Von 1. bis 20. April bin ich auf Reisen, halte Vorträge in der Pfalz und in Baden-Württemberg und mache auch ein wenig Urlaub. Für die Zeit meiner Abwesenheit habe ich eine Artikelserie über wissenschaftliche Paradoxien vorbereitet. Links zu allen Artikeln der Serie findet ihr hier.
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Ich habe ein Problem. Ich besitze ein paar wunderbare alte Couchsessel. Die Dinger sind älter als ich, stammen aus den 1970er Jahren und sind schon lange in der Familie. Als ich sie 2001 übernommen habe, waren sie noch gut in Schuss, wie dieses Foto zeigt:

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERA

Mittlerweile sind sie aber schon ziemlich zerschlissen. Der Bezugsstoff ist an vielen Stellen komplett zerrissen, die Füllung hat an Volumen verloren und man kann sie eigentlich nur benutzen, wenn man sie unter Unmengen von Kissen und Decken versteckt. Ich könnte natürlich probieren, sie erneuern zu lassen. Eine neue Füllung; ein neuer Stoff… aber wären es dann immer noch die gleichen coolen, fast 50 Jahre alten Couchsessel? Immerhin habe ich bis auf den Rahmen ja alles erneuert?

Dieses Problem kommt nahe an eine klassische Frage der antiken Philosophie heran, die unter dem Namen “Schiff des Theseus” oder “Theseus’ Paradoxon” bekannt ist: Verliert ein Gegenstand seine Identität, wenn viele oder gar alle seiner Einzelteile ausgetauscht werden? Plutarch hat das im ersten Jahrhundert so formuliert:

“Das Schiff, auf dem Theseus mit den Jünglingen losgesegelt und auch sicher zurückgekehrt ist, eine Galeere mit 30 Rudern, wurde von den Athenern bis zur Zeit des Demetrios Phaleros aufbewahrt. Von Zeit zu Zeit entfernten sie daraus alte Planken und ersetzten sie durch neue intakte. Das Schiff wurde daher für die Philosophen zu einer ständigen Veranschaulichung zur Streitfrage der Weiterentwicklung; denn die einen behaupteten, das Boot sei nach wie vor dasselbe geblieben, die anderen hingegen, es sei nicht mehr dasselbe.”

Im Gegensatz zu Bentleys Gravitations-Paradoxie von gestern ist das eine Paradoxie ohne Auflösung. Seit der Antike ist man hier zu keinem klaren Urteil gelangt (obwohl Theseus’ Paradoxon überraschenderweise in einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2010 auftaucht). Es handelt sich um klassische Philosophie und man kann sich darüber wahrscheinlich noch ein paar tausend Jahre lang Gedanken machen, ohne zu einem Ergebnis zu kommen…

Worin besteht die Identität eines Dinges? Ist es wirklich nur das Material? Oder die Kontinuität der Nutzung? Die Emotionen, die man damit verbindet? Oder etwas ganz anderes? Was meint ihr? (Und wer gute Tipps für die Restauration meiner Sessel hat, soll bitte Bescheid sagen!)

Kommentare (52)

  1. #1 Fleg
    Schweiz
    7. April 2015

    Genau dieses Paradox habe ich am Wochenende mit meiner Freundin ausdiskutiert.
    Ich bin auf den Schluss gekommen: wenn alle Teile eines Gegenstandes innert kurzer Zeit (den genauen Zeitraum müsste man definieren) ausgetauscht, ist der Gegenstand ein neuer. Wenn jedoch die Teile über Jahre hinweg ausgetauscht wurden, so ist es immer noch der selbe, da die Teile ja doch schon lange im “Besitz” des “Bestizers” sind und schon einige Zeit mit den Original-Teilen am Objekt verbracht haben. Der Charakter des Objektes geht so meiner Meinung nach mit der Zeit auf neue Teile über… solange genügend Original-Teile am Objekt sind, resp. Teile die den Charakter bereits übernommen haben.

  2. #2 Michael
    Bern
    7. April 2015

    Ich empfehle dazu eine Passage aus Michel Gondrys Film “Is the man who is tall happy”, ein illustriertes langes Interview mit Noam Chomsky. (Kann leider nicht genau die Zeit angeben, wo die Passage auftaucht). Er betrachtet es als sprachliches Problem (allerdings der sogenannten i-language, also der “internen” Sprache in unsere, Gehirn).
    Ich glaube es gibt den Film sogar bei Youtube (wahrscheinlich ohne die Autorenrechte).

  3. #3 Andreas
    7. April 2015

    Nun, das gleiche könnte man über die Identität des Menschen vorbringen. Auch die Atome, aus denen wir bestehen, sämtliche Atome, werden im Lauf der Lebensspanne eines Menschen “ausgetauscht”. Sind wir also wir?

  4. #4 Wizzy
    7. April 2015

    Den Artikel finde ich sehr interessant. Das ist eine Variante der Definitionsfrage analog z.B. “Was ist ein Ball?”, erweitert um eine Dimension (“Wie lange ist ein Ball?”). Wenn man nun ein spezielleres Objekt (z.B. “Ball den einmal xxx besaß”) hernimmt, dann wird die Definition natürlich schwierig wenn er mit neuem Material geflickt wird. Aus rein praktischen Erwägungen muss man eine gewisse Veränderung des Ausgangsballs zulassen, damit eine zeitlich ausgedehnte Definition überhaupt möglich wird. Und da kann man unterschiedlicher Meinung sein, von “(Noch festzulegend nahe an) 0 Anteile dürfen getauscht werden” bis “100% darf getauscht werden, solange die Form/Struktur in einem festgelegten Rahmen bleibt”. Im zweiten Fall kann man wenn man will dann zusätzlich Regeln festlegen die die Entstehung mehrerer Originale des Objekts verbieten.

  5. #5 Samira
    7. April 2015

    Off Topic (aber wichtig)

    Petition 58168

    Gesetzliche Krankenversicherung – Leistungen – – Keine Kostenübernahme von homöopathischen Behandlungsmethoden als Satzungsleistungen der Krankenkassen vom 26.03.2015

    Text der Petition
    Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass homöopathische Behandlungsmethoden nicht mehr als Satzungsleistung von gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden dürfen.

