Wie viel Energie ließe sich in Wernigerode allein durch eine bessere Beleuchtungsplanung einsparen? Vor ein paar Tagen hatte ich endlich Zeit für den schon seit langem geplanten, nächtlichen Foto-Rundgang durch meine Heimatstadt…
Direkt gegenüber dem IGZ, in dem sich auch die Büro- und Laborräume unseres Instituts befinden, ist mir beim Losmarschieren sofort dieser Parkplatz ins Auge gefallen:
So leer wie auf dem Foto ist es dort eigentlich jede Nacht, so dass man zu Recht fragen könnte, ob eine Beleuchtung des Platzes überhaupt notwendig ist. Mit Sicherheit ließe sich aber jede zweite Leuchte deaktivieren – und so wären schon mal 50% Energie eingespart…
Als nächstes fiel mir die Fußgängerbrücke über den erst vor einigen Jahren neu gebauten Altstadtkreisel auf, die während der Nacht ebenfalls recht exzessiv beleuchtet wird:
Von dem hell strahlenden Pavillion einmal abgesehen, stellt sich sofort die Frage, ob man die im Geländer angebrachten Beleuchtungselemente nicht wechselseitig deaktivieren könnte, da jedes Element stark genug strahlt, um die Brücke bis zur gegenüberliegenden Seite zu erhellen. Theoretisch könnte man also auch hier 50% an Energie einsparen – wenn nicht sogar noch mehr, denn auf der Fußgängertreppe der Brücke fällt noch etwas auf:
Die durchaus eleganten Leuchtelemente wurden nämlich auch hier verbaut, so dass jede Treppenstufe von beiden Seiten angeleuchtet wird – und das, obwohl direkt neben dieser Treppe eine Straßenlampe steht, die den gesamten Bereich zusätzlich beleuchtet. In den Fenstern der gegenüberliegenden Schule sieht man übrigens die blauen Reflexionen der wirklich lichtstarken Treppenleuchten von der anderen Seite.
Ein Problem ganz anderer Art offenbart sich dagegen hier:
Lampenköpfe mitten im Geäst findet man in Wernigerode leider an mehreren Stellen. Ganz abgesehen davon, dass man im Sommer auch hier Energie verschwendet, da natürlich viel Licht von den Blättern verschluckt wird, schadet die direkte Beleuchtung auch den Bäumen, wie man bei Maria Pflug-Hofmayr von meta-physik nachlesen kann:
Viele Bäume in der Nähe von Straßenlampen tragen bis spät in den Winter hinein Laub oder treiben zu früh aus. Dadurch sind diese Bäume stärker von Frostschäden betroffen, da diese Blätter mit Wasser versorgt werden. Bäume reduzieren normalerweise ihren Stoffwechsel im Winter auf ein Minimum.
Auch diese Dreierlampe ist meines Erachtens nach eine Fehlkonstruktion:
Wenn man genau hinsieht, stellt man fest, dass ein nicht unerheblicher Teil des von jeder der drei Lampen emittierten Lichts jeweils in eine der anderen beiden Lampen fällt, die Lampen beleuchten sich also teilweise gegenseitig. Auch hier könnte man viel Energie sparen, indem man eine oder zwei der Lampen deaktiviert.
Auffällig ist auch, dass um 1.00 Uhr in der Nacht, als diese Aufnahmen entstanden sind, ein größerer Teil der Schaufenster und Geschäfte hell noch erleuchtet war – hier zum Beispiel das Ladengeschäft der Wernigeröder Stadtwerke:
Wie man sieht, wird nicht nur das Schaufenster an sich beleuchet, ins linke Fenster wird darüber hinaus noch ein Film in Endlosschleife projiziert, außerdem erkennt man, dass auch der gesamte Verkaufsraum ausgeleuchtet wird. Auf den angeleuchteten Schautafeln findet man übrigens Energiespartipps…
Und dann natürlich Bodenleuchten…
…und noch mehr Bodenleuchten. Hier übrigens im Eingangsbereichs des Wernigeröder Casinos, das ebenfalls nicht gerade durch eine sparsame Nachtbeleuchtung glänzt.
Angesichts der Tatsache, dass der Betreiber – die landeseigene Spielbanken GmbH – schon mehrfach kurz vor der Pleite stand und erst vor gerade mal drei Wochen durch eine – laut Landesrechnungshof “rechtlich bedenkliche” – Finanzspritze von zwei Millionen Steuereuros vor der Insolvenz gerettet werden musste, wäre ein wenig Sparsamkeit vielleicht gar nicht verkehrt – aber ich sollte vermutlich nicht zu viel erwarten…
Beim Thema Bodenleuchten fällt mir auch gleich wieder der Nikolaiplatz ein:
Zur teilweise völlig unsinnigen Beleuchtungsplanung hier hatteich ja schon vor einigen Tagen etwas geschrieben. Da sich jede Bodenleuchte in direkter Nähe einer Straßenlampe befindet, ist ihr Beleuchtungseffekt gleich Null. Boden, Wand und Bäume werden ja bereits durch die Lampen abgedeckt, ein Großteil des von der Bodenleuchte produzierten Lichts verschwindet direkt im Himmel.
Und da sollte es nicht hin, wenn wir die Schönheit des Alls noch genießen wollen:
(“Starry Night over the Rhone” ist ein Gemälde von Vincent van Gogh, dem wir noch andere, sternenreiche Nachtszenen verdanken. Selbst über einer größeren und beleuchteten Stadt wie dem französischen Arles muss man 1888 noch sehr viele Sterne gesehen haben, die heutzutage vom Nachthimmel verschwunden sind.)
Damit sich in Zukunft etwas ändert, werden jetzt fleißig Fördergeldanträge für städtische CO2-Reduktionsprogramme geschrieben. CO2-Einsparziele dürften vermutlich durch keine Maßnahme so leicht zu erreichen sein, wie durch bessere Beleuchtungsplanung und eine schrittweise Modernisierung der verwendeten Technik. Mal sehen, wie das Thema von unserer Stadtverwaltung aufgenommen wird – mit ein wenig Antragsglück und genügend Mitstreitern lässt sich vielleicht noch bis Jahresende ein Projekt auf die Beine stellen.
Zu tun gäbe es jedenfalls genug – und das Sparpotenzial scheint mir beträchtlich zu sein…
Weitere Blogposts zu diesem Thema:
- Der Schatten des Lichts
- Planetenbilder ohne Teleskop
- Lichtsmog-Quellenverzeichnis im WWW
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