Sollten die Artikel von Profi-Journalisten bei Google generell besser gelistet werden, als die von Amateuren und Bloggern? Einige US-Verleger sehen das so – und versuchen offenbar alles, um Google zu einer Änderung des Suchalgorithmus zu bewegen.
Die taumelnden US-Zeitungsriesen haben endlich einen Sündenbock für ihre Misere gefunden: Google. Das Unternehmen soll anscheinend mit massiver Lobbyarbeit dazu gezwungen werden, seinen bewährten Suchalgorithmus abzuändern und anstelle des PageRanks die Quelle einer Nachricht zum ausschlaggebenden Faktor zu küren:
Major media companies are increasingly lobbying Google to elevate their expensive professional content within the search engine’s undifferen- tiated slush of results. Many publishers resent the criteria Google uses to pick top results, starting with the original PageRank formula that depended on how many links a page got. But crumbling ad revenue is lending their push more urgency; this is no time to show up on the third page of Google search results.
Martin Nisenholtz, einer der Vizepräsidenten der schlingernden New York Times Inc., führt die Ergebnisse einer Google-Suche nach dem Begriff “Gaza” als Beweis für die These an, dass Google “falschen Content” bevorzuge: Die Eingabe des Suchbegriffs bei google.com lieferte am 20. März auf der ersten Ergebnisseite unter anderem Links zu einem BBC-Bericht vom Vortag, zum Wikipedia-Artikel über den Gaza-Streifen, zum CIA World Factbook sowie zu youTube und Twitter – die Gaza-Artikel der New York Times landeten dagegen auf den hinteren SERPs (den Search Engine Result Pages).
Anstatt nun daraus den Schluss zu ziehen, dass der eigene Internetauftritt hinsichtlich der “Search Engine Friendliness” der Überarbeitung bedarf, argumentieren Nisenholtz und seine Mitstreiter bei ESPN, Hearst und etlichen weiteren US-Publishern, dass “professionellem” Content bei Google zukünftig grundsätzlich ein höherer Rang eingeräumt werden sollte. Selbstverständlich aus reiner Sorge um den armen Internetnutzer, der bei der Suche nach “Gaza” versehentlich auf einem Blog landen könnte, anstatt zur NYT-Seite durchgereicht zu werden – ein Zusammenhang mit schwindenden Werbeeinnahmen ist sicher ausgeschlossen.
Die zu Recht vielgelobte demokratische Struktur des Internets, in der ein unbekannter Blogger zumindest theoretisch mehr Menschen erreichen kann, als ein Kolumnist des Wall Street Journal, wäre durch einen solchen Schritt im höchsten Maße gefährdet, da ein Ende der Dominanz von Google derzeitig nicht abzusehen ist. Die Erfolgsaussichten der Publisher hierfür sind erschreckenderweise gar nicht mal schlecht:
The really sad part of all of this is that apparently Google is considering changing they way they do things. They’ve held closed door meetings with the big publishers and plan to do so again. If they altered their algorithm and pandered to the cries of the publishers, then the internet would change in the most perverse and profound way in its 20-year existence. If you take away its democracy, you take away its very ethos and the web becomes an evolution of print rather than a new media in its own right.
Anstatt die eigenen Geschäftsmodelle zu optimieren, versuchen die Verleger offenbar die unliebsame digitale Konkurrenz kaltzustellen und sich selbst einen Spitzenplatz im World Wide Web zu sichern. Da kann man nur hoffen, dass Google sich gegen allzu radikale Änderungen des Suchalgorithmus sperren wird – und dass uns, sollten alle Stricke reißen, ähnliche Entwicklungen in Europa erspart bleiben…
Wenn gar nichts hilft, gibt es ja immer noch Yahoo…
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