Auf unsere weltweite Vorreiterrolle in Sachen Umwelt- und Klimaschutz bilden wir uns bisweilen ganz schön etwas ein. Dass dieses Image – zumindest soweit es die Beförderung unserer Politiker betrifft – ein Etikettenschwindel ist, darüber spricht leider kaum jemand.
Es geht mir an dieser Stelle gar nicht um den berühmten Urlaubsflug unseres Umweltministers, der nicht nur 50.000 Euro kostete, sondern die Atmosphäre um ganze 44 Tonnen CO2 bereicherte. Im Grunde geht es mir überhaupt nicht um die Flugbereitschaft, obwohl sich ja erst diesen März herausgestellt hat, dass ganze 86%(!) der dort anfallenden Flugkilometer auf komplette Leerflüge zurückzuführen sind – eine geradezu obszöne Verschwendung von Ressourcen. Nein, mir geht es heute um eine andere Form der Beförderung – die mittels Automobil.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat nämlich herausgefunden, dass ausgerechnet die Dienstwagen vieler Umweltpolitiker wahre Dreckschleudern sind. So stoßen die Fahrzeuge der in den Bundesländern für die Umwelt zuständigen Minister Ottmar Bernhard (Bayern, CSU), Hans-Heinrich Sander (Niedersachsen, FDP), Volker Sklenar (Thüringen, CDU) und Eckhard Uhlenberg (Nordrhein-Westfalen, CDU) glatt doppelt so viel Treibhausgase aus, wie zukünftig nach dem Willen der EU-Kommission überhaupt noch gestattet sein soll. Der größte Spritfresser ist laut der DUH-Studie der Dienstwagen von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) – ein BMW 750i (Grundpreis 88.100 Euro) – der pro gefahrenem Kilometer 271 Gramm CO2 in die Luft bläst.
Es fällt auf, dass die Spitzenplätze bis auf Herrn Sander allesamt von CDU-Politikern besetzt sind, was zumindest bei mir im ersten Moment dafür gesorgt hat, dass hässliche alte Vorurteile über das Umweltbewusstsein meiner Parteikollegen hochkochen. Zu deren Ehrenrettung sei allerdings angemerkt, dass deren Top-Positionen auch darauf zurückzuführen sein könnten, dass etliche andere Politiker sich der Befragung vollständig verweigerten. So erteilten beispielsweise nur vier der insgesamt 16 Ministerpräsidenten (bzw. deren Büros) überhaupt Auskunft über den aktuellen Stand des Fuhrparks, was DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch gegenüber dem FOCUS zu der Aussage veranlasste, die Dienstwagen-Recherche sei eine der schwierigsten und aufwändigsten Untersuchungen in der Geschichte der Deutschen Umwelthilfe gewesen. Die nicht freiwillig erbrachten Angaben sollen übrigens in den nächsten Monaten vor Gericht eingeklagt werden – die Liste dürfte sich also noch mehrmals um interessante Verbrauchsdaten erweitern.
Scheinbar klaffen zwischen den Aufrufen an die Bürger, möglichst viel Energie und Kraftstoff zu sparen sowie energiesparende Fahrzeuge zu kaufen, und der Lebenswirklichkeit der hierzu aufrufenden Politiker noch Welten. „Wasser predigen und Wein saufen” sagt der Volksmund. Schade eigentlich, dass notwendige Umstellungen beim Umweltschutz in Berlin nicht mit der gleichen Geschwindigkeit und Energie in Angriff genommen werden können wie die Erhöhung der Politiker-Diäten. Man denke nur an die letzte Erhöhung, die geradezu in Zeitraffer-Geschwindigkeit ablief: Am Montag waren die ersten Gerüchte aus der Presse zu erfahren, am Dienstag wurde die geplante Erhöhung erstmals offiziell angesprochen – und bereits gestern war die Sache in trockenen Tüchern. Ganze 16 Prozent mehr sollen unsere Parlamentarier zukünftig verdienen – umgerechnet immerhin ein Plus von 820 Euro pro Monat. Und das, nachdem erst im Januar (ja, gemeint ist tatsächlich der Januar 2008!) eine Anhebung um 330 Euro pro Monat beschlossen wurde.
Würde die politische Klasse in Deutschland die eigenen Vorschläge zu Umweltschutz und Energieersparnis auch nur näherungsweise so schnell in konkretes Handeln umsetzen wie Vorschläge zur Diätenerhöhung – Deutschland wäre bereits heute der globale Umweltschutz-Spitzenreiter.
Dass dies nicht so ist, davon berichtet leider auch wieder die ZEIT: Wie eine vergleichende Studie der National Geographic Society (NGS) über die ganz persönlichen Beiträge der Bürger verschiedenster Nationen zu Umwelt- und Klimaschutz zeigt, liegen die Deutschen beim individuellen Umweltschutz global betrachtet allerhöchstens im Mittelfeld. Insbesondere beim Verzicht aufs Automobil und bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel liegt Deutschland deutlich hinter anderen Ländern wie Russland, Spanien oder Großbritannien zurück (das Schlusslicht in diesem Bereich bildet – keine große Überraschung – die USA).
Aber wen wundert das schon – bei so vielen schlechten Vorbildern aus der Politik….
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