Heute jährt sich zum 55sten Mal der erste Volksaufstand in der DDR. Mindestens 34 Demonstranten wurden am 17. Juni 1953 von DDR-Volkspolizei und russischem Militär erschossen, weitere sieben Personen in den Tagen nach dem Aufstand hingerichtet. Im Gedenken an dieses erste Aufbegehren gegen ein Regime, dass erst 1989 sein Ende finden sollte, möchte ich die Geschichte eines dieser Opfer aufgreifen – eines 15jährigen Schülers, der erst fünf Tage nach dem eigentlichen Aufstand getötet wurde.
Wolfgang Röhling, ein 1938 geborener Berufsschüler aus West-Berlin, begibt sich am 22. Juni 1953 mit Freunden zu einer Badestelle am Spandauer Schifffahrtskanal an der Heidestraße. Auf der anderen Seite des Kanals liegt die DDR, die politische Lage dort ist nach den Ereignissen vom 17. Juni aufs höchste gespannt. Auf der Ostseite patrouillierende DDR-Volkspolizisten („VoPos”) fordern die auf der Westseite spielenden Kinder auf, aus der Nähe des Kanals zu verschwinden.
Im Bewusstsein, dass die DDR-Polizei auf der Westseite keine Befehle zu erteilen hat, wird über diese Anweisung zunächst nur gelacht. Erst als einer der Polizisten seine Waffe zieht, begreifen die Kinder den Ernst der Situation und rennen weg. Mehrere Polizisten schießen wahllos in die Gruppe der flüchtenden Kinder, Wolfgang wird von hinten in den Kopf getroffen und stirbt auf der Stelle – bereits 100 Meter vom Ufer des Kanals entfernt.
Der laute Aufschrei der West-Berliner über diesen Mord verhallt ungehört – keiner der Polizisten wird je für den Tod des Berufsschülers zur Rechenschaft gezogen. Der Lagebericht der Volkspolizei vermerkt zu dem Vorfall lediglich, die Einsatzkräfte hätten korrekt gehandelt und auf die „Annäherung verdächtiger Personen an die Sektorengrenze reagiert”. Verdächtige, spielende Kinder auf der Westseite, die bereits die wilde Flucht vor den Schüssen aus dem Osten angetreten hatten.
Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?
– Bertolt Brecht
Namen und Biographien aller Toten des 17. Juni 1953 finden sich hier.
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