    Begründung
    Es gibt keinen Wirkungsnachweis für homöopathische Behandlungen.

    Im Gegenteil: über 150 methodisch akkurate klinische Studien der letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass homöopathische Mittel Scheinmedikamente sind. Die behauptete Wirkweise steht mit der heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnis in krassem Widerspruch.

    Die Übernahme der Kosten für homöopathische Behandlungen als Satzungsleistungen widerspricht somit §2 Absatz 1 der Allgemeinen Vorschriften des SGB 5. Dort steht: „Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.”

    Die Übernahme homöopathischer Behandlungen als Satzungsleistungen widerspricht somit dem Solidaritätsgedanken der gesetzlichen Krankenversicherung. Im §1 SGB5 steht: „Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.”

    Die Übernahme der Kosten für homöopathische Behandlungen widerspricht somit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB5): „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.”

    Die Homöopathie entspricht diesen gesetzlichen Anforderungen an ein Arzneimittel nachweislich nicht.

    https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2015/_03/_26/Petition_58168.mitzeichnen.html

  6. #6 Nemo
    7. April 2015

    Letztlich verleiht der Mensch den Dingen ihre Identität.
    Bei sich selbst angefangen: durch Zellerneuerung (und Verschleiß!) etc. müsste man ja irgendwann sagen, jemand sei nicht mehr derselbe Mensch. Das sagt man zwar schon manchmal dahingehend, dass Menschen sich z. B. in ihrem Wesen verändern (man steigt nie in denselben Fluß), aber die Identität der Person wird dabei nicht fraglich.
    Ich sehe eigentlich keine zeitliche Komponente in der Thematik. Solange mehrheitlich Einvernehmen über die Identität von etwas besteht, besteht diese weiter.

  7. #7 Nemesis
    7. April 2015

    Worin besteht die Identität eines Dinges? Ist es wirklich nur das Material? Oder die Kontinuität der Nutzung? Die Emotionen, die man damit verbindet? Oder etwas ganz anderes?

    Ich würde sagen, allein die (sprachliche) Definition gibt den Dingen und Wesen ihre Identität, jenseits davon gibt es meiner Ansicht nach keinerlei Identität, weil alles ständig im Fluss und im Wandel ist, jenseits sprachlicher Definitionen gibt es somit an Identitäten rein garnix zu gewinnen und nix zu verlieren, wir bewegen uns in einem Nullsummenspiel, Deine Sessel sind somit erst dann keine Sessel mehr, wenn Du oder irgendjemand sagt, es seien jetzt keine Sessel mehr… was den Sesseln aber sowieso ziemlich egal sein dürfte…

  8. #8 Pilot Pirx
    7. April 2015

    Tip für die Sessel? Sperrmüll. Machen lassen ist selbst schwarz nicht billig. Oder eben selber machen, wenn die Dir was wert sind und Zeit und Geschick vorhanden sind.
    Aber ich rate ab, das ist nicht so einfach.

  9. #9 Ruedi
    Bern
    7. April 2015

    Dieses Thema wurde von Stanislaw Lem äusserst unterhaltsam in einer Kurzgeschichte illustriert, die hier im Spiegel auf deutsch publiziert ist: https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-8889577.html

  10. #10 Archäopath
    7. April 2015

    Ich denke, diese Frage hängt auch vom Zweck der Objekte bzw. von ihrer “Historizität” ab. In der Archäologie, wo sich organische Materialien wie Holz oder Leder nur unter sehr speziellen Bedingungen erhalten, kann man die immer wichtiger werdenden molekularen Untersuchungsmethoden nur dann anwenden, wenn man man über Originalmaterial verfügt. Ein Ding, bei dem dieses vollständig ersetzt sind, würde man wohl nicht mehr als Original bezeichnen. Bei mechanischen Objekten wie Oldtimer oder Uhren hingegen würde man wohl fast vollständige Ersetzungen akzeptieren, wenn die Funktion dafür erhalten bleibt. Hierbei kommt es dann möglicherweise auch darauf an, ob das Objekt von Grund auf neu aufgebaut worden ist oder ob die Ersetzungen sukzessive über die Gebrauchszeit erfolgt sind, denn im letzeren Fall hat das Objekt ja eine “Biographie”, die selbst wieder für spannende Forschungsfragen genutzt werden kann. Bei einer Rekonstruktion fehlt diese. Dazu kommt noch, das es gewissermaßen charismatische Bauteile gibt. Bei einer alten Uhr wäre z. B. ein originales Ziffernblatt von größerer Wichtigkeit als ein originale Kette.

  11. #11 Adent
    7. April 2015

    @Florian

    Worin besteht die Identität eines Dinges? Ist es wirklich nur das Material? Oder die Kontinuität der Nutzung? Die Emotionen, die man damit verbindet? Oder etwas ganz anderes?

    A) Ja
    B) Ja
    C) Ja
    D) Ja
    😉
    Meiner Ansicht nach trifft es am besten die Kontinuität, aber nicht der Nutzung sondern des Bekanntseins, es muß ja nicht zwangsläufig nützlich sein.
    Verändert sich ein Ding durch starke Materialveränderungen kann es seine Identität verlieren (in Bezug auf den Besitzer, Nutzer des Dings). Verliert es die Kontinuität (indem es zum Beispiel lange nicht mehr benutzt wird, dann ist es zwar vom Material her noch das gleiche Ding, aber vom emotionalen Bezug her vielleicht nicht mehr. War es nie nützlich sondern einfach nur “schön” (als Erinnerung oder rein ästethisch), dann ist es solange identisch wie der Bezug da ist (nicht der Polsterbezug ;-)).
    Und sicherlich gibt es noch viele andere Gründe einem Ding Identität zu- oder abzusprechen.
    Insofern stimme ich Nemo zu, der Mensch verleiht den Dingen eine Identität, die rein materiell oft keine Rolle spielt.

