Morgen soll es soweit sein: Ein ganz klares Wahlversprechen soll auf überdeutliche Art und Weise gebrochen, die Mehrzahl der hessischen Wählerinnen und Wähler geprellt werden. Nun sieht es so aus, als ob der hingestümperte Weg zur Macht doch noch vorzeitig enden könnte: Vier SPD-Abgeordnete bereiten angeblich ihren Austritt aus der Fraktion vor.
Jürgen Walter, Dagmar Metzger, Silke Tesch und Carmen Everts heißen die Abgeordneten, die, um den Wählerwillen durchzusetzen, ihre politischen Karrieren aufs Spiel setzen. Man wird nun darauf achten müssen, wie mit solchen “Abweichlern” innerhalb der hessischen SPD – die sich auch nach der Wahl noch an ihre Versprechungen vor der Wahl gebunden fühlen – umgegangen werden wird, und ob die freie Gewissensentscheidung der Abgeordneten in diesem Land noch Bestand hat.
Vor der Wahl sagte Andrea Ypsilanti noch dies zum Tolerierungsmodell:
Auch FOCUS-Chef Helmut Markwort erinnert sich:
Nach der Debatte über Sachthemen fragte ich nach Koalitionsmöglichkeiten. Für die Zuhörer und Wähler wollte ich wissen, wie Andrea Ypsilanti sich verhalten würde angesichts einer Chance, zur Ministerpräsidentin gewählt zu werden. Ich unterstellte die Situation, die nach der Wahl tatsächlich eingetreten ist, und fragte laut Tonprotokoll wörtlich: „Wie verhalten Sie sich, wenn es so kommt? Ist Ihnen lieber der Roland Koch in der Staatskanzlei oder eine Tolerierung durch Die Linke?” Andrea Ypsilanti reagierte heftig, fast wütend: „Wie oft soll ich es denn noch sagen, Herr Markwort? Sie kriegen von mir heute Abend keine andere Antwort mehr, als ich die letzten Wochen und Monate immer gesagt habe: Es gibt keine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit den Linken.” Damals habe ich ihr geglaubt. Als Schauspielerin ist sie erstklassig.
Nach der Wahl waren dann plötzlich andere Töne zu hören:
Noch am Montagabend auf dem Fernseh-Beichtstuhl von Reinhold Beckmann hatte Ypsilanti ihre Gewissensqual ausgestellt. Einerseits habe sie versprochen: “Nie mit der Linken.” Anderseits habe sie ihren Wählern zugesagt, eine gerechtere Bildungspolitik zu beginnen, Studiengebühren abzuschaffen und mehr fürs Soziale zu tun, wenn sie die Gelegenheit dazu habe. “Man muss irgendwo an irgendeiner Stelle sagen: Dieses Versprechen kann ich nicht einhalten”, stellte Ypsilanti fest.
Die Geburtsstunde des personifizierten Wortbruchs. Am Vorabend der US-Wahlen sollte der nun endlich in Beton gegossen werden, wohl in der Hoffnung, dass die Berichterstattung über den zu erwartenden ersten schwarzen US-Präsidenten oder über das politische Erdbeben, welches eine unerwartete Nicht-Wahl von Barack Obama auslösen würde, die Sendezeit, in der noch über den Wortbruch in Hessen berichtet wird, minimieren würde. Nun sieht es so aus, als ob noch am Vorabend dieses letzten Kabinettstückchens die Pläne der Rüsselsheimerin doch noch in Rauch aufgehen könnten.
Für 12.45 ist eine Pressekonferenz angekündigt. Nun heißt es abwarten und die Daumen drücken, dass der potenziell gewaltige Image-Schaden für die Demokratie tatsächlich noch in letzter Minute abgewendet werden kann…
Kommentare (1)