In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich von den Meteoriten vom Mars erzählt, die bei uns auf der Erde landen. In der heutigen Folge geht es in die andere Richtung… Die Meteoriten kommen aus dem Weltall auf die Erde. Aber manchmal ist es auch umgekehrt. Manchmal gelangt auch Gestein von der Erde ins Weltall und wird für andere Himmelskörper zu Erdmeteoriten. Was dabei genau passiert, wo die Trümmer von der Erde überall landen können und was dabei sonst noch so durchs All transportiert wird, erfahrt ihr in der heutigen Folge der Sternengeschichten. Außerdem erzähle ich auch von Mondmeteoriten, potentiellen Merkurmeteoriten und Meteoriten von Planeten, die es vielleicht gar nicht mehr gibt!
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Sternengeschichten Folge 117: Meteoriten von der Erde
In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich über Meteoriten gesprochen. Diese Steine aus dem Weltall sind eine enorm wichtige Informationsquelle für die Astronomen, da sie von den Asteroiden stammen. Und die bestehen aus dem ursprünglichen Material aus dem vor 4,5 Milliarden Jahren alle Planeten des Sonnensystems entstanden sind. Die Meteoriten liefern uns einen Einblick in die Bedingungen, die damals geherrscht haben und zeigen uns, wie das Sonnensystem angefangen hat.
Aber nicht alle Meteoriten kommen ohne Umweg aus dem All. Nicht jeder Stein, der auf der Erde landet, war früher tatsächlich ein Asteroid. In seltenen Fällen kann ein Asteroideneinschlag auf einem anderen Himmelskörper Teile von dessen Oberfläche ins All schleudern, die dann irgendwann später nach langer Reise durchs Sonnensystem auf der Erde aufschlagen. Auf dem Mars ist das auf jeden Fall passiert, denn Wissenschaftler haben schon ein paar Dutzend Marsmeteorite gefunden, die uns zwar nichts über die Entstehung des Sonnensystems sagen, aber dafür dabei helfen, die Geschichte unseres Nachbarplaneten zu verstehen.
Über die Marsmeteorite habe ich in der letzten Folge gesprochen; der Mars ist aber nicht der einzige Himmelskörper, der Teile von sich selbst im All verteilt hat. Auch unser nächster Nachbar, der Mond, ist eine Quelle von Meteoriten.
Mittlerweile haben wir etwa 90 Felsbrocken auf der Erde gefunden, die eindeutig vom Mond stammen. In diesen Fällen kann man das besonders gut nachweisen, weil man auch das Gestein zum Vergleich hat, das die Astronauten der Apollo-Missionen von ihren Besuchen am Mond zurück zur Erde gebracht haben. Als die bemannten Flüge zu unserem Begleiter im All im Jahr 1972 geendet hatten, waren die 382 Kilogramm Mondgestein die einzigen Proben, die den Wissenschaftlern auf der Erde zur Verfügung standen (wenn man mal von knapp 300 Gramm absieht, die die unbemannten russischen Luna-Sonden zur Erde gebracht hatten). Fast 400 Kilogramm Gestein sind nicht wenig. Aber es gibt so viel über den Mond zu lernen, dass dieses bisschen Gestein als Informationsquelle bei weitem nicht ausreicht.
Besonders wenn es um seine Entstehung geht, kann man eigentlich nicht genug geologische Daten haben! Man geht heute ja davon aus, dass der Mond bei einer großen Kollision während der Entstehungsphase der Planeten entstand. Die noch unfertige Erde ist damals mit einem etwa marsgroßen anderen unfertigen Planeten kollidiert. Dieser Himmelskörper wurde dabei zerstört und auch die junge Erde wurde ordentlich durchgerüttelt. Große Teile von ihr wurden ins All geschleudert, wo sie dann den Mond geformt haben. Wenn das wirklich so war, dann muss es klare Ähnlichkeiten zwischen dem Gestein auf der Erde und dem auf dem Mond geben; aber auch Unterschiede, die auf die Reste des einschlagenden anderen Planeten zurückzuführen sind. Will man die Vorgänge bei der Kollision genau verstehen, braucht man möglichst viel Gestein.
