Der Begriff “Klimaflüchtling” wird ja von manchen noch in das Reich der Mythen und Legenden verwiesen, etwas, dass es vielleicht in 50 oder 100 Jahren einmal geben könnte. Dass es tatsächlich schon heute Menschen gibt, die durch den ungebremsten CO2-Ausstoß der industrialisierten Welt aus ihrer Heimat vertrieben werden, zeigt diese hochinteressante 10-minütige Kurzdokumentation des Senders arte:

Wie viel zukünftiges Elend richtet die auf den Konsum ausgerichtete Menschheit da gerade an? Und welche, vielleicht auch weltumspannenden Konflikte werden uns und unseren Kindern und Enkelkindern noch bevorstehen, wenn immer mehr Menschen rund um den Erdball zur Wanderschaft gezwungen werden?

Kommentare (5)

  1. #1 JürgenK
    1. Februar 2008

    Von den drei am Anfang der Sendung angekündigten Beispielen ist doch nur eines übrig geblieben. Für die Folgen des ungebremsten CO2-Ausstoßes auf die norddeutsche Küste blieben nur wenige Sekunden. Das ist auch gut so, denn sonst hätte man anmerken müssen, dass diese Auswirkungen im Norden sehr unaufgeregt, norddeutsch gelassen eben, gesehen wird. Hier bei uns gibt es nämlich eine viele Jahrhunderte dauernde Tradition, sich mit dem gefährlichen Meer auseinander zu setzen. Das Meer will das Land fressen und die Bewohner wehren sich dagegen. Das war schon immer so und die Folgen der Klimaerwärmung sind auch nur eine andere, aktuelle Form des ewigen Kampfes Mensch gegen Natur.
    Kurz und knapp sagt man dazu bei uns:
    Deichen oder Weichen!

  2. #2 Christian Reinboth
    1. Februar 2008

    @JürgenK: Völlig richtig, in Norddeutschland sind die Auswirkungen auch wesentlich weniger dramatisch als in Bangladesch, von daher eignet es sich für einen solchen Beitrag nicht so sehr. Außerdem neigen die Norddeutschen ja – wie angemerkt – eher zur Gelassenheit und zum ruhigen Angehen von Problemen.

    In anderen Teilen der Welt sind die Folgen des Wandels jedoch schon deutlicher zu sehen. Und – dies ist der große Unterschied – arme Familien in Bangladesch haben sehr viel weniger Möglichkeiten mit den Problemen fertig zu werden, Deiche zu bauen und zu verstärken oder aber in letzter Konsequenz sogar wegzuziehen. Durch die enorme Bevölkerungsdichte und die Armut in Bangladesch werden die Probleme, die der Anstieg des Wasserspigels mit sich bringt natürlich noch einmal deutlich verstärkt.

    Und natürlich sucht sich jeder Filmemacher, der die Menschen aufrütteln und zum Nachdenken bringen will, ein möglichst dramatisches Beispiel – und davon gibt es inzwischen ja leider genug…

  3. #3 Happy
    2. Februar 2008

    Das stimmt. Den Preis unserer “Klimasünden” zahlen nicht unsere Kinder, im Sinne der Kinder der Menschen in den gemäßigten Klimazonen der ersten Welt. Und deren Kinder wahrscheinlich auch nicht.
    Die Menschen in den ärmsten Teilen der Welt aber spüren schon jetzt die Auswirkungen des Klimawandels. Deren Kinder und Kindeskinder werden unter jeder produzierten Megatonne CO2 leiden müssen.
    Auch wenn das Beschwören des heroischen Kampfes “Mensch vs. Natur”, ausgetragen in der Disziplin Deichbau, “unser” Problem falsch darstellt, bleibt es doch “unser” Problem. Es gibt ja durchaus auch Menschen, die nicht an einem Überangebot an Wasser leiden sondern an der Abwesenheit desselben. Sollte die Lebensqualität der Menschen der dritten Welt weiterhin (auf die eine oder die andere Art) im aktuellen Maße nachlassen, dann dürften die Folgen der resultierenden Auswanderung unser politisches System auf eine gewaltige Probe stellen. Da hilft auch der Verweis auf unsere Luxusprobleme an der Sylter Nordseeküste nicht ernsthaft weiter.

