Das denken offenbar zumindest einige deutsche Abgeordnete. Via SPIEGEL Online bin ich heute auf eine merkwürdige Aussage des CDU-MdB Klaus Riegert aufmerksam geworden.
Riegert schreibt bei abgeordnetenwatch.de:
Der Unfall von Tschernobyl spricht nicht gegen die Kernenergie, sondern gegen den Sozialismus, der ihn möglich gemacht hat.
Wow. Abgesehen davon, dass man dies angesichts der jüngsten Vorfälle in Frankreich oder Schweden im Grunde nicht mehr ohne rot zu werden behaupten kann, ist eine solche Aussage doch ein starkes Indiz dafür, dass der parlamentarische Widerstand gegen einen “Ausstieg aus dem Ausstieg” doch schwächer ausfallen könnte als viele Bürger dies für möglich halten. Ich habe es beim “Primaklima” schon in die Kommentare zum G8-Beschluss geschrieben: Die großartig angekündigten CO2-Einsparziele werden hierzulande primär dafür instrumentalisiert werden, den Atomausstieg noch vor 2020 wieder rückgängig zu machen.
Keine Frage – die sozialistische Mangelwirtschaft und die Arbeitsbedingungen in Tschernobyl haben seinerzeit sicherlich den Unfall begünstigt. Dass aber generell nur von “sozialistischen Kernkraftwerken” eine Gefahr ausgehen soll, ist eine fast schon sträfliche Vereinfachung. Three Mile Island? Forsmark? Krümmel? Brunsbüttel? Tricastin?
Es wird Zeit, dass die alarmistische Umweltbewegung nicht die einzige multinationale Industrie bleibt, für die keinerlei Regeln für Ethik, unlautere Werbung, Transparenz, Offenheit und Haftung gelten.
Ebenfalls von Riegert. Von der Umweltbewegung scheinen inzwischen ja größere Risiken auszugehen als von der Kernkraft – solange die nicht sozialistisch betrieben wird. Seuftz. Ich sollte vielleicht endlich mal meine schon lange gehegte Idee in die Tat umsetzen, die hanebüchensten Zitate von abgeordnetenwatch.de zu sammeln und regelmäßig für den “Frischen Wind” zusammenzufassen.
Manchmal ist es nämlich schon schwer zu glauben, was man da so alles liest. Prof. Paech (MdB, Linke) hat mir beispielsweise neulich auf eine Anfrage zum Thema Tibet-Konflikt folgendes geantwortet:
Eine Fetischisierung des tibetischen Widerstands, wie ihn die Tibet Lobby propagiert, führt jedoch dazu, Pogrome gegen Chinesen hinzunehmen oder gar zu rechtfertigen. Einige Tibeter hat die Frustration über ihre soziale Benachteiligung gegenüber chinesischen Wirtschaftsmigranten zu ethnischem Hass geführt und in einen mordenden Mob verwandelt. Dass die chinesische Regierung daraufhin Maßnahmen trifft, um die öffentliche Sicherheit wieder herzustellen, also Leib und Leben von Menschen zu schützen, die sonst Opfer von Brandstiftung und Totschlag würden, finde ich – wenngleich ich die Maßnahmen im Einzelnen für überzogen halte – prinzipiell richtig.
Da gibt es also tatsächlich mindestens einen deutschen Abgeordneten, der es zwar für ein wenig überzogen aber dennoch für prinzipiell richtig hält, wenn das chinesische Militär in Divisionsstärke ausrückt, um mißliebige tibetische Demonstranten zu “befrieden”, die das harmonische Olympia-Bild stören könnten. Aber die bilden ja auch einen rassistischen, mordenden Pogrommob, der brandschatzend durch Tibet zieht.
Hoffentlich wird der nicht irgendwann mal Innenminister…
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