LED-Straßenlampen sind energieeffizient, ökologisch verträglich und können zudem zur Minimierung der Lichtverschmutzung beitragen. Bei HarzOptics haben wir – gemeinsam mit der AUTEV AG – nun eine selbstentwickelte LED-Straßenlampe – die AULED – fertiggestellt.
Von bloggenden Wissenschaftlern wird ja häufig erwartet, dass sie viel über die eigenen Arbeiten schreiben, was aber leider nur äußerst selten möglich ist. In der Regel bearbeitet man ja kaum mehr als zwei Projekte gleichzeitig – und häufig dauert es Monate, bis sich wirklich berichtenswerte Resultate zeigen. Brauchbare Ergebnisse mit Neuigkeitswert werden dann ohnehin erst mal auf die einzig anerkannte Art und Weise (mittels Peer Review) veröffentlicht – und ganz sicher nicht im Blog.
Ein Post, in dem man mal über eine echte Neuigkeit aus der eigenen Arbeit berichten kann, hat daher (zumindest bei mir) einen gewissen Seltenheitswert. Umso mehr freue ich mich, dass ich heute auch mal einen solchen Post zelebrieren kann, denn unsere Institutsleitung hat sich in Absprache mit unserem Forschungspartner – der AUTEV AG in Brandenburg (denen die Ehre der ursprünglichen Produktidee gebührt) – dafür entschieden, dass über die gemeinsam entwickelte neuartige LED-Straßenlampe AULED nunmehr öffentlich geschrieben werden darf. Aus gegebenem Anlass gibt es daher heute mal einen etwas längeren Post zum Thema LED-Beleuchtung, Energieeffizienz und Lichtverschmutzung, der trotz Überlänge hoffentlich ein wenig Anklang findet.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Thema deshalb spannend, weil neben der Technik und dem Klimaschutz auch die (Hobby-)Astronomie berührt wird. Bevor ich dazu komme, fange ich aber einfach mal ganz vorne an: Was hat uns bei der HarzOptics GmbH und natürlich die Umwelttechnik-Spezialisten bei der AUTEV AG eigentlich dazu motiviert, uns ausgerechnet mit LED-Straßenbeleuchtung auseinanderzusetzen?
Da wäre zunächst einmal der hohe Energieverbrauch der öffentlichen Straßenbeleuchtung: Die deutschen Städte und Kommunen wenden laut VDI jährlich mehr als 4 Milliarden Kilowattstunden Energie (bzw. 4 TWh) zur Beleuchtung von Straßen und öffentlichen Plätzen auf – dies entspricht etwa 2,5 Millionen Tonnen CO2. Europaweit werden für die Straßenbeleuchtung sogar 35 Milliarden Kilowattstunden Energie (bzw. 35 TWh) verbraucht, was dem Jahresverbrauch von Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern entspricht.
Mit LED-Straßenlampen ließe sich dieser Energieverbrauch um mehr als die Hälfte verringern – und das bei nur geringfügig höheren Investitionskosten. Unsere AULED LED-Straßenlampen verbrauchen im Vergleich zu einer guten Natrium-Dampf-Lampe beispielsweise ganze 42% weniger Energie – und das ohne Dimmung. Mit Dimmung lassen sich – wie von uns bereits im Dauertest nachgewiesen wurde – mehr als 57% an Energie gegenüber einer handelsüblichen Na-Lampe einsparen. Steigt man von den noch ineffizienteren (und umweltschädlichen) Quecksilber-Dampf-Lampen auf AULEDs um, ist der Energieeinspareffekt noch größer.
Durch die Energieeinsparung kann sich die Investition in AULEDs bereits nach zwei bis drei Jahren wieder amortisiert haben – je nachdem, von welchem Lampentyp man umsteigt. Eigentlich schon Grund genug, um zumindest die ersten Städte und Kommunen von der Sinnhaftigkeit eines Wechsels überzeugen zu können, weshalb wir mit der AULED auch aktuell am Bundeswettbewerb „Energieeffiziente Stadtbeleuchtung” teilnehmen (und natürlich auf ein möglichst gutes Abschneiden hoffen).
Mit unseren AULEDs soll aber mehr erreicht werden, als „nur” eine Energieeinsparung. Unser Anspruch besteht vielmehr darin, eine LED-Straßenlampe auf den Markt zu bringen, die den höchsten ökologischen Anforderungen gerecht wird. Dies bedeutet, dass sie nicht nur ganz besonders energieeffizient sein muss, sondern dass sich durch ihren Einsatz auch die Lichtverschmutzung minimieren lässt. Zu den ökologischen Folgen der Lichtverschmutzung hatte ich hier schon einmal einen längeren Post verfasst, den ich an dieser Stelle aus Platzgründen lieber nicht komplett wiederhole.