  12. #12 Rob
    7. April 2015

    Ich würde das eher sachlicher betrachten:

    Braucht Du diesen Sessel überhaupt, oder ist das “Messie-Denken” (hat ja jeder von uns)

    Wie viele Vorteile bringt mir das Behalten eines kaputten, verschlissenen Gegenstandes?

    Ist das Behalten eines ganz bestimmten Gegenstandes zur Erinnerung der emotionalen Vergangenheit für ein weiteres Leben wirklich sinnvoll?

    Ist dieser Gegenstand wie zB. dieser Sessel -wirklich- bequem genug gewesen, um eine teure Reparatur zu gerechtfertigten?

    Dieser Sessel hat ja schon mal gar keine Armlehne.

    Meine eigenen Antworten darauf habe ich bereits…

  13. #13 Earl of Burl
    7. April 2015

    Sehr schön hierzu auch eine Kurzgeschichte von Stanislav Lem:
    Existieren Sie, Mr. Jones?

    Topic ist, dass das Gehirn nach und nach durch Cyberimplantate ersetzt wird und nachher die Frage gestellt wird, ob Mr Jones überhaupt noch Mensch ist.

    Einfach mal nach googeln. Das Hörspiel müsste ich mir auch noch einmal geben. 🙂

  14. #14 Florian Freistetter
    7. April 2015

    @Rob: “Braucht Du diesen Sessel überhaupt, oder ist das “Messie-Denken” (hat ja jeder von uns)”

    Ich hab den Artikel ja nicht geschrieben, weil ich ein Problem mit meinen Möbeln habe, sondern weil das ein schönes Beispiel für die Paradoxie ist, die ich in meiner Paradoxie-Serie vorstellen wollte.

  15. #15 Alderamin
    7. April 2015

    Tja, genau diese Frage habe ich mir auch gestellt, als ich das erste Mal vor der wiedererbauten Frauenkirche in Dresden stand. Die wirkt so seltsam deplaziert, ein Gebäude im alten Stil, das so neu aussieht, das ist irgendwie in sich schon paradox. In 200 Jahren wird das vermutlich nicht mehr so offensichtlich sein, und dann geht die wiedererbaute Kriche vielleicht optisch als ihr Original durch.

    Oder andere restaurierte Bauwerke (ich denke da etwa an Teile unserer mittelalterlichen Stadtmauer, die im Krieg größtenteils zerstört wurde). Solange da nur an manchen Stellen repariert wurde (etwa mit roten Ziegeln statt dem Originalgestein), solange behält das Bauwerk noch seine Identität. Aber wenn da nur noch Ziegel sind, dann ist das nicht mehr besonders mittelalterlich. Dann ist es nur noch ein Nachbau, und kein besonders guter.

    Eine gewisse Kontinuität ist wohl nötig, was weg war und nachträglich wiedererbaut wird, ist nicht mehr dasselbe, sondern ein Nachbau. Ebenso ist bei Dingen mit Veränderungen eine gewisse Formtreue nötig, um ihre Identität zu wahren. Solange an einem Ding ständig in kleinen Schritten herumrepariert wird, bleibt es das gleiche Ding. Wenn sich jedoch die Form (oder Struktur, siehe Ziegelsteine) erheblich ändert, wird es irgendwann etwas neues (so wie in der Biologie neue Arten durch kleine Entwicklungsschritte entstehen, ohne dass man irgendwo eine scharfe Grenze zwischen der Vorläufer- und Nachfolgerart ziehen könnte).

    Jedenfalls nach meinem Empfinden.

  16. #16 T
    7. April 2015

    Die Münchner Antwort lautet: Solange die Fassade stehenbleibt … Übertragen auf den Sessel, müsstest du diesen also vollkommen entkernen. Das Eigentliche steckt in der Oberfläche und ihrer Patina. Wenn man hier lebt, muss man sich mit dieser Haltung arrangieren oder zum Terroristen werden (aber das nur nebenbei).

  17. #17 Hornoxe
    7. April 2015

    Das erinnert mich an die Meinungsverschiedenheiten die aufkommen, wenn früher erfolgreiche Rockbands mit neuen Musikern unter dem alten Namen auftreten…

  18. #18 JoselB
    7. April 2015

    @Samira: Ist doch gar nicht so ganz offtopic. Die Homöopathie wäre ja eine Anwendung einer abgewandelte Version des Paradoxons: “Woraus besteht der Wirkungszusammenhang eines Medikaments” insbesondere wenn nach und nach alle Teile des Medikaments durch einen anderen Stoff ausgetauscht wird, bis (bei manchen Potenzen) rein gar nichts mehr vom Ausgangsstoff vorhanden ist. Und da soll sich sogar noch eine Umkehrung der Symtopme ergibt, die dann gleichzeitig die völlig andersartige Ursache beheben.

    Zum Glück muss sich Florian keinen Kopf darum machen, wie durch allmähliches Austauschen von Teilen seiner Sessel die Wirkung (“Bequeme Sitzgelegentheit”) in ihr Gegenteil (was man sich da jetzt vorstellen will) verkehrt wird.

  19. #19 Ex-Esoteriker
    7. April 2015

    Also ich behaupte mal, objektiv gesehen, wie das Bsp. mit dem Schiff: Nein, es ist nicht mehr das alte Schiff, es wurde ja, immer wieder erneuert.

    Aber subjektiv denke ich, Ja und Nein.

    Ja, weil die “Funktion”, dass Aussehen usw. vom Schiff erhalten blieb, aber nur neues Material genutzt wird.

    Ist wie mit den Sudhausanlagen einer Brauerei, außen Kupfer, aber innen Edelstahl (besser zu reinigen).

    Zu Deinem Sessel, neuer Kern, neues Material, aber selbe Farbe und Funktion. Am Ende musst du entscheiden, ob es für dich “der alte gute” Sessel ist.