  4. #4 Wolfgang Flamme
    2. Februar 2008

    Ein älterer Beitrag aus Spektrum der Wissenschaft 06/1997, S.80: “Droht Land unter”?
    Zitat:
    >>Wohl müssen verantwortliche internationale Gremien bei ihren Planungen für die Zukunft alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, auch wenn die Prognosen des Meeresspiegelanstiegs noch um den Faktor fünf differieren. Dies mag manchen beunruhigen, doch gibt sich ausgerechnet ein niederländischer Fachmann gelassen. Wohin der Trend auch gehe, John G. de Ronde, am Ministerium für Verkehr und öffentliche Arbeiten zuständig für hydraulische Modellierungen, ist zuversichtlich, daß sein Land damit fertig werde. Schließlich handle es sich um ein Phänomen, das man messen und verfolgen und gegen das man etwas tun könne.

    De Ronde räumt zwar ein, daß beträchtliche Mittel für die Erhöhung und Anpassung der niederländischen Deiche, Schleusen und sonstigen Befestigungswerke aufgewandt werden müßten, um einen Meeresspiegelanstieg von 60 Zentimetern bis zum Jahr 2100 – gemäß dem Mittelwert der Vorhersage – auszugleichen; insgesamt aber seien die Kosten nicht höher als etwa die derzeitigen Ausgaben für den Unterhalt der landesweiten Radwege.<< Holland hat 16 Mio Einwohner und schützt 34.000km2 Land mit 3.500km Deichen. Bangladesch hat die vierfache Fläche aber fast die zehnfache Einwohnerzahl. Das sind soviele Menschen wie auf der gesamten Welt lebten als die Römer den Limes und den Hadrianswall und die Chinesen die große Mauer bauten - wesentliche Teile innerhalb von einigen Jahrzehnten fertiggestellt. Nehmen wir mal an, die würden insgesamt 50.000 km Dämme brauchen. Dann ist jeder Bangladeschi für ein 30cm breites Stück verantwortlich und hat 100 Jahre Zeit, es ungefähr auf Kniehöhe aufzuschütten. Dies verdeutlicht, daß die volkswirtschaftlichen Belastungen auch für ein armes Land wie Bangladesch zu stemmen sind. Problematisch ist natürlich, daß die Überschwemmungen dort Fluch und Segen zugleich sind, denn sie garantieren auch die Fruchtbarkeit des Landes. Demzufolge liegt die Problematik eher im Ausmaß und der Intensität, mit der Subsistenzwirtschaft auch künftig noch unter solch wechselhaften Verhältnissen betrieben werden muß. Es ist also vor allem eine Frage der wirtschaftlichen Entwicklung, welchen Stellenwert dieses Problem für Bangladesch künftig haben wird. Wo sie da in 100 Jahren stehen werden...?

  5. #5 Tim
    5. Mai 2010

    @Wolfgang:

    Ich gebe Dir vollkommen recht wenn du sagst, dass OECD-Länder weniger von den Folgen des Klimawandels betroffen sind.

    Allerdings bin ich etwas skeptisch, was Deinen Lösungsansatz für Bangladesh (kniehoch 30cm breit) angeht.

    1. der DURCHSCHNITTLICHE Wasserstand soll um 60cm steigen dh. bei Monsunen etc. schlagen die Wellen um ein Vielfaches höher und drücken tiefer in Landesinnere

    2. durch den Anstieg wird das Flussdelta insgesamt auch immer tiefer ins Land gedrückt, da nützt kein Damm etwas.

    +++ mal ganz ehrlich> seit wann hat die Anzahl der Arbeitskräfte Aussagekraft über die Kapazitäten eines Landes mit Kathastrophen eines solchen Ausmaßes fertig zu werden?

    In diesem Sinne
    Tim