Soviel sei jedoch erwähnt – Lichtverschmutzung hat eine ganze Reihe durchaus schwerwiegender ökologischer Konsequenzen: Ganze Insektenpopulationen können in einem Gebiet durch falsche Lampen vernichtet werden, was wiederum etliche Nahrungsketten unterbricht (mehr dazu bei Prof. Eisenbeis von der Uni Mainz), Vögel werden durch diffuse Lichtverschmutzung in tödliche Fallen gelockt (mehr dazu in „Naturschutz heute“), sogar manche Fledermäuse fliegen wesentlich später zur Futtersuche aus – und auch für die Gesundheit des Menschen soll die Dauerbeleuchtung nicht gerade förderlich sein (Mehr dazu im Blog „Thinking Harder” des US-Wissenschaftsjournalisten Ben Harder) .
Was die astronomischen Folgen von Lichtverschmutzung angeht, zitiere ich an dieser Stelle mal aus einem Interview mit dem Astronomen Dr. Andreas Hänel, dem Vorsitzenden der Initiative „Dark Sky“:
Einen Sternenhimmel, wie man ihn im Planetarium zu sehen bekommt, wird man heute in der Natur kaum noch finden. „Ältere Personen sagen, sie haben so einen Sternhimmel nur früher sehen können, Jüngere haben zum letzten Mal im Urlaub einen solchen Sternhimmel gesehen”, erzählt Hänel. Unter den Astronomen sind besonders die Hobby-Sternengucker betroffen. „Profis haben ihre Sternwarten in klimatisch günstigeren Gegenden”, weiß Hänel. „Amateure resignieren oder machen weite Reisen in dunkle Gebiete.”
Wie nun lässt sich das Problem der Lichtverschmutzung mit LED-Beleuchtung zumindest einschränken? Bereits in meinem ersten Post zum Thema habe ich auf die folgende Grafik von Florian Schweidler zurückgegriffen, die ich mir an dieser Stelle erneut ausleihen möchte, da sie ganz hervorragend illustriert, wie unterschiedliche Lampentypen zur Lichtverschmutzung beitragen können:
Wie man erkennen kann, kommt es vor allem darauf an, das Licht sinnvoll zu fokussieren. Wer den Himmel, die Häuserwände oder die Fenster der Anwohner beleuchtet bzw. so weit abstrahlende Lampen aufstellt, dass ihre Lichtkegel sich meterweit überschneiden, der verschwendet nicht nur eine Menge Energie, sondern trägt auch zur Lichtverschmutzung bei. Ideal aus Sicht des Astronomen (diese Aussage wage ich mal als Nicht-Astronom) ist daher eine Lampe, die (a) nur das beleuchtet, was auch beleuchtet werden soll oder muss und die (b) vor allem kein Licht nach oben oder in die Horizontale abstrahlt.
Exakt diese Eigenschaften versuchen wir mit der AULED zu realisieren. Wer sich die CAD-Darstellung der AULED mit geschultem Auge ansieht, versteht auch sofort warum:
Wie man gleich sehen kann, sind die LED auf drei Flächen aufgebracht, von denen zwei beweglich sind (lediglich die mittlere Fläche ist fixiert). Die Abstrahlcharakteristika lassen sich damit für jede Lampe (auch nach Aufstellung bzw. nach Inbetriebnahme) individuell einstellen, was wiederum die Aufstellung „astronomisch optimierter” Beleuchtungspläne ermöglicht. Insbesondere lassen sich die Lampen in Abhängigkeit von Masthöhe und -abstand so konfigurieren, dass sich die Lichtkegel nicht mehr überschneiden – und auch die Abstrahlung in die Horizontale (sowie natürlich nach oben) lässt sich – wo verkehrstechnisch möglich – komplett unterbinden.
Wer sich ein wenig mit Beleuchtungstechnik auskennt, erkennt sofort, dass mit dem System aber noch mehr möglich ist: So lässt sich beispielsweise bei einer Straßenlampe, die zur rechten Seite hin lediglich eine Hauswand beleuchten würde, die rechte LED-Fläche einfach deaktivieren – und schon hat man nicht nur überflüssige Lichtverschmutzung vermieden, sondern auch noch den Energieverbrauch der Lampe um weitere 33,3% gesenkt.
