Andersdenkende ausgeschlossen? Die Uni Siegen sucht per Stellenausschreibung nach einem Doktoranden mit der “richtigen” Weltanschauung.
Eine äußerst merkwürdige Stellenausschreibung an der Uni Siegen hat der SPIEGEL ausfindig gemacht: Die Uni sucht für das Promotionskolleg “Demokratie und Wissenschaft”, das von der Linkspartei-nahen Rosa-Luxemburg-Stifung mitfinanziert wird, einen wissenschaftlichen Mitarbeiter mit politisch linker Weltanschauung. Der SPIEGEL berichtet:
Die Universität Siegen ist nach SPIEGEL-Informationen eine fragwürdige Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung eingegangen, die der Partei Die Linke eng verbunden ist. Zur Koordinierung eines Promotionskollegs, das die Stiftung an der Universität einrichtet, hat die Hochschule einen Wissenschaftlichen Mitarbeiter gesucht. Dieser muss freilich die richtige Weltanschauung haben: Bewerber sollten sich “den Zielen der Stiftung verbunden fühlen”, hieß es in der Stellenausschreibung der Universität.
Im Klartext bedeutet dies: Wer sich mit den politischen Zielen der Linkspartei und der Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht identifizieren kann, braucht sich im Grunde gar nicht erst um die Möglichkeit zur Promotion zu bewerben. Da wissen wir ja, welches Ergebnis wir vom Promotionskolleg “Demokratie und Kapitalismus” zu erwarten haben. Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing – leider scheint diese Einstellung sich immer stärker in der deutschen Hochschullandschaft zu manifestieren.
Erst vor ein paar Wochen wurde schließlich in diesem Blog ausgiebig darüber diskutiert, ob es einer Pro-Homoöpathie-Stiftung erlaubt sein sollte, einen Homöopathie-Lehrstuhl an der Charité zu finanzieren – und inwiefern man bei einem solchen Lehrstuhl von objektiver Wissenschaft ausgehen könnte. Damals witzelte ich noch, dass demnächst ja vielleicht die Malboro-Stiftung einem Lehrstuhl für “alternative Krebsforschung” sponsern könnte – und nun das. Mann muss es sich auf der Zunge zergehen lassen:
Die Linkspartei finanziert über ihre eigene Stiftung ein Promotionskolleg zum Thema “Kapitalismus” an einer deutschen Universität – und in der Stellenausschreibung wird bereits explizit darauf hingewiesen, dass nur ideologisch im Sinne der Partei gefestigte Bewerber eine Chance haben.
Weltanschauliche Nähe zur Linkspartei als Einstellungsvoraussetzung an einer deutschen Hochschule – das erinnert auf unschöne Art und Weise an SED-Zeiten und dürfte zudem gegen das Antidiskriminierungs-Gesetz verstoßen, welches auch die ungerechtfertigte Benachteiligung aus Gründen der Weltanschauung verbietet:
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Abschnitt 1, §1 AGG, https://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/agg/gesamt.pdf
In der konservativen Blogosphäre wird die Personalpolitik der Uni nun zwar heftig kritisiert, inwiefern die vom SPIEGEL als “fragwürdig” eingestufte Kooperation der Hochschulleitung mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung ein hochschulpolitisches Nachspiel haben wird, ist zur Stunde aber noch relativ unklar. Der Hochschulleitung zumindest scheint die Brisanz ihrer Stellenausschreibung inzwischen klargeworden zu sein, denn in den im Netz verfügbaren Versionen findet sich der “Weltanschauungs-Passus” nicht mehr.
Die hessische Linkspartei hat übrigens just am heutigen Tage die Auflösung des hessischen Landesverfassungsschutz zur Voraussetzung für die Mit-Wahl von Andrea Ypsilanti erklärt – und zwar mit der angesichts der Parteigeschichte vollkommen absurden Begründung, man könne denjenigen “die sie bespitzeln” nicht die Hand reichen. Eine Forderung, die mit Sicherheit auch von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt wird. Wer nun aber solche Ansichten nicht teilt, dem sollte dadurch keinesfalls automatisch das Recht verwehrt werden, an der Uni Siegen zum Thema “Demokratie und Kapitalismus” zu forschen.
Kleines Update: Ulrich Berger von “Kritisch gedacht” weist mich darauf hin, dass die ursprüngliche Ausschreibung doch noch verfügbar ist – zwar nicht auf dem Server der Uni Siegen, dafür aber auf dem Server der Bergischen Universität Wuppertal.
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