Der sachsen-anhaltinische Landesgeschäftsführer des BUND hat in einem Leserbrief an die Volksstimme sechs “Feldbefreier” in den höchsten Tönen gelobt, die vor rund einem Jahr ein Genweizen-Forschungsfeld des IPK Gatersleben mit Hacken zerstört hatten.

Über die Höhe des entstandenen Schadens wird momentan noch vor Gericht gestritten, den Medienangaben zufolge dürfte er jedoch irgendwo zwischen 80.000 und 170.000 Euro liegen. Angesichts dessen mutet es schon seltsam an, dass BUND-Landeschef Oliver Wendenkampf sich dazu genötigt sah, den folgenden Leserbrief an die Volksstimme zu verfassen:

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Großes Lob also für die “mutigen jungen Männer und Frauen”, deren Tat Wendenkampf für “moralisch mehr als nachvollziehbar” hält, und denen er “große Zivilcourage” bescheinigt. Dankbarkeit – und nicht etwa eine Strafe – sei Wendenkampf zufolge die richtige Antwort auf den Vandalismus am Lebnitz-Institut in Gatersleben.

Die Diskussion um Genmais und Genweizen ist bei WeiterGen hier und hier schon im Detail und mit viel Sachkenntnis geführt worden, so dass ich das Pro und Contra an dieser Stelle nicht noch einmal wiederkäuen muss. Mir geht es vielmehr um die Methoden, zu deren Anwendung sich militante Gegner grüner Biotechnologie offensichtlich berechtigt sehen: Vandalismus und Zerstörung fremden Eigentums zum Stopp “unerwünschter Forschung”.

Dass der BUND solche Methoden nun offiziell gutheißt, ist eine so deutliche Abkehr von rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen, dass mich die Lektüre des Briefs einigermaßen erschüttert hat. Wie das Verbot der Genmais-Sorte MON 810 durch die CSU-Ministerin Aigner vor nicht einmal 14 Tagen deutlich gezeigt hat, haben die Gegner grüner Biotechnologie durchaus die Möglichkeit, ihre Vorstellungen auf demokratische Art und Weise durchzusetzen. Das nächtliche Bearbeiten von Forschungsfeldern mit der Hacke ist dabei ebenso unnötig wie die Stilisierung von Straftätern zu heldenhaften Kämpfern.

Anstatt “Feldbefreier” für das Anrichten von Schäden in Höhe von zigtausend Euro zu beklatschen, für die letztendlich wieder mal der Steuerzahler wird aufkommen müssen, könnte der BUND auch dazu aufrufen, sich politischen Parteien anzuschließen, die grüne Gentechnik programmatisch ablehnen, wie beispielsweise die Grünen oder eben auch die CSU. Bedauerlicherweise scheint man sich jedoch beim BUND vom demokratschen Diskurs schon so weit entfernt zu haben, dass man sich in einer Art Notwehrsituation wähnt, in der aus Gründen der Selbstverteidigung einfach zugeschlagen werden kann.

Angesichts der momentan noch recht dünnen Belege für eine mögliche Gefährlichkeit der grünen Gentechnik, erscheint mir das sehr weit hergeholt. Die Zigarette, die der neben mir an der Bushaltestelle wartende Fahrgast raucht, dürfte meine Gesundheit unmittelbar sehr viel stärker gefährden, als das IPK-Forschungsfeld – dennoch habe ich wohl kaum das Recht, sie ihm aus dem Gesicht zu schlagen.

Und so hat es zumindest ein Geschmäckle, wenn Wendenkampf sich mehr Bürger mit “Zivilcourage” wünscht und damit augenscheinlich ausdrücken will, dass er weitere gegen das Leibnitz-Institut gerichtete Straftaten begrüßen würde. Dass eine so extreme Rhetorik ausgerechnet vom BUND kommt ist äußerst bedauerlich, ist die Organisation doch sonst ein äußerst kompetenter Ansprechparter, wenn es um Belange des Umweltschutzes geht. Durch die Solidarisierung mit Straftätern “im Dienste der guten Sache” dürfte man sich zukünftig allerdings eher Wege verbauen, da man als Partner für Politik, Forschung und Wirtschaft irgendwann schlicht und ergreifend nicht mehr in Frage kommen wird.

