
2) Gott hat das Universum aus dem Nichts erschaffen.
Der Glaube an Gott ist ganz eng und ursprünglich mit dem Glauben an einen Schöpfer des Weltalls verbunden. Moderne Erkenntnisse der Astrophysik liefern dazu plausible Anschauungen.”
Zuerst einmal muss man festhalten, dass es definitiv nicht nur die beiden genannten Optionen für die Entstehung des Universums gibt. Und auch wenn die Naturwissenschaft das Thema nicht abschließend verstanden hat und noch viele offene Fragen existieren: “Gott” ist kein Konzept das in irgendeiner Form naturwissenschaftlich formuliert und verwendet werden kann. “Gott” als Schöpfer des Universums ist keine Erklärung die mit einer kosmologischen Theorie auf eine Stufe gestellt werden kann.
Viel kritischer ist aber der letzte Satz der Inhaltsangabe: “Moderne Erkenntnisse der Astrophysik liefern dazu plausible Anschauungen.” Ja, die moderne Astrophysik hat jede Menge Erkenntnisse zu bieten. “Plausible Anschauungen” darüber, dass es einen “Schöpfer des Weltalls” gibt gehören aber nicht dazu! Und ich finde es ehrlich gesagt ziemlich unverantwortlich, so etwas im Rahmen einer pädagogischen Fortbildung zu vermitteln (Nicht nur in diesem einem Kurs; es gibt das gleiche Thema auch unter dem Titel “Zur Entstehung des Menschen: sein evolutionärer Werdegang und die Fulmination des Geistes”)
Auch – und gerade! – wenn es nicht um die Ausbildung für Physiklehrerinnen und -lehrer geht. Gerade denjenigen, deren Spezialgebiet eben nicht die Naturwissenschaft ist, sollte man die grundlegenden Fakten dieser Disziplin vernünftig vermitteln. Und ihnen nicht suggerieren, die Naturwissenschaft wäre in der Lage irgendwelche religiösen Glaubensvorstellungen durch objektive Fakten zu stützen.
Es geht hier nicht um “Wissenschaft vs Religion”. Wenn in Schulen konfessioneller Religionsunterricht stattfindet, dann wird der zwansgläufig von nicht-wissenschaftlichen Glaubensvorstellungen handeln (und ob das an öffentlichen Schulen passieren soll oder nicht ist – wie gesagt – eine ganz andere Diskussion). Aber wenn man sich im Rahmen des Religionsunterrichts mit naturwissenschaftlichen Themen beschäftigt, dann muss das meiner Meinung nach auf der Basis der Realität und der aktuellen Forschung passieren. Dann kann es nicht sein, dass die Schülerinnen und Schüler plötzlich im Religionsunterricht irgendwas über “plausible” Erkenntnisse der Astrophysik hören, die einen “Schöpfer des Weltalls” nahelegen. Und im Physikunterricht dann etwas ganz anderes lernen.
Es gibt so viel faszinierende Dinge über das Universum zu lernen. Erkenntnisse, von denen auch und vor allem diejenigen Schulfächer profitieren können, die keine Naturwissenschaften unterrichten. Dazu müssen sie in den Fortbildungskursen aber vernünftig vermittelt werden. Ich habe größten Respekt für alle Lehrerinnen und Lehrer; sie machen einen absolut wichtigen Job der viel zu oft viel zu gering geschätzt wird. Sie können den Lebensweg unserer Kinder maßgeblich beeinflussen. Ich möchte, dass sie die bestmögliche Ausbildung bekommen. Denn wenn man den Lehrerinnen und Lehrern Unsinn beibringt, dann landet der irgendwann bei den Kindern und Jugendlichen…
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