Kreuzungen, Waldwege, viel und wenig befahrene Straßen, Parkplätze – alle diese Örtlichkeiten könnten somit theoretisch jeweils individuell beleuchtet werden – und das mit einem einzigen Lampentyp. Ändert sich die Bebauung oder die Verkehrssituation, wird der Neigungswinkel der LED-Flächen einfach nachkorrigiert – schon ist die situationsbedingt-optimale Beleuchtungssituation wieder hergestellt.
Ein weiterer Baustein unserer Lichtsmog-Eindämmungs-Strategie ist die intelligente Dimmung der Lampen, über die sich zudem eine weitere signifikante Energieeinsparung realisieren lässt. Schließlich ist es in den meisten Fällen nicht einzusehen, dass eine Seitengasse zwischen drei und vier Uhr in der Nacht mit der gleichen Lichtintensität beleuchtet werden muss, wie zwischen zehn und elf Uhr am Abend.
Da sich die AULED LED-Straßenlampen stufenlos dimmen lassen, sind auch zeitabhängige Beleuchtungskonzepte denkbar, so denn die gesetzlichen Rahmenrichtlinien eingehalten werden – denn letzten Endes hat die Sicherheit der Anwohner natürlich Vorrang vor der Reduzierung der Lichtverschmutzung. Bei den AULEDs wird das Dimmsignal übrigens mittels PowerLineCommunication (PLC) direkt über die Stromleitung verschickt, wodurch eine zusätzliche Vernetzung der Lampen untereinander überflüssig wird.
Natürlich hat die Sache noch einen Haken: Weder die Astronomen noch die Insekten-, Vogel- oder Fledermaus-Schützer haben in den meisten Städten und Kommunen genügend Einfluss, um bei Entscheidungen über die öffentliche Beleuchtung mitreden zu können. Dieser Tatsache muss man sich auch als Entwickler bewusst sein, selbst wenn einige Städte hier natürlich eine rühmliche Ausnahme bilden, wie beispielsweise meine Wahlheimat Wernigerode, die nicht ohne Grund zur „Bundeshauptstadt Naturschutz 2007” gekürt wurde.
Was bleibt, sind die enormen ökonomischen wie ökologischen Vorteile, die sich durch den Energiespareffekt erzielen lassen. Mit diesem primären „Verkaufsargument” sind wir zum Bundeswettbewerb „Energieeffiziente Stadtbeleuchtung” angetreten und werden die AULED damit auch in den kommenden Monaten auf Messen und in diversen Präsentationen vor Stadtwerken, Energieausschüssen und Gemeindeverwaltungen bewerben.
Ich jedenfalls hoffe, dass wir genügend Entscheidungsträger von den Vorteilen überzeugen können – und dies eben nicht nur für Klimaschutz und Energieeffizienz, sondern auch für weniger Lichtsmog, mehr Sterne am Himmel und ruhigere Nächte für Fledermäuse, Vögel, Insekten – und auch für den Menschen.
Mehr zum Thema Lichtverschmutzung in der Blogosphäre:
- Lichtverschmutzung (Der Orion)
- Led-only city (Scienceblogs.com)
- Lichtsmog und die Börse (Finanzblog)
- Der Schatten des Lichts (Meta-Physik)
- Slowenien, du hast es besser (Himmelslichter)
- A clearer sky over Flagstaff (Scienceblogs.com)
- Bruchsal strahlt um 50% heller (Sternwarte Kraichtal)
- Licht – der größte Feind des Astronomen (Sternengucker)
- Lichtdom über Burchsal (Astronomiefreunde 2000 Waghäusel)
- Lichtverschmutzung 2.0 – der Horror geht weiter (Himmelslichter)
Lichtverschmutzung – kleiner Schritt, große Wirkung (Himmelslichter)- Lichtverschmutzung nimmt in den USA dramatisch zu (Geographieblog)
Mehr Infos zum AULED-Projekt im WWW:
Update I: Nach Diskussion in den Kommentaren ad hoc erstellte (nicht maßstabsgetreue) Darstellung der Abstrahlcharakteristika der AULED in der Standardkonfiguration:
Update II: Vielen Dank an Thomas Wanhoff für die Aufnahme des Themas “Lichtverschmutzung und LED-Straßenbeleuchtung” in den ScienceBlogs.de-Podcast.
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