    PS: Zeitreiseparadoxon finde ich zum Nachdenken viel “intensiver”. 😉

  20. #20 Stefan K.
    7. April 2015

    Ich kenn eine Variante dieses Paradoxons als Kinderwitz: “Diese Axt ist 100 Jahre alt und noch wie neu. Nur der Stiel musste dreimal getauscht werden und die Schneide viermal”
    Wobei bei diesem einfachen Beispiel glaube ich aber keiner mehr ernsthaft behaupten würde, dass die Axt, die nur aus Stiel und Schneide besteht, dann noch dieselbe ist…

  21. #21 the-grue
    7. April 2015

    @Florian #14

    (Auch wenn’s mich eigentlich nix angeht:)

    An Deinen Antworten hab’ ich häufiger zu knabbern. Warum quatscht Du Rob #12 von der Seite an, wenn
    a) Du selbst um Tips bittest: “(Und wer gute Tipps für die Restauration meiner Sessel hat, soll bitte Bescheid sagen!) ” und
    b) Rob einen durchaus wertvollen Tip für Dich hat?

    Ich finde das recht unhöflich. So unhöflich, daß ich mich unhöflich ungefragt einmische.

  22. #22 Florian Freistetter
    7. April 2015

    @the-grue: “Warum quatscht Du Rob #12 von der Seite an”

    Naja, abgesehen davon das der Tipp jetzt auch nur aus “Willst du den Sessel wirklich behalten? Schmeiss den alten Kram doch weg” bestand und in Sachen Restauration nicht wirklich weiterhilft, hatte ich das Gefühl, dass Rob der Meinung war, mir ginge es in meinem Artikel tatsächlich um eine Erörterung der Frage, wie man mit alten Möbeln umgehen soll – und das war definitiv nicht der Zweck. Es ging um Paradoxien und der Sessel war ein Beispiel dafür. Meine Antwort war nicht unhöflich gemeint, sondern sollte nur auf den eigentlichen Inhalt hinweisen. Wenn das unhöflich rüber kam, tut es mir leid.

  23. #23 PDP10
    7. April 2015

    @Hornoxe:

    “Das erinnert mich an die Meinungsverschiedenheiten die aufkommen, wenn früher erfolgreiche Rockbands mit neuen Musikern unter dem alten Namen auftreten…”

    Oder wenn Status Quo nach 40 Jahren plötzlich einen anderen Song spielen würden … 🙂

  24. #24 the-grue
    7. April 2015

    @Florian #22
    Für mich sehr versöhnliche Antwort – danke!
    (Und ich bitte um Entschuldigung für die Einmischung)

  25. #25 Robert Lender
    https://robertlender.info/blog
    7. April 2015

    Eine ähnliche Frage bezüglich Bauwerken habe ich mir auch schon öfters gestellt. Wenn man das Bauwerk in seinem “ursprünglichen” Zustand erhalten will – was ist dieser? Bei einem Haus, das “in einem” gebaut wurde, kann man das vielleicht noch beantworten. Was ist aber mit einer Kathedrale, an der Jahrhunderte gebaut wurde. Ist es die Version mit einem Turm oder mit zwei? Ist es vor den Adaptierungsarbeiten im 18. Jahrhundert? Oder muss ich die Kathedrale sowieso niederreißen und die früher dort stehende Kapelle aufbauen? (Um mal ganz drastisch zu fragen.)

    Sicherlich gibt es dazu wohl auch mehr als eine Antwort…

  26. #26 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    7. April 2015

    Das Praktische an Metaphysik ist, dass man sie nicht anwenden muss. Ist das derselbe Sessel? Sind diese Moleküle zusammen ein Sessel? Sind Moleküle?

    Stattdessen spielt man einfach ein Sprachspiel. Man bezeichnet in der Chemie mit Molekülen Dinge, die man wohldefiniert hat. Man bezeichnet als Sessel, was man als Sessel meint. Das, was man sich als Sessel vorstellt, und wahrnimmt, bezeichnet man als Sessel. Und man bezeichnet es als denselben Sessel wie früher, wenn man den Sessel schon lange hat und darauf hinweisen möchte. Möchte man darauf hinweisen, dass der Sessel schon fast keine Originalteile mehr aufweist, so sagt man: “Das ist fast ein neuer Sessel, so viele Teile hab ich schon ausgetauscht!”

    Ist es nun derselbe Sessel in der Realität oder nicht? Vermeidet man, dazu Stellung zu nehmen, so lässt sich problemfrei sprechen. Die Frage ist übrigens, weshalb man ontologisch Stellung zu einem Sessel nehmen sollte. Was bringt das? Hilft das einem in der Kommunikation mit den Mitmenschen? Oder hat man bereits alles gesagt, ganz ohne den realen Sessel (oder auch inzwischen real neuen Sessel) zu bemühen? Schliesslich spricht man mit Sprache und nicht mit Sesseln 😉

    Diese Haltung der Vermeidung ontologischer (und sonstwie metaphysischer) Aussagen sowie ihr Ersetzen durch (positive) Setzung (z.B. durch Definition) nennt man Positivismus. Positivismus ist praktikabel. Er mag für den einen oder anderen intellektuell nicht befriedigend sein, schliesslich erklärt er die Sessel-Realität nicht 😉 Jedoch ist er hinreichend zur Verständigung.

    Vielleicht ist das alles, was man haben kann.

    Noch eines: die Frage solcher Sessel stellt nicht unbedingt ein Paradoxon dar – wenn man sich nämlich für eine der möglichen philosophischen Standpunkte in dieser Frage entscheidet, die das Problem nicht aufwerfen. Man kann es idealistisch sehen, was ein Sessel ist. Oder man kann es materialistisch sehen. Man muss diese Frage nicht dualistisch zu einem Paradoxon führen, auch als Metaphysiker nicht.

  27. #27 Artur57
    7. April 2015

    Also ich finde das Teil absolut kultig und man könnte ja einen Event daraus machen: eine “Stripped Armchair-Party”, welche bei der IKEA-Generation sicher absolute Fassungslosigkeit nach sich ziehen würde.

    Etwas anderes fiel mir noch ein: es gibt ja auch Menschen mit Ersatzteilen, viele sogar nach dem Krieg. Aber es kam nie jemand auf die Idee, jemand die Identität abzusprechen, weil er ein Holzbein hat oder eine künstliche Hand. Warum? Der Mensch hat eben eine Identität, der Sessel oder das Schiff eben keine. Nur deshalb kommt die Frage auf, ob ein Ersatzteil dieselbe stört.

