Dieser Artikel ist Teil der blogübergreifenden Serie “Running Research – Denken beim Laufen”, bei der es um die Verbindung von Laufen und Wissenschaft geht. Alle Artikel der Serie findet ihr auf dieser Übersichtseite
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Ich sitze gerade auf der Terrasse im schönen Krems an der Donau, lese ein Buch und bereite mich auf den Wien-Marathon am Sonntag vor. Ich werde allerdings heute auch den ganzen Tag sitzen bleiben und nicht laufen gehen. Morgen auch nicht und genau so wenig übermorgen. Das fällt mir überraschend schwer; seit ich im letzten Jahr mit dem Laufen begonnen habe, war ich fast jeden Tag laufen; nur ab und zu habe ich mal einen Tag Pause gemacht; so gut wie nie waren es zwei Tage am Stück und drei Tage hinter einander habe ich nur einmal Pause gemacht: Vor dem letzten Marathon im Herbst 2014.
Aber die Pause ist nötig – zum Training für einen Marathon (aber auch generell) gehört eben nicht nur die Belastung, sondern auch die Erholung. Mittlerweile bin ich ja doch schon bei einigen Rennen mitgelaufen und habe gelernt, dass es nichts bringt, sich vor einer wettkampfmäßigen Belastung zu sehr anzustrengen. Ich hab das früher einige Male gemacht und bis zum Wettkampftag durch trainiert und das dann mit schlechten Ergebnissen bezahlt. Was die kurzen Rennen angeht, habe ich in der Zwischenzeit genug Erfahrung gesammelt um zu wissen, wann ich eine Pause brauche und wie lange sie dauern sollte. Aber so ein Marathon ist doch wieder etwas ganz anderes. Die lange Strecke von 42,195 Kilometern habe ich erst einmal absolviert…
Beim Wachaumarathon im September 2014 bin ich nach 3 Stunden und 52 Minuten ins Ziel gekommen – nicht schlecht für den ersten Versuch und ein Zeichen, dass meine Vorbereitung nicht völlig daneben war (Falls jemand fragt: Nein, ich nutze keine vorgefertigten Trainingspläne. Die einzuhalten ist bei meiner ständigen Reiserei auch schwierig. Ich probiere das, nach Gefühl zu machen). Aber die Art und Weise, wie ich ins Ziel gekommen bin, hat mir gezeigt, dass da durchaus noch Luft nach oben ist und ich eben doch ein paar Dinge falsch gemacht habe.
Definitiv alles richtig gemacht haben die Wissenschaftler der NASA, die ihren Marathon in einer Zeit von 11 Jahren und zwei Monaten absolviert haben. Als Läufer auf der Straße wäre das natürlich eine etwas langsame Zeit. Aber dieser spezielle Marathon fand nicht auf der Erde statt, sondern dem Mars und gelaufen ist ihn kein Mensch, sondern Mars-Rover Opportunity. Der kleine Roboter ist am 25. Januar 2004 auf dem Mars gelandet und sollte eigentlich nur drei Monate aktiv sein. Dass er 11 Jahre später immer noch intakt und aktiv ist und in der Zwischenzeit einen kompletten Marathon auf unserem Nachbarplaneten zurück gelegt hat, ist eine grandiose technische und wissenschaftliche Leistung. Eine Leistung, bei der es – so wie bei einem echten Marathon – ebenfalls nötig war, jede Menge Pausen einzulegen.
Meinen Marathon im letzten Jahr bin ich mit einem durchschnittlichen Pace von 5:30min/km gelaufen was einer Geschwindigkeit von 10,9 km/h entspricht. Das ist jetzt nicht so enorm mega-schnell und mein “Bremsweg” bei diesem Tempo beträgt wohl nur ein bis zwei Meter. Und da auf einer Marathonstrecke im Allgemeinen nicht mit plötzlich auftauchenden Hindernissen zu rechnen ist, musste ich mir über Kollisionen bei dieser Geschwindigkeit keine Gedanken machen.
Für Opportunity auf dem Mars sieht das aber anders aus. Der kleine Rover hat eine Höchstgeschwindigkeit von 5 Zentimetern pro Sekunde, also 0,18 km/h. Das entspricht einem Pace von 5 Stunden und 33 Minuten pro Kilometer. Würde Opportunity nonstop mit diesem Tempo über den Mars brettern, hätte er die Marathon-Distanz “schon” nach 9 Tagen, 18 Stunden und 25 Minuten hinter sich gebracht. Das wäre zwar immer noch zu langsam, um bei einem irdischen Marathon nicht ausscheiden zu müssen – aber für den Mars wäre es enorm schnell. Zu schnell sogar!
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