Die Wissenschaftler sind also froh, dass sie neben den 382 Kilogramm Mondgestein der Apollomissionen heute auch fast 30 Kilogramm in Form von Mondmeteoriten gefunden haben. Der erste von ihnen wurde im Jahr 1982 entdeckt, bei einer Expedition in der Antarktis. Dort hat man ja auch schon den ersten Marsmeteorit gefunden und das ist kein Zufall. Die Antarktis ist ein guter Platz um Meteorite zu suchen. Sie landen natürlich überall auf der Erde, aber im ewigen Eis des Südpols können sie für lange Zeit ungestört und intakt erhalten bleiben. Auch die restlichen Mondmeteorite wurden in der Eiswüste der Antarktis gefunden beziehungsweise in anderen Wüsten in Afrika und der arabischen Halbinsel.
Es gibt auf der Erde also Meteoriten vom Mars und vom Mond. Und die anderen Himmelskörper? Bei der Venus ist nicht damit zu rechnen. Ihre Atmosphäre so ist extrem dicht, dass Asteroiden schon vor dem Einschlag auf der Oberfläche auseinanderbrechen und verglühen. Nur die ganz großen kommen durch; aber die dichte Atmosphäre hält dann auch die Trümmerstücke davon ab, ins All zurück geschleudert zu werden. Bessere Chancen gäbe es beim kleinen Merkur. Seine Oberfläche ist von Kratern übersäht, so wie die des Mondes und so wieder Mond hat auch er keine Atmosphäre. Die vielen Kollisionen in seiner Vergangenheit sollten also genug Material ins All geschleudert haben. Allerdings ist er auch der Sonne sehr nahe und es ist wahrscheinlich, dass die Meteorite vom Merkur mit ihr zusammengestoßen sind, und es nicht bis zu den anderen Planeten geschafft haben.
Im Jahr 2012 hat man dann aber im Nordwesten von Afrika einen Meteorit gefunden, der eventuell vom Merkur stammen könnte. Der Stein mit der Bezeichnung NWA 7325 wiegt 345 Gramm, hat eine interessante grünliche Färbung und eine chemische Analyse seiner Zusammensetzung hat gezeigt, dass sie nicht mit der zusammen passt, die man von anderen Himmelskörpern kennt. Bis auf den Merkur: Die wenigen Raumsonden die bisher dorthin geflogen sind, haben die Oberfläche des Merkus zumindest aus der Ferne untersucht und diese Daten stimmen mit den Daten über den Meteorit recht gut überein. Die Analyse des Meteoriten hat außerdem gezeigt, dass er von einem größeren Himmelskörper stammen muss, der groß genug ist, damit sein Inneres heiß werden und schmelzen kann.
Er muss also von einem Objekt stammen, das so groß ist wie ein Planet. Er kann aber nicht vom Mars, nicht vom Mond und auch nicht von der Venus stammen. Also bleibt nur noch der Merkur übrig. Oder irgendein anderer Planet, der heute nicht mehr existiert. Denn NWA 7325 ist mit 4,5 Milliarden Jahren fast so alt wie das Sonnensystem selbst und es ist wahrscheinlich, dass damals mehr Planeten entstanden sind, als wir heute beobachten. Heute sehen wir nur die Planeten, die die chaotische Entstehungszeit überstanden haben, ohne mit irgendetwas zu kollidieren, so wie während der Entstehung des Mondes. Es wäre also theoretisch möglich, dass der seltsame Meteorit von einem dieser frühen Planeten stammt, die später bei planetaren Kollisionen zerstört worden sind.
Genau werden wir es aber wohl erst wissen, wenn man mal eine Raumsonde auf die Oberfläche des Merkus schickt um sich deren Zusammensetzung ganz genau anzusehen.
Einen Planeten haben wir aber noch vergessen: Die Erde! Auch hier bei uns schlagen ja immer wieder Asteroiden ein und es gab in der Vergangenheit genug Kollisionen, bei denen Material von der Erdoberfläche ins All geschleudert worden sein kann. Es müssten da draußen also auch irgendwo Stückchen unseres eigenen Planeten herumfliegen und vielleicht liegen irgendwo auf der Oberfläche des Mars und des Mondes Erdmeteoriten herum.