    Wer sein Dasein auf einer kraftfreien Geodäte zu verbringen gedenkt, geht davon aus, dass unbelebte Gegenstände keine Identität haben. Um es etwas hochtrabend auszudrücken.

  28. #28 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    7. April 2015

    @Artur57: oh, identifizieren lassen sich Dinge glücklicherweise schon. Es hilft durchaus beim Sprechen darüber.

    Die Frage ist natürlich, ob ein Sessel eine “Identität” in dem Sinne hat, wie sie eine Person hat. Übrigens ist das etymologisch ganz interessant: hat eine Person eine Identität? Oder ist die Persona die Identität, hinter der sich ein Mensch verbirgt?

    “Persona” ist die Rolle (z.B. im Theater). Und wie wir wissen, zeigt jeder Mensch unterschiedlichen Gesprächspartnern ganz unterschiedliche Gesichter – Personen. Auch kann man mit Namen für Personen sehr gut damit spielen, z.B. über Pseudonyme. Man erschafft nicht zuletzt die Person, die man ist – nicht nur in Rollenspielen.

    Ein Ding dagegen handelt nicht. Es erschafft keine Person, und ist somit auch keine. Deshalb ist es wohl besser davon zu sprechen, dass man Dinge identifizieren kann. Die Dinge selbst können das nicht – aber identifizieren lassen sie sich.

    Offensichtlich ordnet eine Person einer Sache eine Identität zu. Die Frage ist, welche. Und wie begründet.

  29. #29 bikerdet
    7. April 2015

    Es handelt sich hierbei doch um ein philosophisches Paradoxon, das ist nicht aufzulösen. Im realen Leben käme niemand auf die Idee zu behaupten, das er selber jemand anders wäre, nur weil seine Zellen nach 7 (?) Jahren alle erneuert wurden, oder das der Rhein nicht mehr der Rhein sei, weil jeden Tag neues Wasser an Köln vorbeifließt. Und der Kölner Dom ist nicht mal fertig gebaut, hat aber über Jahrhunderte seine Identität (und die der Kölner) behalten. Auch ein restauriertes Auto oder umgebautes Motorrad ist noch das selbe Gefährt. Wir nehmen ja auch niemandem mit einem ‘Holzbein’ den Pass weg. Somit sind auch restaurierte Schiffe und Sessel immer noch die ‘Alten’. Erst wenn ein Gebäude / Gegenstand komplett zerlegt bzw. ein Lebewesen gestorben ist, verliert es seine Identität. Wird z.B. ein komplett zerstörtes Gebäude nach einem Krieg neu aufgebaut ist es auch neu. Wird eine Ruine restauriert entsteht wieder das alte Gebäude.

  30. #30 Thomas
    7. April 2015

    Also ich halte mich da an Terry Pratchet. Der leider viel zu früh verstorben ist. Erinnert mich an Das Buch mit der Steinsemmel, dem Zwergenkönig und Sam Mumm. Den Titel weiß ich grad nicht.
    Hier wurde die Axt des Königs auch als Beispiel genannt.
    Letztendlich ist Identität etwas, dass wir Menschen Dingen geben.
    Somit liegt es im Auge des Betrachters.

  31. #31 Stefanie
    8. April 2015

    Ein Objekt ist ein Cluster von Einzelteilen (bestimmter Funktionalität) in vier Dimensionen, d..h. vor allem definiert über die rämliche Nähe. Je mehr Einzelteile, desto weniger macht es was aus, wenn einige ausgetauscht werden, da der Cluster immer noch ähnlich zum Ursprünglichen ist. Paradox ist doch nur, dass man einen diskreten Übergang postuliert wo keiner ist.

  32. #32 PDP10
    8. April 2015

    @Stefanie:

    ” Paradox ist doch nur, dass man einen diskreten Übergang postuliert wo keiner ist.”

    Hmmm … der Übergang von “ist dieses Objekt” (ist dieser Sessel) zu “ist nicht dieses Objekt” (ist ein anderer Sessel) scheint mir aber sehr diskret.

    Entweder, dieser Sessel ist der Selbe oder der Gleiche 😉

    Anders gefragt:
    Wenn der Übergang nicht diskret ist, sondern ein Kontinuum, nach welcher Regel stellt man denn fest, wann er statt gefunden hat?

  33. #33 Veit
    8. April 2015

    @ Thomas (Nr 30):
    Du meinst “Der fünfte Elefant”.
    Sehr lesenswert (wie das meiste von der Scheibenwelt)

  34. #34 TimeGoesBy
    Paderborn
    9. April 2015

    Eine Sache vorweg: Dies ist mein erster Kommentar in diesem Blog und ich bin in so ziemlich allen Dingen ein Laie. Deswegen hoffe ich, dass mein Kommentar als das angesehen wird, was er ist: Eine Meinung eines Laien in allen wissenschaftlichen Bereichen 😉

    Ihr dürft mich aber gerne korrigieren, sollte ich mal etwas falsches Schreiben oder etwas falsch verstanden haben.

    Nun zu meinem Kommentar: Die Philosophische Grundlage des Seins beginnt mit dem Denken eines Individuums. Wer bin ich? Was bin ich? Darüber hinaus werden diese Fragen auch gerne mal in Bezug auf das Verhalten gestellt. Bin ich wie mein Vater?

    Der Mensch gibt Dingen eine Identität. Der Mensch vergibt Dingen einen Nutzen. Der Mensch spricht Dingen seinen Nutzen ab. Je nach Nutzen eines Dings steigt oder sinkt das Ansehen eben dieser. Damit verknüpft sind natürlich auch die Emotionen, die ein Mensch an Dingen bindet, oder eben nicht.

    Philosophisch betrachtet liegt es im Auge des Betrachters ob ein Ding immer noch das Ding ist wie vor 10, 20, 30 oder mehr Jahren. Theseus würde heute noch sagen, dass es dasselbe Schiff ist, während aussenstehende Betrachter sagen würden, dass es eben nicht dasselbe Schiff ist.