Vielleicht darf man ja aber noch auf die (späte) Einsicht der Verantwortlichen hoffen…

Kommentare (8)

  1. #1 Arno
    27. April 2009

    Wenn man die Forschung unmoeglich macht, kann man hinterher umsobesser beklagen, dass die Sicherheit nicht ausreichend erforscht waere.

  2. #2 GeMa
    28. April 2009

    Ich würde ebenfalls zu gern erfahren, was Sachbeschädigung mit Zivilcourage zu tun hat.

    Vielleicht kann Herr Wendenkampf sich ein wenig Nachhilfeunterricht bezugs der jüngeren Geschichte dieses Landes antun, um die – eigentlich – sehr deutlichen Unterschiede zu erkennen.
    Es ist möglich, ganze Diktaturen abzulösen, ohne mobbend durch die Lande zu ziehen. Umso mehr ist zu verlangen, dass man sich bei der Durchsetzung einzelner Ziele, legaler und demokratischer Mittel bedient. Ich glaube nicht, dass den Herrschaften der politische oder der Rechtsweg in irgendeiner Form beschnitten war. Erst recht nicht, dass sie mit massiven Nachteilen zu rechnen hatten, wenn sie diesen zivilcouragiert gegangen wären.

  3. #3 Jörg
    28. April 2009

    Vielleicht kann Herr Wendenkampf sich ein wenig Nachhilfeunterricht bezugs der jüngeren Geschichte dieses Landes antun, um die – eigentlich – sehr deutlichen Unterschiede zu erkennen.
    Es ist möglich, ganze Diktaturen abzulösen, ohne mobbend durch die Lande zu ziehen.

    Nochmal bemerkt: Der Mann heisst Wendenkampf!!

    Der Brief ist wirklich widerlich. Diese Märtyerverklärung von Straftaten, die angebliche Notwehr, da möchte ich wirklich kotzen. Das ist purer Fundamentalismus ohne jegliche geistige Regung.
    Mal sehen, was da vom BUND Deutschland kommt, ansonsten weiß man ja dann auch, was man vom BUND zu halten hat. Schublade PETA auf, BUND dazulegen, Schublade zu.

  4. #4 Christian Reinboth
    28. April 2009

    @Jörg: An PETA musste ich bei der Lektüre dieses Leserbriefs auch schon denken – im Grunde passt das aber gar nicht zum BUND. Möchte wissen, was Wendenkampf da bloß geritten hat, sowas in die Zeitung zu bringen. Besonders extrem finde ich, dass gleich im ersten Satz Brecht zitiert wird (“Wo Unrecht zum Recht wird…”), der sich mit seinem Aufruf zum Widerstand immerhin auf die Nazis bezogen hat. Dass man hier zumindest indirekt Parallelen zieht, ist schon erschreckend – da ist man von der PETA-Rhetorik in der Tat nicht mehr weit entfernt…

    Vom BUND Deutschland habe ich in der Sache noch nichts vernommen, sicher ist das Monitoring regionaler Zeitungen dort auch nur eingeschränkt möglich…

  5. #5 Christian Reinboth
    28. April 2009

    Rückendeckung gibt es übrigens von Reinhard Szibor von der Uni Magdeburg:

    Der Leserbrief von Oliver Wendenkampf unter dem Titel „Sie wussten sich nicht anders zu helfen“ ist nicht die Meinungsäußerung irgendeiner Privatperson sondern der Autor gibt als Landesgeschäftsführer des BUND Sachsen-Anhalt die Position seiner Organisation bekannt. Er bestätigt, dass die Aktion der „Feldbefreier“ von Gatersleben „zugebenermaßen eine illegale Form des Widerstandes“ war, stilisiert die Akteure aber zu Helden, plädiert dafür, ihnen zu danken und beklagt, dass zu wenig Bürger den Mut zu dieser Art von „Zivilcourage“ hätten. Spätestens mit diesem Bekenntnis ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem man dem BUND die Gemeinnützigkeit aberkennen und ihn unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stellen muss.

    https://www.transgen.de/forum/index.php?inc=read&f=1&i=9489&t=9448

    Etwas hart, da man schon mehr machen muss, um vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden. Die Tatsache, dass hier eine gemeinnützige Organisation mehr oder weniger direkt zu Straftaten aufruft, ist allerdings bemerkenswert.

