Wenn ich bei meinen Vorträgen davon erzähle, dass immer wieder größere und kleinere Asteroiden auf die Erde fallen oder darüber spekuliere, ob es sich lohnt, Rohstoffe aus dem Weltall auf die Erde zu bringen, dann werde ich meistens immer gefragt: Wird die Erde eigentlich im Laufe der Zeit immer schwerer? Wenn immer wieder Material aus dem All auf die Erde kommt, muss ihr Gewicht doch zunehmen, oder? Und könnte sich dadurch vielleicht sogar ihre Umlaufbahn um die Sonne herum ändern? Das sind interessante Fragen, die ich deswegen auch heute für die Serie “Fragen zur Astronomie” ausgewählt habe.
Wenn wir den Asteroidenbergbau erst mal ignorieren (bis das real wird, wird noch sehr viel Zeit vergehen), dann bleiben als Quelle für den Massenzuwachs bei der Erde die verschiedenen Einschlagsereignisse. Wirklich große Brocken fallen zum Glück selten auf unseren Planeten. Aber Kleinkram kollidiert recht häufig mit uns, wie man ja erst vor kurzem wieder eindrucksvoll sehen konnte. Auf die Erde rieselt ein ständiger Strom von kosmischem Staub herab. Wie viel genau, ist schwer zu sagen. Schätzungen reichen von 30 bis 100 Tonnen Material pro Tag (hier werden 44 Tonnen geschätzt). Machen wir die Rechnung leicht und nehmen das Maximum von 100 Tonnen. In einem Jahr sind das dann also 36525 Tonnen die auf der Erde landen. Das klingt nach einer recht großen Menge; ist aber eigentlich nicht mehr als das Gewicht eines typischen Frachtschiffs. Wenn wir eine Million Jahre lang warten, sind schon 36,5 Gigatonnen aus dem All herabgefallen. Das ist schon ein bisschen mehr. Und wenn wir die gesamte bisherige Lebenszeit der Erde betrachten – immerhin 4,5 Milliarden Jahre – dann kommen wir auf ein zusätzliches Gewicht von 164 Billionen Tonnen die wir den Asteroiden zu verdanken haben.
Die Erde wird also durch das kosmische Material schwerer – aber spielt das auch eine Rolle? Die 164 Billionen Tonnen sind zwar viel, aber wenn man das zum Beispiel mit der Gesamtmasse des Mondes vergleicht, relativiert sich das schnell wieder. Der Staub aus dem All entspricht dem 1/44770tel der Mondmasse. Oder 1/31tel der Masse der Erdatmosphäre! Der Atmosphäre, nicht des ganzen Planeten. Die Erde insgesamt hat eine Masse von 6.000.000.000.000.000.000.000 beziehungsweise 6 Trilliarden Tonnen. Der Zuwachs durch die Meteoriten aus dem All während ihrer kompletten bisherigen Lebenszeit macht also noch nicht mal 3 Millionstel Prozent aus!
In Wahrheit ist der Massenzuwachs auch geringer als der Wert, den ich gerade abgeschätzt habe. Da habe ich ja mit dem Maximalwert von 100 Tonnen pro Tag gerechnet. Außerdem verliert die Erde auch immer wieder ein wenig Masse: Moleküle die sich schnell bewegen können an den äußeren Rändern der Atmosphäre bis ins All entkommen. Ungefähr 3 Kilogramm pro Sekunden entweichen auf diese Art und das summiert sich auf knapp 260 Tonnen pro Tag. Wer mitgerechnet hat, dem wird auffallen, dass das mehr ist als die 100 Tonnen pro Tag die aus dem All herunter fallen. Effektiv verliert die Erde also 160 Tonnen Masse pro Tag. Aber da das sowieso nur alles Schätzwerte sind, können wir uns am einfachsten darauf einigen, dass der atmosphärische Verlust und der Zuwachs durch den kosmischen Staub sich in etwa ausgleichen. Die Masse der Erde ändert sich nicht. Und selbst wenn wir den Zuwachs bzw. den Massenverlust isoliert betrachten, wäre die Veränderung in der Erdmasse global gesehen so gering, dass es keinerlei Auswirkungen zum Beispiel auf ihre Bahn um die Sonne hat. Es gibt viele Dinge über die man sich angesichts vom Himmel fallender Asteroiden Sorgen machen kann. Aber der Massenzuwachs gehört mit Sicherheit nicht dazu!
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