    Genau wie bei deinem Schmuckstück. Solltest du deinen Couchsessel restaurieren und du erkennst in ihm nach der Restauration genau eben diesen Couchsessel, der schon so lange in Familienbesitz ist, wieder, wirst du der Meinung sein, dass es eben dieser Couchsessel ist. Während sich vielleicht deine Freundin/Frau (wenn vorhanden) ärgert, dass es dein Couchsessel zur Restauration und nicht auf den Sperrmüll geschafft hat 🙂

    Wer gibt Menschen eine Identität? Gibt es nicht eindeutige Erkennungsmerkmale eines Menschen? Fingerabdruck, DNA-Abgleich oder sonstiges wird doch auch in Ermittlungsfällen zur Erkennung eingesetzt. Ist es da nicht egal ob Zellen erneuert werden, weil diese Absterben? Und muss ich das berücksichtigen, wenn ich die Frage philosophisch Lösen will?

  35. #35 Forodrim
    9. April 2015

    @Stefan K.: Das ist kein Kinderwitz, das stammt so aus Terry Pratchetts “Der fünfte Elephant”

    “This, milord, is my family’s axe. We have owned it for almost nine hundred years, see. Of course, sometimes it needed a new blade. And sometimes it has required a new handle, new designs on the metalwork, a little refreshing of the ornamentation . . . but is this not the nine hundred-year-old axe of my family? And because it has changed gently over time, it is still a pretty good axe, y’know. Pretty good.”

    ― Terry Pratchett, The Fifth Elephant

  36. #36 Stefanie
    9. April 2015

    @PDP10:

    naja, wenn du den Sessel bewegst, bewegen sich seine Teile mit, d.h. es gibt einen Zusammenhang der einzelnen Teile. Und wenn auf dem Sessel eine Schondecke ist, warum sollte die dann nicht zum Sessel gehören? und wenn Füllung rausbröselt, gehört das dann ja auch nicht mehr zum Sessel.
    Gehört dann aber die Hauskatze auf dem Sessel auch dazu? (also, wenn sie nur lang genug draufliegt 😉 )

    Wo hört denn theseus Schiff auf? gehört der rostige Belag der Nägel dazu? Das Teer zwischen den Planken? Was wenn es Abrieb am Holz gibt? ich sehe da keinen klaren 0-1-Übergang, wo das Schiff anfängt oder aufhört.

  37. #37 PDP10
    9. April 2015

    @Stefanie:

    “Wo hört denn theseus Schiff auf?”

    Das ist aber wieder eine ganz andere Frage.

    Das der Unterschied “der Sessel” und “nicht der Sessel” kein Kontinuum ist, sieht man übrigens sofort am Beispiel der Katze.

    Wie jeder weiss, hat die Katze die Fähigkeit einen Sessel instantan in einen gänzlich anderen Sessel, der sich von der Sesselheit des vorigen vollkommen unterscheidet, zu verwandeln. Nämlich in “den Sessel der Katze”.

    Das dies zwei vollkommen unterschiedliche Sessel sind, erkennt man sofort, wenn man Philosophen betrachtet, die diese Frage diskutiert haben … an den Kratzspuren.

    😉

  38. #38 inga
    10. April 2015

    An “Der fünfte Elefant” hab ich auch sofort gedacht. Der “Scone of Stone” wird dort auch “the thing, the whole thing, and nothing but the thing” genannt. Mit berühmten philosophischen Fragen hat er sich ja auch immer gerne beschäftigt, der gute alte Sir Terry, Offlerhabihnselig.

  39. #39 regow
    10. April 2015

    Eine Welle!
    Auch bei uns Menschen wird im Laufe der Zeit die Materie ausgetauscht. Ich glaube am längsten hält sich der Zahnschmelz. Sind wir deshalb unsere Zähne?
    Die Materie geht durch uns durch – wir sind die Welle.

  40. #40 Alderamin
    10. April 2015

    @regow

    Schönes Bild. Ein Ding ist die Information, die Struktur, die es verkörpert. Das passt dann auch mit der Axt, deren Klinge und Griff x-maö getauscht wurden.

    Einziges Problem: wären dann nicht zwei identisch aussehnede Sessel derselbe Sessel?

  41. #41 PDP10
    10. April 2015

    @Alderamin:

    “Einziges Problem: wären dann nicht zwei identisch aussehnede Sessel derselbe Sessel?”

    Hmmm … der gleiche, aber nicht der selbe.

    Stell dir zwei Wellen vor, die nacheinander am Strand ankommen und vollkommen gleich aussehen. Sie bestehen sogar aus den gleichen Wassermolekülen.
    Davon, dass beide die selben Wellen sind würde man aber nicht sprechen …

    Das Bild mit der Welle gefällt mir …

  42. #42 Nemesis
    10. April 2015

    @Alderamin

    Wir waren schonmal auf dieses Identitäts- Problem gestossen, erinnerst Du Dich? Es ging um die Frage, wo die Kuh bleibt, wenn der Schlachter sie auseinander nimmt. Ich will nicht soweit gehen, zu behaupten, dass die Kuh nicht existiert oder vor der Schlachtung nicht existierte, aber “Kuh” ist und bleibt ein Substantiv und “Sessel” genauso. Does matter matter? Is an armchair armchairing? I don’t think so 🙂

    @PDP, #41

    Und dennoch gibt es keine Möglichkeit, eine Welle exakt von der anderen zu trennen, zu unterscheiden, oder?

  43. #43 Reinhard Schulz
    Berlin
    11. April 2015

    Schrödingers Sessel:
    Mein Sessel steht einige Jahre in Schrödingers Wohnung. Dann werde ich gefragt, ob ich meinen Sessel wieder zurück haben möchte. Da ich nicht weiß, wieviel und was davon inzwischen ersetzt wurde, ist es zugleich mein alter Sessel und auch nicht… mmmhh….