  6. #6 Wolfgang Flamme
    29. April 2009

    Naja, so bemerkenswert ist das auch nicht. Schon im offiziellen Geschäftsbericht des BUND 2007 heißt es:

    “Wer Gentechnik sät, erntet Widerstand
    (…) angesichts einer Ackerfläche von 11,5 MillionenHektar eine magere Bilanz für Gentech-Multis wie Monsanto und BASF.
    Eine Bilanz, die dem breiten, vielfältigen Widerstand vor Ort zu verdanken ist, den Aktionen am Feldrand, den Demonstrationen, Einsprüchen, Klagen. Viele Aktive, darunter viele BUND-Mitglieder, haben das ganze Spektrum des Protests genutzt. Und erreicht, dass 500 Hektar Gentech-Mais gar nicht erst ausgesät und zahlreiche Freisetzungsexperimente gestrichen wurden.”

    Der vielfältige Widerstand vor Ort in seinem ganzen Spektrum des Protests beschränkt sich selbstverständlich auf den Feldrand. Oder vielleicht auf die ans Feldzentrum unmittelbar angrenzenden Bereiche.

  7. #7 Christian Reinboth
    29. April 2009

    @Wolfgang Flamme: Dass beim BUND vielleicht der eine oder andere mit solchen Aktionen sympathisiert (“der Feind meines Feindes…”) überrascht mich eher wenig. Wenn aber der Landesgeschäftsführer so offen die “Feldbefreiung” als “mutige Tat” lobt und Dritte praktisch indirekt dazu aufruft, weitere Zerstörungsakte zu begehen, dann hat das doch eine etwas andere Qualität. Mir ist diese Tendenz hin zu radikalen Ideen bislang zumindest noch nicht aufgefallen. Extrem ärgerlich das Ganze…

  8. #8 Wolfgang Flamme
    1. Mai 2009

    Christian,

    ich verstehe die Verwunderung nicht, wo man doch beim BUND offiziell stolz darauf ist, daß viele Mitglieder das ganze Spektrum des Protests genutzt hätten. Diese Einstellung deckt sich doch mit der des Leserbriefs. Von daher kann ich da keine neue Qualität entdecken.

    Wenn ich sehe, was der Elektrosmogwarner und Mobilfunkkritiker Wendenkampf 2006 zB als Erklärung (auch für den BUND) mit unterzeichnet hat, wundert mich nichts mehr:

    Die Unterzeichner wenden sich mit dieser Erklärung in gemeinsamer Kritik zugleich gegen die fatalen Folgen problematischer Verflechtungen von politischer und industrieller Macht:

    – Die Überfrachtung unseres Lebens mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern bedroht unsere Gesellschaft mit einer drastischen Zunahme chronischer Erkrankungen und genetischer Schädigungen – dies in ganz besonderer Weise durch die aggressive Ausbreitung des Mobilfunks und verwandter Techniken.

    – Bundesregierung und Landesregierungen lassen sich in dieser Entwicklung in unverantwortlicher Weise von Industrielobbies und professionellen Verharmlosern steuern und verstoßen damit gegen den Vorsorgeauftrag des Grundgesetztes.

    – Mit millionenfach überhöhten Grenzwerten schützen sie nicht Bürger, sondern ökonomische Interessen.

    – Sie handeln besonders verwerflich, wo sie dem Staat und einem Teil der Bevölkerung Einkünfte ermöglichen, die ein zwangsbestrahlter Teil der Bevölkerung mit seiner Gesundheit und mit Wertminderungen seines Eigentums bezahlen muss.

    Wie es bei Gentechnik-Diskussionen, bei der Energieversorgung usw. auch zu beobachten ist, geht es häufig nicht um Technikfolgen und Umweltschutz, sondern bloß um Klassenkampf. Herr Wendenkampf kann übrigens mobil unter 0160–7155064 erreicht werden.