Wissenschaftler haben mit Computersimulationen berechnet, wie viele das in etwa sein könnten und wo sie vielleicht gelandet sind. Bei einem ausreichend großen Einschlag fliegt zwar viel Material bis ins Weltall; das meiste davon kommt aber nicht. Im Gegensatz zum Mars oder zum Mond hat die große Erde eine starke Anziehungskraft und fast 40 Prozent des Zeugs fällt wieder zu ihr zurück. Ebenfalls fast 40 Prozent bleiben in einer Umlaufbahn um die Erde und werden früher oder später ebenfalls wieder zurück fallen. Ein bisschen was wird so stark hinaus geschleudert, dass es das Sonnensystem ganz verlässt oder in die Sonne fällt. Nur etwa 14 Prozent werden unterwegs von anderen Planeten eingesammelt. Fast alle davon schnappt sich die Venus, die immerhin fast so schwer wie die Erde ist und eine entsprechend starke Anziehungskraft hat. Der klägliche Rest, weniger als ein Prozent des gesamten von der Erde ins All geschleuderten Materials, landet in der Nähe des Mars und noch weniger schlagen auf seiner Oberfläche ein.
Man könnte also auf dem Mars tatsächlich Erdmeteorite finden, auch wenn man dafür wahrscheinlich ziemliches Glück bräuchte. Aber auch anderswo könnte sich die Suche lohnen. Ein halbes Prozent der Trümmer von der Erde können nach dem Einschlag bis zum Jupiter gelangen. Der große Gasriese hat zwar keine feste Oberfläche, auf der Meteorite einschlagen können. Aber er hat viele große Monde und die Simulationen haben gezeigt, dass auch dort ab und zu mal ein Stück von der Erde landen kann.
Aber das Sonnensystem gibt es schon seit 4,5 Milliarden Jahren und da war Zeit für sehr viele Kollisionen. Auch wenn die meisten Erdmeteorite es nicht auf andere Himmelskörper geschafft haben, summieren sich die kleinen Mengen, bei denen es doch geklappt hat, im Laufe der Zeit auf überraschend große Werte. Die Simulationen legen nahe, dass in den letzten 3,5 Milliarden Jahren zum Beispiel knapp 2000 Tonnen Material von der Erde auf dem Jupitermond Europa gelandet sind!
Und das ist eine äußerst faszinierende Vorstellung. Wir wissen, dass der Mond Europa von einer Kruste aus Eis bedeckt ist, unter der ein große Ozean aus Wasser liegt. Wir wissen, dass das Leben auf der Erde vor 3,5 Milliarden Jahren entstanden ist. Wir wissen, dass Bakterien und andere Mikroorganismen für sehr lange Zeiten im Inneren von Gesteinsbrocken und sogar im Weltall überleben können. Es wäre also möglich, dass die Erdmeteoriten simple Lebensformen von unserem Planeten in die Ozeane des Jupitermondes Europa transportiert haben! Vielleicht gibt es dort heute Leben, das seinen Ursprung auf der Erde hat.
Wie gesagt, eine faszinierende Vorstellung. Aber leider eine, die wir momentan nicht überprüfen können. Dazu bräuchte es eine Mission zu Europa; am besten eine, die in der Lage ist die kilometerdicke Eiskruste zu durchbrechen und den Ozean darunter direkt zu untersuchen. Vermutlich wird das sogar passieren – die NASA plant gerade eine Raumsonde, die Europa besuchen soll. Allerdings nur aus der Ferne; bis unter das Eis wird sie wohl nicht vordringen.
Es ist auf jeden Fall klar, dass die Himmelskörper des Sonnensystems in den letzten 4,5 Milliarden Jahren reichlich Gestein untereinander ausgetauscht haben. Was dabei aber sonst noch alles von Planet zu Planet transportiert worden ist, müssen wir erst noch heraus finden…
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