  44. #44 Reinhard Schulz
    11. April 2015

    Es gibt auf der Erde zuzeit maximal 7,5 Mrd parallele 3 dimensionale Welten. Diese liegen in der 5. Dimension eng beieinander. Falls sich 2 oder mehr Beobachter auf eine Realität einigen (bewusst oder nicht), dann vereinigen sich deren Anschauungsräume zu einer Superposition.
    Vor diesem Kollaps existiert ein unendliches Potential.
    Die Beobachter müssen sich stets neu entscheiden, was sie sehen wollen.

    Wenn ihr die Wellenfunktion in der Schrödingergleichung an jedem Ort in Polarkoordinaten darstellt, dann ist die Länge des Zeigers der Abstand des Objektes vom Anschauungsraumes des Beobachters in der 5. Hilfsdimension im Hilbertraum.

    Bei gleicher Phase liegt Verschränkung vor. Das Skalarprodukt liefert ein Maß für die Stärke der Kopplung beider Subjekte.

    Cluster sind Völker und Sprachen. Durch Kohärenz bleiben die meisten Welten zusammenhängend erhalten. Sie kreisen um eine statistische Mittellage. ….

    Die Meinung über den Sessel bleibt jedem Beobachter selbst überlassen. Da es hier zwei Möglichkeiten gibt, entstehen also 2 Cluster von Beobachtern, die 2 Weltlinien generieren. Diese kreisen in diesem Aspekt umeinander, bis der Sessel von beidenals nicht mehr existent wahrgenommen wird.
    Dann fallen diese beiden Parallelwelten wieder zusammen und bilden eine. Somit gilt das Gesetz “wie oben so unten” für die paarweise Entstehung und Vernichtung im Mikro und Makro kosmos.

    …und nun möchte ich weiterschlafen. 😉

  45. #45 PDP10
    11. April 2015

    @Nemesis:

    “Und dennoch gibt es keine Möglichkeit, eine Welle exakt von der anderen zu trennen, zu unterscheiden, oder?”

    Im Prinzip nein. Wenn du beide Wellen photographierst während sie (nacheinander) an der gleichen Stelle sind, siehst du sicher keinen Unterschied.

    Stehst du aber im Wasser und die erste Welle rollt über dich weg und mit der zweiten kommt ein Surfer angerauscht, der mit dir zusammenrasselt und dich anschreit: “Das ist meine Welle!” …. merkst du den Unterschied sehr wohl … 🙂

    Aber ich glaube an dieser Stelle ist die Analogie eindeutig überstrapaziert …

  46. #46 Köppnick
    12. April 2015

    Das Theseus-Paradoxon ist gar keins. Leibniz hat sinngemäß gesagt, dass zwei Dinge auf der Welt sich immer mindestens durch die Ausprägung einer Eigenschaft unterscheiden. Umgekehrt heißt das, wenn sich zwei Entitäten in allen Eigenschaften gleichen, es sich um dasselbe Ding oder denselben Vorgang handelt. Dieser Grundsatz wird bei der Konstruktion des Paradoxons verletzt: Die zwei realen Schiffe unterscheiden sich in mehreren Eigenschaften, u.a. besteht das eine aus altem, das andere aus neuem Holz und sie befinden sich an zwei verschiedenen Orten. Für das Paradoxon aber wird angenommen, sie wären beide genau gleich. Wenn sie aber in allen Eigenschaften genau gleich wären, dann gäbe es – siehe Leibniz – nur ein Schiff.

    In “Zeit Wissen”2/2014 hat Volker Sieber mit seiner Erklärung des Schiffs des Theseus gewonnen. Es sollten bei dem Wettstreit genau 100 Wörter verwendet werden. Hier sein Siegertext:

    »Das Theseus-Schiff ist ein Paradoxon über Identität versus Veränderung: Ein Schiff wird restauriert, indem sukzessive alle Teile ersetzt werden. Paradox wird es, als der Schiffbauer die Altteile andernorts wieder zusammensetzt. Welches der zwei Schiffe ist nun das Theseus-Schiff, oder keines, oder gar beide? Für Physiker ist es das wieder zusammengesetzte, dessen Material und Form vom Original stammen. Juristen plädieren für das erneuerte, da es die Nachfolge im Eigentum des Besitzers angetreten hat. Mathematiker sind gegen beide, da sich jedes in zumindest einer Eigenschaft vom Original unterscheidet (Material, Standort, Zugehörigkeit), Ingenieure für beide, da sie seine Funktion identisch erfüllen. Philosophisch, seltsam!?«

    Es gibt genau vier Entscheidungsmöglichkeiten, man kann sich je nach Sinnzusammenhang für eine entscheiden.

  47. #47 Nemesis
    12. April 2015

    @PDP10

    Yoh, diese unberechenbaren Surfer sollten besser Urban Free Climbing betreiben, das ist viel gesünder… für unbescholtene Badegäste wie mich 🙂

    Ich habe übrigens Interessantes zur Frage der personalen Identität gefunden:

    Bereits den antiken Philosophen erschien die Identität von Dingen und Personen problematisch. Heraklit wird der Ausspruch zugeschrieben: „Wir steigen in denselben Fluß und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht.“ („Alles fließt“ → Panta rhei). Fast sämtliche Zellen des menschlichen Körpers, ausgenommen etwa die Nerven- und Herzmuskelzellen, werden im Laufe des Lebens mehrfach ausgetauscht. Um zu berücksichtigen, dass bei Lebewesen eine Änderung von physischen Merkmalen nicht notwendig eine Änderung der Identität bedeutet – der Kater Eugen bleibt beispielsweise Eugen, auch wenn ihm die Nachbarskatze ein Ohr abbeißt –, bietet sich folgende Narration zur Entwicklung der Identität an:

    Da Identität auf Unterscheidung beruht und die Unterscheidung ein Verfahren ist, das ein Ganzes untergliedert („scheidet“), kann ein Körper nur als Ganzes Identität erlangen. Daher wird verständlich, weshalb Menschen ihre Identität als bestimmte Menschen in einem Wechselspiel von „Dazugehören“ und „Abgrenzen“ entwickeln. So entwickelt ein Kind nach der Geburt erst im Laufe der Jahre eine Identität in Abgrenzung von der Mutter…

    https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4t

    Personale Identität bzw Selbst-Bewusstsein ist also erlernt. Soweit ich weiss, entwickeln Kinder im Alter von 1.5 – 3 Jahren ein Selbst-Bewusstsein und somit ein Identitätsbewusstsein.
    Manchmal denke ich, dass doch der gesamte Kosmos “unterhalb” unserer alltäglichen Wahrnehmungsoberfläche im Grunde ganz konkret ein- und derselbe Kosmos ist. Wenn das so ist, dann gibt es doch eigentlich, wenn man es genau nimmt, nur ein einziges In- dividuum und auch nur eine einzige Identität, nämlich eben diesen einen einzigen, gesamten Kosmos. Sind wir nicht im Grunde alle der Kosmos selbst, der sich selbst in einem unendlichen Regress spiegelt? Und dieser Kosmos ist eben vollkommen allein, All- Ein, hat also nur eine einzige Identität. Es sei denn, es gibt mehrere Kosmosse, Kosmi? Wie lautet eigentlich die Mehrzahl von Kosmos… ? In der Stringtheorie gibts mehrere Universen, nicht wahr? Sind die eigentlich ineinander verschränkt oder unüberbrückbar getrennt?

    Grins, ich hoffe, mir kann überhaupt noch jemand folgen… 🙂

  48. #48 Nemesis
    Am Rande des Wahnsinns :-)
    12. April 2015

    Nachtrag zu meinem letzten Post:

    Der Kosmos, das Universum, das All hat doch eine einzige Wurzel, oder wie sieht das die Urknalltheorie? Kann eigentlich aus ein- und demselben jemals irgendetwas anderes werden? Kann zB aus einem Baum ein Pferd werden oder Umgekehrt? In der biologischen Evolutionsgeschichte ist ja sowas im Grunde möglich, wenn auch über viele Umwege…

    Ändert eigentlich das Universum jemals seine Identität? Hat das Universum überhaupt eine Identität?!… 🙂

  49. #49 Nemesis
    C7/5b = Gb7/5b
    13. April 2015

    Nagarjuna sagt zum Wesen der Identität (Eigensein):

    [Alle] Dinge sind ohne Eigensein, weil man an ihnen Wesensveränderung sieht. Aufgrund der Leerheit [aller] Dinge gibt es [allerdings] kein Ding ohne Eigensein.

    Eben das ist das Paradox der Identität (Eigensein):

    Alle Dinge sind leer von Identität, leer von allem und diese Leere ist ihre Identität. Leere ist Form und Form ist Leere. Nur so können aus Atomen Galaxien, aus Sauriern Vögel, aus Affen Menschen, aus Träumen Wissenschaft und aus Sesseln Sperrmüll werden, weil alle Dinge ohne Identität sind, alle Dinge sich wandeln, verändern, nichts so bleibt, wie es ist, garnichts, nicht eine Nanosekunde lang, wir (also dieser Kosmos) sind ein grosses, gewaltiges, sich permanent wandelndes Nichts ohne jede eigentliche, bleibende, substanzielle Identität- das ist unsere Identität, so sind wir, so ist Florians Sessel 🙂

  50. #50 Adent
    13. April 2015

    @Reinhard Schulz

    Es gibt auf der Erde zuzeit maximal 7,5 Mrd parallele 3 dimensionale Welten.

    Und was ist mit den Tieren, haben die keine dreidimensionalen Welten?

  51. #51 Reinhard Schulz
    17. April 2015

    @adent
    dies ist nur eine vereinfachte darstellung.
    zwischen den koerpern und den wesenheiten sollte man unterscheiden.
    es gibt tiere, die in der entwicklung auf der stufe vergleichbarer menschen stehen.
    und umgekehrt.
    die anschauungsraeume von fremden sind in der regel teilweise orthogonal zu unseren. Die projektion in die jeweils andere welt hat dadurch eine niedrigere dimension.
    wir sehen von hoeheren wesen nur jeweils den 3dimensionalen teil der in unsere welt projiziert wird.
    Bei tieren haben wir in der regel den eindruck dass sie niedriger entwickelt sind. Daher scheinen sie für uns eher 2dimensional zu sein.

    eine herde oder ein schwarm kann eine höhere stufe erreicht haben als die Einzelteile. Beispiel zelle/mensch.

    wir erfahren nur selten, aui welcher stufe sich unser gegenüber zurzeit befindet. Wir erkennen immer nur das, was in unseren eigenen anschauungsraum hinein projiziert wird.

    Daher ist es verständlicher, nur von den vergleichbaren 7,5 Mrd zu sprechen.

    die welt ausserhalb von uns ist viel größer und komplexer als wir dies auf unserer stufe verstehen können.

    Gute nacht. @all 🙂

  52. #52 Bernd Lindemann
    Homburg Saar
    9. Oktober 2015

    Nach Plutarch wurde das Schiff des Theseus, mit dem er nach Kreta segelte, von den Athenern Planke für Planke restauriert.1 Verlor das Schiff dadurch seine Identität? Muss man von einem oder von zwei Schiffen sprechen? → Das restaurierte Schiff bestand aus Bauteilen, die hinsichtlich bestimmter Schiff-relevanter Merkmale (wie Maße der Planken) mit dem Original identisch waren. Andere Merkmale der Bauteile (wie der Preis der Planken oder die Zeit ihres Einbaues) mögen irrelevant und nicht-identisch gewesen sein. Kurzum, das Schiff blieb vom Typ her dasselbe, wenn auch nicht im letzten Detail.

    Somit: Zwei identische Dinge sind nur vom gleichen Typ. Sie sind jedoch realisiert als zwei nicht-identische Token (Instan­zen). So haben zwei gleiche Dinge gleiche und zugleich auch ungleiche Merkmale.

    Übertragen auf einen sich erneuernden Organismus: Die Identität bezüglich vieler relevanter Merkmale bleibt bei der Erneuerung erhalten, übrigens gerade weil das Altern durch den Erneuerungsprozess verhindert oder verlangsamt wird.